Seit der letzten Fassung der NVL von 2014 hat sich die medikamentöse Behandlung des Typ-2-Diabetes verändert. Die Therapieentscheidung bei Typ-2-Diabetes orientiert sich fortan nicht mehr nur an der glykämischen Kontrolle, sondern richtet sich nach dem individuellen Risikoprofil für diabetesassoziierte kardiovaskuläre und/oder renale Ereignisse (2). Dieser grundlegende Wandel in der Typ-2-Diabetes-Therapie fußt auf dem Wissen, dass neben der
HbA1c-Senkung die Verhinderung von kardiovaskulären und renalen Komplikationen dringend erforderlich ist (2).
Reduziertes Risiko für Hospitalisierung durch Herzinsuffizienz
Wichtige Erkenntnisse rund um den
kardiovaskulären und renalen Nutzen von SGLT-2-Inhibitoren haben maßgeblich zu dem Therapiewandel beigetragen: In der mit 17.000 Typ-2-Diabetes-PatientInnen bislang größten kardiovaskulären Outcome-Studie DECLARE-TIMI 58 konnte der kardiovaskuläre und renale Nutzen von Dapagliflozin (Forxiga
®) bei einer breiten, typischen PatientInnenpopulation belegt werden (3). Dapagliflozin zeigte im Vergleich zu Placebo ein um 27% reduziertes Risiko für Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz (HR=0,73; 95%-KI: 0,61-0,88) (3) sowie ein um 47% niedrigeres Risiko (HR=0,53; 95%-KI: 0,43-0,66) (4) im spezifischen renalen kombinierten Endpunkt aus Nierenfunktionsverlust, terminaler Niereninsuffizienz oder renal-bedingtem Tod – und zwar sowohl bei Typ-2-Diabetes-PatientInnen mit kardiovaskulären Risikofaktoren als auch denjenigen mit einer manifesten kardiovaskulären Erkrankung. Dapagliflozin führt demnach nachweislich zu einer Reduktion von sowohl kardiovaskulären als auch renalen Ereignissen (3, 4). Bestätigt wurden diese kardiovaskulären und renalen Vorteile in weiteren randomisierten klinischen Studien wie DAPA-HF (5, 6) und DAPA-CKD (7, 8). Dapagliflozin zeigte robuste Effekte bezüglich der Verbesserung von chronischer Herzinsuffizienz (HFrEF) (6) und chronischer Niereninsuffizienz (CKD) (7) – bei PatientInnen mit und ohne Typ-2-Diabetes, was zuletzt zu der Zulassungserweiterung bei Herzinsuffizienz (HFrEF) (1) geführt hat.
Hoher Stellenwert von frühzeitiger kardiovaskulärer und renaler Prävention
Der durch diese und weitere Studien ausgelöste Paradigmenwechsel spiegelt sich jetzt im neuen Typ-2-Diabetes-Therapiealgorithmus der kürzlich aktualisierten und beim diesjährigen digitalen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie vorgestellten NVL wider. Damit wird nunmehr der
frühzeitigen kardiovaskulären und renalen Prävention ein höherer Stellenwert eingeräumt (2). Entsprechend des neuen Therapiealgorithmus wird das individuelle Risikoprofil für diabetesassoziierte kardiovaskuläre und/oder renale Ereignisse wie folgt in Betracht gezogen (2):
- Klinisch relevante kardiovaskuläre Erkrankung: Für Typ-2-Diabetes-PatientInnen mit manifester kardiovaskulärer Erkrankung ist eine initiale Kombinationstherapie aus Metformin und einem SGLT-2-Inhibitor oder GLP (Glucagon-like Peptide)-1-Rezeptor-Agonisten die erste Therapieoption.
- Hohes Risiko (PatientInnen mit mehreren Risikofaktoren für kardiovaskuläre und/oder renale Ereignisse oder klinisch relevanter renaler Erkrankung): Für diese Gruppe ist eine sofortige Kombinationstherapie möglich. Je nach individueller Bewertung und gemeinsamer Entscheidungsfindung durch behandelnde ÄrztInnen und PatientInnen kann auch eine initiale Therapie mit Metformin als Monotherapie erfolgen. Sollte das Therapieziel nach 3 bis 6 Monaten nicht erreicht werden, wird ein zweites Medikament hinzugefügt, z.B. ein SGLT-2-Inhibitor.
- Kein hohes Risiko: PatientInnen ohne relevante kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten primär mit Metformin behandelt werden, gefolgt von einem zweiten oralen Antidiabetikum (z.B. einem SGLT-2-Inhibitor), sollte das individuelle Therapieziel nach 3 bis 6 Monaten nicht erreicht worden sein. „Dapagliflozin kann über den Blutzucker hinaus auch das Risiko kardiovaskulärer und renaler Ereignisse reduzieren und damit Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen oder Risikofaktoren eine neue Perspektive bieten.