Diagnosekriterien
Eine Epilepsie wird gemäß der International League Against Epilepsy (ILAE) diagnostiziert, wenn einer der folgenden Fälle zutrifft:
- mindestens 2 nicht provozierte Anfälle im Abstand von mehr als 24 Stunden
- nur ein nicht provozierter Anfall, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit für weitere Anfälle, die dem allgemeinen Rezidivrisiko nach 2 nicht provozierten Anfällen entspricht
- Vorliegen eines Epilepsiesyndroms
Prävalenz der Epilepsie
Bis zu 2% der Menschen weltweit leiden an Epilepsie, was sie zu einer der häufigsten schweren neurologischen Erkrankungen macht (5). In Europa sind ca. 6 Millionen Menschen von Epilepsie betroffen, in Deutschland sind es laut Schätzungen zwischen 400.000 und 800.000 (6, 7).
Epilepsie kann in jedem Lebensalter beginnen. Am häufigsten tritt sie jedoch erstmalig in der frühen Kindheit und im späten Erwachsenenalter auf (8).
Formen von Epilepsie
Nach der ILAE-Klassifikation werden 4 verschiedene Ausprägungen von Epilepsie unterschieden (9):
- Fokale Epilepsie
- Generalisierte Epilepsie
- Kombination aus generalisierter und fokaler Epilepsie
- Unbekannte Epilepsie
Fokale Anfälle machen über 60% aller Anfälle aus und sind im Vergleich zu generalisierten Anfällen häufiger unzureichend kontrolliert (10, 11). Unzureichend kontrolliert bedeutet, dass Patienten nicht ausreichend auf die Behandlung ansprechen und es weiterhin zu Anfällen kommt.
Folgen
Eine Epilepsie-Erkrankung kann sich auf viele Bereiche des Lebens auswirken. Die Folgen einer medikamentenresistenten fokalen Epilepsie gehen weit über den Moment des Anfalls hinaus und können das psychische sowie physische Wohlbefinden der Patienten erheblich beeinträchtigen. So leiden sie oftmals unter anfallsbedingten Verletzungen, eingeschränkter Mobilität und Komorbiditäten (1, 12-17). Die Auswirkungen von unkontrollierten Anfällen auf die Gesundheit der Patienten sind erheblich. Auch das Risiko eines vorzeitigen Todes ist erhöht (12). Epilepsie-Patienten mit unkontrollierten Anfällen haben im Vergleich zu anfallsfreien Patienten (12, 17):
- 6x häufiger eine Depression,
- 3x häufiger einen schlechteren Gesundheitszustand,
- ein erhöhtes Sterberisiko.
Die unzureichend kontrollierten Anfälle bedeuten für Patienten mit medikamentenresistenter fokaler Epilepsie sehr oft eine hohe psychosoziale Belastung. Sie fühlen sich häufig von der Gesellschaft isoliert, von sozialen Interaktionen und Beziehungen ausgeschlossen und in ihrer Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Das kann wiederum zu den bereits aufgeführten Depressionen und zu Angstzuständen führen (13, 15). Verglichen mit anfallsfreien Patienten erfahren Patienten mit unkontrollierten Anfällen Nachteile wie:
- 2x häufiger Stigmatisierung im Alltag,
- 2x häufiger einen geringeren Bildungsgrad,
- 3x häufiger Einschränkungen im Beruf,
- 4x häufiger keine Fahrerlaubnis.
Hoher Bedarf an wirksameren Therapien
Trotz der vielen Antikonvulsiva (anti-seizure medications, ASMs) mit unterschiedlichen Wirkmechanismen, die aktuell auf dem Markt verfügbar sind, besteht bei Patienten mit medikamentenresistenten fokalen Anfällen ein hoher Bedarf an wirksameren Therapien (20, 21). Diese Patienten haben eine unzureichende Anfallskontrolle, leiden unter mehr unerwünschten Ereignissen und einer geringeren Lebensqualität aufgrund der Schwere der Erkrankung und der Vielzahl an medikamentösen Behandlungen, derer sie sich in der Regel unterziehen (10). Bei vielen heute auf dem Markt befindlichen Antikonvulsiva wird zudem vermutet, dass die geringe Wirksamkeit und Verträglichkeit zu niedrigen Retentionsraten führt (18, 19).
Lange Zeit kaum Verbesserung
Seit mehr als 20 Jahren haben sich die Behandlungsergebnisse für Patienten mit Epilepsie insgesamt nicht wesentlich verbessert (20, 21).
Medikamentenresistenz
Ungefähr 40% der Patienten mit Epilepsie gelten nach Behandlung mit 2 verschiedenen angemessen ausgewählten, angewendeten und vertragenen Antiepileptika-Regimen als medikamentenresistent (20, 22, 23).
Abnehmende Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs
Mit jeder erfolglos anfallshemmenden Medikation (ASM) sinkt die Wahrscheinlichkeit der Anfallsfreiheit deutlich (20, 22).
Behandlungsziel
Das oberste Therapieziel in der Behandlung der Epilepsie ist die Anfallsfreiheit, um Menschen mit Epilepsie ein möglichst normales Leben ohne Einschränkungen zu ermöglichen (23).
(1) Epilepsy: a public health imperative. Summary. Geneva: World Health Organization; 2019. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
(2) Scharfman HE. Curr Neurol Neurosci Rep. 2007;7(4):348-354.
(3) Fisher RS, et al. Epilepsia. 2017;58(4):531-42.
(4) Fisher RS, et al. Epilepsia. 2017;58(4):522-30.
(5) Chung S, et al. Seizure. 2007;16(4):296-304.
(6) Cross JH. Epilepsia. 2011;52(1):187-188.
(7) Informationszentrum Epilepsie der Dt. Gesellschaft für Epileptologie e.V. (ize). Epidemilogie der Epilepsien. http://www.izepilepsie.de/home/showdoc,id,387,aid,4163.html. Zuletzt aufgerufen: Juni 2021.
(8) Fiest KM, et al. Neurology. 2017;88(3):296-303.
(9) Scheffer IE, et al. Epilepsia. 2017;58(4):512-521.
(10) Schmitz B, et al. Epilepsia. 2010;51(11):2231-2240.
(11) Cockerell OC, et al. Epilepsia. 1997;38(1):31-46.
(12) Thurman DJ, et al., Epilepsia. 2017;58(1):17-26.
(13) de Boer H, et al. Epilepsy & Behavior. 2008;12(4):540-546.
(14) Engel J. Neurology. 2003;60(9):1412.
(15) Laxer KD, et al. Epilepsy Behav. 2014;37:59-70.
(16) Willems LM, et al. Front Neurol. 2018;9:414.
(17) Josephson CB, et al. Epilepsia. 2017;58(5):764-771.
(18) Lhatoo SD, et al. Epilepsia. 2000;41(12):1592-1596.
(19) Bootsma HP, et al. Seizure. 2009;18(5):327-331.
(20) Chen Z, et al. JAMA Neurol. 2018;75(3):279-286.
(21) Costa J, et al. Epilepsia. 2011;52(7):1280-1291.
(22) Kwan P and Brodie MJ. N Engl J Med. 2000;342(5):314-319.
(23) Kwan P, et al. Epilepsia. 2010;51(6):1069-1077.