Systemische Sklerose: Verlangsamung des ILD-Progresses unter Nintedanib
Friederike Klein
29. Juli 2020
Bei etwa der Hälfte der Patienten mit systemischer Sklerodermie (SSc) findet sich eine klinisch relevante interstitielle Lungenerkrankung (ILD), erklärte PD Dr. Pia Moinzadeh, Köln. Die Ausprägung von Organ- und Hautbeteiligung ist bei SSc sehr unterschiedlich. Deshalb ist eine multidisziplinäre Versorgung wichtig. Doch wann ist die Lunge in Gefahr?
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Typischerweise zeigt sich die ILD mit Luftnot und Belastungsdyspnoe und in der Auskultation durch ein Knisterrasseln. Die Diagnose wird anhand der Lungenfunktion und der hochauflösenden Computertomographie (HRCT) gestellt. Ein europäisches Konsensuspapier empfiehlt für alle Patienten mit SSc als Basisuntersuchung und Screening die Lungenfunktionsprüfung mit forcierter Vitalkapazität (FVC) und CO-Diffusionskapazität (DLCO) sowie die Auskultation (1). Das Screening sollte regelmäßig wiederholt werden und gegebenenfalls durch ein HRCT ergänzt werden. Das Screening bedeutet die Chance auf eine frühe Diagnose und Therapie und damit eine bessere Prognose, betonte Moinzadeh.
Therapiefortschritte bei der SSc-ILD
Für einige Patienten mit SSc-ILD kann zunächst bei regelmäßiger Kontrolle auf eine Behandlung verzichtet werden. In allen schweren Fällen sollte aber eine Therapie angeboten werden, erläuterte Prof. Dr. Hendrick Schulze-Koops, München. Als wirksame Behandlungsmöglichkeiten stehen Nintedanib (OFEV®), Mycophenolat-Mofetil und Cyclophosphamid zur Verfügung. In der SENSCIS-Studie mit Patienten mit limitierter wie diffuser SSc, teils vorbehandelt, teils noch therapienaiv, konnte die Therapie mit Nintedanib den ILD-Progress deutlich verlangsamen (2). Gegenüber Placebo wurde die Rate des jährlichen FVC-Abfalls um 44% reduziert, erklärte Prof. Dr. Jürgen Behr, München. Die adjustierte jährliche FVC-Veränderung betrug mit Nintedanib -52,4 ml und mit Placebo -93,3 ml (Differenz 41 ml pro Jahr; 95%-KI: 2,9-79,0; p=0,04). Nintedanib verlangsamte den FVC-Verlust auch, wenn beispielsweise wegen Diarrhoen zeitweise eine Dosisreduktion oder -unterbrechung notwendig geworden war. Deshalb betonte Behr, dass man versuchen solle, die Patienten auf der Therapie zu halten und sie nicht ganz abzusetzen. Auf die Hautfibrose hatte Nintedanib keinen Einfluss.
Quelle: Online-Symposium „Neues zur systemischen Sklerose mit assoziierter Lungenfibrose (SSc ILD) Interdisziplinär betrachtet“ im Rahmen der digitalen 27. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI 2020 digital), 10.07.2020. Veranstalter: Boehringer Ingelheim
Literatur:
(1) Hoffmann-Vold AM et al. Lancet Rheumatol 2020; 2: e71–83. Doi: 10.1016/S2665-9913(19)30144-4.
(2) Distler O et al. N Engl J Med 2019; 380: 2518–2528. doi: 10.1056/NEJMoa1903076.