Erhöhtes Infektionsrisiko und geringe Impfraten
Dr. Benjamin Schleenvoigt, Jena, bestätigte das Ergebnis: „Viele Millionen Patienten in Deutschland sind immunsupprimiert – diese Zahl wird durch den vermehrten Einsatz neuer Therapien weiter steigen. Leider sind viele Patienten trotz Indikation nicht geimpft.“ So sind die Impfquoten bei Immundefizienz weiterhin unzureichend: Laut einer Kohortenstudie aus dem Jahr 2016 wurden nur 4,4% der immunsupprimierten Patienten innerhalb von 2 Jahren nach ihrer Diagnose gegen Pneumokokken geimpft (2). Für Personen mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt bzw. Immunsuppression empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI):
- die sequenzielle Pneumokokken-Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff PCV13 (Prevenar 13®), gefolgt von einem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff (PPSV23),
- die Impfung mit Impfstoffen wie MenB (Trumenba®) und MenACWY (Nimenrix®) als Indikationsimpfung bei Immunsuppression und anderen Konstellationen als Impfprophylaxe gegen Meningokokken (3).
Sicherheit in der Anwendung von Impfungen für Immunsupprimierte
„Die Vielzahl der modernen Therapien verstärkt die bestehenden Unsicherheiten bei der Impfung von Immunsupprimierten“, ergänzte Dr. Markus Frühwein. „Sich in dem Dschungel neuer und komplexer Immunsuppressiva auszukennen, ist nicht ganz einfach. Allerdings sind viele Sorgen hinsichtlich einer Impfung bei immunsupprimierten Patienten unbegründet. Für die Praxis gilt: Alle für Immunsupprimierte empfohlenen Totimpfungen sind gut verträglich.“
Kein Zusammenhang zwischen Impfung und Schubauslösung
Laut den aktuellen Anwendungshinweisen zum Impfen bei Immundefizienz, die auf Initiative der STIKO von Experten und Expertinnen verfasst wurden, können Totimpfstoffe bei Personen mit einer Autoimmunkrankheit oder einer anderen chronisch-entzündlichen Erkrankung, ohne oder unter einer immunsuppressiven Therapie, grundsätzlich angewendet werden. Nach aktueller Studienlage existieren keine Hinweise auf einen Zusammenhang von Impfung und Schubauslösung – vielmehr lasse sich ein durch die Infektion getriggerter Schub durch eine Impfung verhindern (4).
Stärkung der eigenen Gesundheitskompetenz: Patientenindividuelle Aufklärung
Zum Abschluss appellierte Frühwein an Fach- und Hausärzte für eine engere Zusammenarbeit: „Die Relevanz der Impfungen sollte dem immunsupprimierten Patienten in einer differenzierten Beratung vermittelt werden, auch um den Patienten mögliche Bedenken zu nehmen. Wichtig ist vor allem, die Beratung in den folgenden Patientenkontakten zu wiederholen.“
(1) produkt + markt, Hamburg, Umfrage im Auftrag der Pfizer Deutschland GmbH, „Informationsbedürfnis und -verhalten von Patienten mit Immunsuppression zum Thema Impfungen“, Februar 2019.
(2) Kossack N, Schmedt N, 24. Jahrestagung der GAA, Pneumokokkenimpfraten bei immungeschwächten Patienten in Deutschland, Abstract 100, 30.11.2017, Erfurt.
(3) Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin vom 23. August 2018 / Nr. 34.
(4) Wagner N., et al. Bundesgesundheitsbl. 2019 Apr; 62 (4): 494-515.