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Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

von Dr. rer. nat. Marion Adam

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
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Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) fordert jedes Jahr weltweit mehr als 3 Millionen Todesopfer. Obwohl die COPD eine chronische, fortschreitende Lungenerkrankung ist, gilt sie als eine vermeidbare und behandelbare Erkrankung.
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Was ist COPD?

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD, von engl. Chronic Obstructive Pulmonary Disease) ist eine schwere, fortschreitende Lungenerkrankung, bei der es zu Atemwegsobstruktionen, d.h. Entzündungen und dauerhaften Verengungen der Atemwege, kommt. Die Erkrankung führt bei COPD-Patient:innen im fortgeschrittenen Stadium zu Atemnot. Der COPD geht des öfteren eine chronische Bronchitis voraus. Neben der chronischen Bronchitis zählt auch das Lungenemphysem zum Erkrankungsbild der COPD. Ein Lungenemphysem ist eine irreversible Aufblähung der Lungenbläschen, den Alveolen. Das Lungenemphysem tritt bei Patient:innen meist in Verbindung mit einer chronisch obstruktiven Bronchitis auf.  Des weiteren ist diese obstruktive Lungenerkrankung durch eine Reihe systemischer Auswirkungen, d.h. Auswirkungen, die den gesamten Organismus der Patient:innen betreffen, gekennzeichnet.

Die Hauptursache für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist das Rauchen von Tabak. Etwa 80-90% der COPD-Patient:innen sind oder waren Raucher. Allerdings können auch genetische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung spielen. Die Krankheit wird durch Exazerbationen weiter verschlimmert, insbesondere bei Patient:innen mit schwerer Erkrankung, von denen die meisten auf bakterielle oder virale Infektionen oder beides zurückzuführen sind.

Obwohl Patient:innen von den Fortschritten bei der Behandlung der Symptome und der Vorbeugung akuter Exazerbationen profitieren, wurden nur wenige Verbesserungen erzielt, um das Fortschreiten der obstruktiven Lungenerkrankung zu mildern oder die Sterblichkeit zu beeinflussen. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass diese Erkrankung eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte sein wird.
 
 

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Pathophysiologie der COPD: Was passiert im Körper?

Das Hauptmerkmal der COPD ist eine Einschränkung des Luftstroms. Es kommt in der Lunge zum Verlust des elastischen Rückstoßes und somit zu einer unzureichenden Entleerung der Lunge bei der Ausatmung und einer anschließenden statischen und dynamischen Lungenüberblähung (Hyperinflation).
Auf pathologischer Ebene führen Schadstoffe, wie z.B. Zigarettenrauch, zu einer Einwanderung (Infiltration) von Entzündungszellen in die Schleimhaut (Mukosa), der dünnen Bindegewebsschicht unter der Schleimhaut (Submukosa) und des Drüsengewebes. Es kommt zu erhöhtem Schleimgehalt, einer erhöhten Epithelzellenzahl (Epithelzellhyperplasie) und einer gestörten Gewebereparatur mit Wandverdickungen in den kleinen, leitenden Atemwegen. Durch dieses Anschwellen der Schleimhaut der Bronchien verengen sich die Atemwege zunehmend. Diese fortschreitende Verengung, Verödung und sogar Zerstörung der terminalen Bronchiolen wird von einem Lungenemphysem begleitet. Hierbei handelt es sich um die chronische Aufblähung oder Zerstörung der Lungenbläschen. Das Ausatmen der Patient:innen wird so erschwert.

Was sind die Ursachen von COPD?

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung entsteht durch ein Zusammenspiel von genetischen Vorbelastungen und Umweltreizen. Das Rauchen von Zigaretten gilt bei den meisten Patient:innen als Hauptursache. Alledings können auch andere Ursachen das Risiko einer Erkrankung bei Nichtrauchern erhöhen. Rauchen in der Schwangerschaft, Asthma und Atemwegsinfektionen in der Kindheit stehen in engem Zusammenhang mit der COPD. In seltenen Fällen ist eine genetische Ursache der Grund für eine chronsich obstruktive Lungenerkrankung. Eine gut erforschte, genetische Ursache für COPD ist der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, bei der in der Leber das Enzym Alpha-1-Antitrypsin in zu geringer Menge oder fehlerhaft produziert wird. Etwa 1-2% der COPD-Patient:innen sind von einem zu niedrigen Level an Alpha-1-Antitrypsin betroffen.

Ursachen für COPD - ein Überblick:
  • Rauchen
  • Atemwegserkrankungen in der Kindheit
  • frühe Tuberkulose
  • Störungen des Lungenwachstums
  • berufliche Exposition gegenüber Staub und Rauch, möglicherweise:
    • Kadmiumstaub und -dämpfe
    • Quarzstaub
    • Isocyanate
    • Kohlestaub
  • genetische Ursachen:
    • Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
    • bestimmte Regionen auf Chromosom 4 und auf Chromosom 15, die eindeutig mit der Anfälligkeit für COPD assoziiert sind
       
       

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Was sind die Symptome bei COPD?

Erste Anzeichen für eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung sind Symptome wie andauernder Husten und/oder Atembeschwerden bei körperlicher Belastung. Bei vielen Patient:innen bleibt COPD bis zum fortgeschrittenem Stadium unerkannt.

COPD-Patient:innen leiden häufig unter folgenden Symptomen:
  • Atemnot bei Belastung, insbesondere bei körperlichen Aktivitäten und später auch immer öfter in Ruhe
  • Keuchen
  • Engegefühl in der Brust
  • chronischer Husten, der klaren, weißen, gelben oder grünlichen Schleim (Sputum) produzieren kann
  • häufige Infektionen der Atemwege, z.B. Bronchitis
  • körperliche Erschöpfung
  • in späteren Stadien der Erkrankung: Gewichtsverlust
  • Schwellungen an Knöcheln, Füßen oder Beinen
  • pulmonale Hypertonie: chronisch erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf

Was sind die Begleiterkrankungen bei COPD?

Mögliche Begleiterkrankungen bei COPD-Patient:innen sind:
  • metabolisches Syndrom
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: COPD-Patient:innen haben ein 2,5-fach höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Diabetes mellitus
  • Psychische Belastungen und Angstzustände
  • Osteoporose: ein Drittel der COPD-Patient:innen leidet unter Osteoporose
  • Lungenkrebs
  • Muskeldysfunktion
Begleiterkrankungen wie die pulmonale Hypertonie und Unterernährung werden direkt durch die COPD verursacht, während andere Erkrankungen, wie systemische venöse Thromboembolien, Angstzustände, Depressionen, Osteoporose, metabolisches Syndrom, Diabetes, Schlafstörungen und Anämie, keinen offensichtlichen physiopathologischen Zusammenhang mit der COPD haben.
Die Gemeinsamkeit der meisten dieser extrapulmonalen Symptome ist eine chronische systemische Entzündung bei den Patient:innen. Alle diese Erkrankungen verstärken die Morbidität der COPD und führen zu einem Anstieg der Krankenhausaufenthalte. Unabhängig von der Atemnot können sie zum Tod führen. Die Begleiterkrankungen erschweren die COPD-Behandlung und müssen angemessen bewertet und behandelt werden.

Ist COPD heilbar?

Wie schon das Wort "chronisch" vermuten lässt, ist eine COPD nicht heilbar. Obwohl auf diesem Gebiet intensive Forschung betrieben wird und bereits gute Ergebnisse erzielt wurden, gibt es derzeit keine Heilung für COPD-Patient:innen. Eine Behandlung kann jedoch helfen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Symptome zu kontrollieren. Die Therapie der COPD konzentriert sich darauf, Exazerbationen und Komplikationen vorzubeugen. Durch Therapien können der allgemeine Gesundheitszustand und die körperliche Belastbarkeit der Patient:innen verbessert werden.
 
 

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Was ist eine Exazerbation bei COPD?

Die Exazerbation der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung beschreibt eine Verschlechterung der respiratorischen Symptome (Symptome, die die Atmung betreffen). In der aktuellen Leitlinie ist die Exazerbation der COPD beschrieben als eine akute Verschlechterung der respiratorischen Symptome über einen Zeitraum von mindestens 2 Tagen, die eine intensivere COPD-Therapie erfordert.
Anzeichen für eine Exazerbation sind eine Zunahme der Atemnot, stärkerer Husten oder Zunahme von zähem Schleim.

Wie erfolgt die Diagnose bei COPD?

Nach der aktuellen Leitlinie umfasst die COPD-Diagnose folgende Punkte:
  • Anamnese charakteristischer Symptome: Atemnot unter Belastung, Husten, Auswurf
  • Lungenfunktionsprüfung vor und nach Bronchodilatation
  • Anamnese vorhandener Risikofaktoren
Folgende Methoden stehen zur Diagnose zur Verfügung:
  • Anamnese und körperliche Untersuchung
  • Röntgenaufnahme des Brustkorbs
  • Diagnostik der Lungenfunktion
    • Spirometrie: Lungenfunktionstest, der routinemäßig durchgeführt wird. Zur Sicherung der Diagnose COPD sollte er bei der ersten Untersuchung der/des Patient:in vor und nach der Inhalation einer Bronchodilatators (z.B. durch das Medikament Salbutamol) gemessen werden.
    • Ganzkörperplethysmographie
    • Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO)
    • Blutgasanalyse
    • Belastungstests
  • Computertomographie (CT) des Brustkorbs
  • Elektrokardiogramm und Echokardiographie: um kardivaskuläre Krankheiten auszuschließen und um die Auswirkungen von COPD auf das Herz-Kreislauf-System abzuschätzen
     
     

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Was sind die COPD-Stadien?

Der Schweregrad der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung wird nach der COPD GOLD Klassifizerung bewertet. Dieses Schema wurde von der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) entwickelt und teilt den Schweregrad der Exazerbation in 4 Stadien GOLD I-IV ein. Die Einteilung gibt die Einschränkung der Lungenfunktion der Patient:innen an.
Die COPD GOLD Klassifizierung erfolgt anhand des post-bronchodilatorisch gemessenen FEV1-Werts bzw. der Sekundenkapazität. Der FEV1 (von engl. Forced Expiratory Pressure in 1 second) wird im Lungenfunktionstest gemessen und gibt die größtmögliche Menge an Luft an, die eine/ein Patient:in innerhalb von einer Sekunde ausatmen kann. Je stärker die Bronchien verengt sind, desto weniger Luft kann die/der Patient:in in einer Sekunde ausatmen.

Einteilung nach der GOLD-Klassifizierung:
  • I: leicht, FEV1 ≥ 80% Soll
  • II: mittelgradig, FEV1 50-79% Soll
  • III: schwer, FEV1 30-49% Soll
  • IV: sehr schwer, FEV1 < 30% Soll

Wie erfolgt die Behandlung bei COPD?

Trotz verschiedener Möglichkeiten zur Therapie ist eine COPD derzeit nicht heilbar. Erhält ein/e Patient:in die Diagnose COPD, kann eine Behandlung jedoch dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Symptome zu kontrollieren. Medikamente können die Häufigkeit und den Schweregrad der Exazerbationen reduzieren und so zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Patient:innen beitragen.

Medikamentöse Therapien bei COPD:

  • Bronchodilatoren erweitern die Bronchien und erleichtern das Atmen:
    • Anticholinergika
    • Beta-2-Sympathomimetika
    • Methylxanthine
  • Anti-inflammatorische Medikamente
    • inhalative Kortikosteroide (ICS)
    • Systemische Kortikosteroide
    • Phosphodiesterase-4-Inhibitoren: PDE-4-Hemmer
  • Kombination unterschiedlicher Bronchodilatoren und/oder anti-inflammatorischer Medikamente: Triple-Therapie
  • dauerhafte Therapie mit Antibiotika
  • Substitutionstherapie bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
  • Mukopharmaka: Medikamente, die zähen Schleim lösen
  • Antiussiva: hustenreizlindernde Medikamente
  • Vasodilatatoren: Blutgefäßerweiternde Medikamente

Nicht-medikamentöse Therapien:

  • Raucherentwöhnung: die Unterstützung der Tabakentwöhnung durch E-Zigaretten wird derzeit kontrovers diskutiert
  • Schulung der Patient:innen zu Reduktion der Risikofaktoren, Inhalationstechniken usw.
  • körperliches Training
  • physiotherapeutische Atemtherapie
  • Therapie von Angst und Depressionen
  • opperative Behandlungen: z.B. Lungentransplantation
  • palliative Therapie
  • bei akuter pulmonaler Insuffizienz: Sauerstoffgabe, nicht-invasive Beatmung
     
     
     

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Wie kann man einer COPD vorbeugen?

Der COPD-Leitlinie zufolge sind folgende präventive Maßnahmen sinnvoll, um die Risikofaktoren für eine chronische Lungenerkrankung zu minimieren:
  • Raucherentwöhnung
  • Vorbeugung von Schadstoffexposition am Arbeitsplatz
  • Schutzimpfungen: Influenza und Pneumokokken
  • Ernährung: sowohl Über- als auch Untergewicht beeinflussen die Symptome und die Prognose von Patient:innen

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