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Medizin
06. März 2020 Adipositas: Metaflammation gefährdet Gesundheit
Das Fettgewebe ist für den Menschen ein nützlicher Energiespeicher. „Die dort gelagerten Fettsäuren sichern das Überleben in Zeiten, in denen es wenig zu essen gibt“, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Schäffler, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III der Justus-Liebig-Universität Gießen. Da es diese Phasen eines Nahrungsmangels nicht mehr gibt, kommt es bei den meisten Erwachsenen im Verlauf des Lebens zu einer allmählichen Gewichtszunahme, insbesondere des metabolisch ungünstigen Fettgewebes im Bauchraum (viszerales Fettgewebe). In Deutschland hat mittlerweile mehr als die Hälfte der Bevölkerung einen Body-Mass-Index (BMI) von über 25 kg/m2 und gilt deshalb als übergewichtig. Einer von 6 ist mit einem BMI von über 30 sogar fettleibig oder adipös. „Normalgewicht ist in Deutschland nicht mehr der Normalfall“, sagt Schäffler, Tagungspräsident des diesjährigen Hormonkongresses in Gießen. Nicht wenige übergewichtige Menschen erkranken im Verlauf des Lebens auch an einem Typ-2-Diabetes. In Deutschland ist dies mittlerweile fast jeder 10. Erwachsene.
Adipositas kein ästhetisches Problem
Übergewicht und Adipositas sollten nicht als „ästhetisches Problem“ wahrgenommen werden. Zentral ist: Sie gefährden die Gesundheit. Denn die Fettzellen produzieren eine Reihe von Hormonen und greifen damit aktiv in den Stoffwechsel ein. Bei übergewichtigen und adipösen Menschen kommt es dabei zu einer Entzündungsreaktion. „Bei einer Blutuntersuchung beim Hausarzt zeigt sich dies in einem Anstieg des C-reaktiven Proteins“, erläutert Schäffler. In einem detaillierten Laborbericht sei meist auch die Konzentration von Interleukin-1 und -6, dem Tumornekrosefaktor und Leptin erhöht.
Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall
Hormonexperten bezeichnen diese durch den Metabolismus ausgelöste Inflammation als Metaflammation. In diesem Kontext entzündet sich auch lokal das Fettgewebe im Bauchraum (Adipoflammation), was das Stoffwechselrisiko unmittelbar erhöht. „Die Folgen sind mittlerweile gut untersucht“, sagt Schäffler. „Langzeitstudien zeigen, dass Menschen mit einem erhöhten C-reaktiven Protein häufiger Herzinfarkte oder Schlaganfälle erleiden. Die Blutgefäße verkalken auch dann, wenn die Cholesterinwerte normal sind.“ Die Entzündungsreaktion ist dem Experten zufolge auch an der Entwicklung des Typ-2-Diabetes beteiligt.
Metaflammation – Neuer Behandlungsansatz
Die Metaflammation ist aufgrund dieser Beobachtungen zum Ansatzpunkt für neue Behandlungen geworden. „Es gibt mittlerweile Antikörper, die gezielt die Entzündungsreaktionen im Körper angehen“, berichtet Prof. Dr. med. Matthias Weber von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Ein solches Mittel ist der Antikörper Canakinumab. Das Mittel ist seit 2009 in Deutschland zugelassen. Einsatzgebiet sind schwere Rheuma-Erkrankungen wie die systemische juvenile idiopathische Arthritis oder eine Gichtarthritis. Und schließlich war umgekehrt schon seit Längerem bekannt, dass eine antientzündliche Behandlung aufgrund von primärem Rheuma gleichzeitig bestehende Stoffwechselerkrankungen verbesserte.
Canakinumab wurde in einer größeren klinischen Studie an mehr als 10.000 Patienten erprobt, die schon einmal einen Herzinfarkt erlitten hatten und bei denen das C-reaktive Protein erhöht war. Die Behandlung war jedoch nur teilweise ein Erfolg. DGE-Mediensprecher Weber erläutert: „Canakinumab senkte zwar die Konzentration des C-reaktiven Proteins. Es kam auch zu 15% seltener zu erneuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ Doch die Blockade der Entzündungsreaktion hatte laut Weber leider auch einen Anstieg von Infektionen zur Folge, von denen laut der Publikation im New England Journal of Medicine (1) einige tödlich endeten.
„Wir haben deshalb noch kein geeignetes Medikament gefunden, das Menschen mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes vor den Auswirkungen der Metaflammation schützt“, sagt Weber. Für die Betroffenen bleibt allerdings die Möglichkeit, durch eine Diät das Fettgewebe abzubauen oder sich einer Operation mit Magenverkleinerung oder Darmverkürzung zu unterziehen. Beide Wege sind laut Weber vielversprechend: „Die Entzündungsreaktion im Körper geht zurück, der Patient nimmt ab und häufig verschwindet auch der Diabetes. Die Natur des Menschen führt jedoch dazu, dass die Mehrzahl der Betroffenen stattdessen lieber ein Medikament einnehmen würden.“
Adipositas kein ästhetisches Problem
Übergewicht und Adipositas sollten nicht als „ästhetisches Problem“ wahrgenommen werden. Zentral ist: Sie gefährden die Gesundheit. Denn die Fettzellen produzieren eine Reihe von Hormonen und greifen damit aktiv in den Stoffwechsel ein. Bei übergewichtigen und adipösen Menschen kommt es dabei zu einer Entzündungsreaktion. „Bei einer Blutuntersuchung beim Hausarzt zeigt sich dies in einem Anstieg des C-reaktiven Proteins“, erläutert Schäffler. In einem detaillierten Laborbericht sei meist auch die Konzentration von Interleukin-1 und -6, dem Tumornekrosefaktor und Leptin erhöht.
Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall
Hormonexperten bezeichnen diese durch den Metabolismus ausgelöste Inflammation als Metaflammation. In diesem Kontext entzündet sich auch lokal das Fettgewebe im Bauchraum (Adipoflammation), was das Stoffwechselrisiko unmittelbar erhöht. „Die Folgen sind mittlerweile gut untersucht“, sagt Schäffler. „Langzeitstudien zeigen, dass Menschen mit einem erhöhten C-reaktiven Protein häufiger Herzinfarkte oder Schlaganfälle erleiden. Die Blutgefäße verkalken auch dann, wenn die Cholesterinwerte normal sind.“ Die Entzündungsreaktion ist dem Experten zufolge auch an der Entwicklung des Typ-2-Diabetes beteiligt.
Metaflammation – Neuer Behandlungsansatz
Die Metaflammation ist aufgrund dieser Beobachtungen zum Ansatzpunkt für neue Behandlungen geworden. „Es gibt mittlerweile Antikörper, die gezielt die Entzündungsreaktionen im Körper angehen“, berichtet Prof. Dr. med. Matthias Weber von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Ein solches Mittel ist der Antikörper Canakinumab. Das Mittel ist seit 2009 in Deutschland zugelassen. Einsatzgebiet sind schwere Rheuma-Erkrankungen wie die systemische juvenile idiopathische Arthritis oder eine Gichtarthritis. Und schließlich war umgekehrt schon seit Längerem bekannt, dass eine antientzündliche Behandlung aufgrund von primärem Rheuma gleichzeitig bestehende Stoffwechselerkrankungen verbesserte.
Canakinumab wurde in einer größeren klinischen Studie an mehr als 10.000 Patienten erprobt, die schon einmal einen Herzinfarkt erlitten hatten und bei denen das C-reaktive Protein erhöht war. Die Behandlung war jedoch nur teilweise ein Erfolg. DGE-Mediensprecher Weber erläutert: „Canakinumab senkte zwar die Konzentration des C-reaktiven Proteins. Es kam auch zu 15% seltener zu erneuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ Doch die Blockade der Entzündungsreaktion hatte laut Weber leider auch einen Anstieg von Infektionen zur Folge, von denen laut der Publikation im New England Journal of Medicine (1) einige tödlich endeten.
„Wir haben deshalb noch kein geeignetes Medikament gefunden, das Menschen mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes vor den Auswirkungen der Metaflammation schützt“, sagt Weber. Für die Betroffenen bleibt allerdings die Möglichkeit, durch eine Diät das Fettgewebe abzubauen oder sich einer Operation mit Magenverkleinerung oder Darmverkürzung zu unterziehen. Beide Wege sind laut Weber vielversprechend: „Die Entzündungsreaktion im Körper geht zurück, der Patient nimmt ab und häufig verschwindet auch der Diabetes. Die Natur des Menschen führt jedoch dazu, dass die Mehrzahl der Betroffenen stattdessen lieber ein Medikament einnehmen würden.“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
Literatur:
(1) Ridker P.M., Everett B.M., Thuren T., et al. Antiinflammatory Therapy with Canakinumab for Atherosclerotic Disease. N Engl J Med 2017; 377: 1119-1131.
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