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Infektionsschutz vor Fernreisen – eine Oper in 3 Akten mit Ouvertüre und Finale

von Martin Wiehl

Infektionsschutz vor Fernreisen – eine Oper in 3 Akten mit Ouvertüre und Finale
© Henrik Dolle - stock.adobe.com
Dieser Beitrag wurde mit der Absicht verfasst, eine Orientierungshilfe für die reisemedizinische Beratung im Praxisalltag von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu bieten, die keine spezielle tropenmedizinische Zusatzqualifikation erworben haben. Im Vordergrund stehen deshalb die wichtigsten impfpräventablen Infektionskrankheiten und ihre systematische Einordnung in verschiedene Kategorien. Diese beziehen sich zum einen auf das Klientel der Reisewilligen – ob sie nun mit einem Beratungswunsch in die Praxis kommen oder aber unabhängig davon proaktiv auf ihre Präventionsmöglichkeiten hin vom Praxispersonal angesprochen werden. In dieser Hinsicht erscheinen das Alter und der Gesundheitsstatus der zu beratenden Personen von Belang zu sein. Zum anderen sind Reiseziel, -dauer und -stil von besonderer Bedeutung für die Beurteilung, in welche gesundheitliche Risikokategorie der geplante Urlaub einzuordnen ist. Und drittens erscheint es sinnvoll, die Gesundheitsrisiken insbesondere vor Reisen in die Tropen oder Subtropen hinsichtlich ihrer Seltenheit im Verhältnis zu ihrem dennoch erforderlichen Beratungsbedarf einzuordnen und zu kategorisieren.
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Keine Anleitung zur gesundheitlichen Reiseberatung, sondern Orientierungshilfe

Denn eine ausführliche und vollständige Anleitung zur Reiseimpf-Beratung und zur Aufklärung über Infektionsrisiken auf Fernreisen kann und will dieser Beitrag nicht leisten. Dafür gibt es eine Reihe von umfangreichen Werken wie zum Beispiel das über 400 Seiten umfassende „Handbuch Impfen und Reisen 2023/24“ von Christian Schönfeld (1) oder zahlreiche Internetseiten mit stets aktualisierten Hinweisen auf die epidemiologische Situation aller Reiseziele rund um den Globus, von denen ganz unten bei den Quellenangaben eine Auswahl aufgelistet ist. Und im Zweifelsfall sollte ohnehin ein tropenmedizinisch versierter Kollege oder eine spezielle tropenmedizinische Einrichtung zu Rate gezogen werden.

Im Folgenden also die Orientierungshilfe – hauptsächlich gedacht als Checkliste –  für die reisemedizinische Beratung im Praxisalltag mit einer Reihe von aktuellen Aspekten, ähnlich aufgebaut wie eine Oper in 3 Akten mit Ouvertüre und Finale:

Ouvertüre

Ganz allgemein gilt: Standard-Impfschutz überprüfen!

Das ist in der Praxis sowieso bei jeder Gelegenheit ratsam und lässt sich – am einfachsten und effektivsten – unterstützt durch eine entsprechende Software organisieren, die idealerweise auch ein Recall-System beinhaltet.

Wichtig insbesondere bei reiselustigen Patienten: Standardimpfschutz immer aktuell halten – unabhängig von geplanten Reisen. Dann kommt vor Fernreisen mit besonderem Impfschutzbedarf kein unnötiger Stress auf.

Dazu gehören grundsätzlich alle Impfungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemäß Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI), die als Standard-Impfkalender stets aktualisiert allgemein zugänglich sind (2).

Intermezzo I

Zwischen Haustüre und Reiseziel: Zecken-übertragbare Infektionskrankheiten auch ohne Urlaub

Einen Impfstoff gegen Borreliose, die häufigste von Zecken übertragenen Infektionskrankheit, gibt es in Europa derzeit noch nicht. Es wird aber daran gearbeitet. Am weitesten fortgeschritten ist eine hexavalente Vakzine, die jeweils die Oberflächenproteine der 6 in Nordamerika und Europa vorherrschenden, sehr unterschiedlichen Serotypen des Bakteriums Borrelia burgdorferi als Antigene adressiert (3). Die Rationale des neuartigen Impfstoffes besteht darin, das Oberflächenprotein A (OspA) derart zu blockieren, dass den Bakterien das Instrumentarium vereitelt wird, die Zecke zu verlassen und den Menschen zu infizieren. Aufgrund positiver Daten zur Primärimmunisierung in einer Phase-III-Studie wird mit einer Zulassung des Impfstoffkandidaten VLA15 in absehbarer Zukunft gerechnet, nicht aber vor 2026.

Die zweite Art an Infektionskrankheiten, die nach Übertragung durch Zecken verursacht werden, besteht in der zwar wesentlich selteneren, aber umso bekannteren Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME), gegen die es schon seit Jahren zwei hervorragend wirksame und gut verträgliche Impfstoffen gibt. Die Impfung gehört für Menschen, die in Risikogebieten leben, zu den Standardimpfungen (4). Wer aber besucht schon solche Gebiete überhaupt nicht – sei es als Urlaubsziel im Heimatland, auf der Durchreise bei einem Wochenendtrip oder als ausgewählte Destination für ein beruflich bedingtes Fortbildungsseminar? Insofern kann die FSME-Impfung auch als typische Reiseimpfung eingestuft werden, obwohl im Grunde genommen jeder deutsche Bundesbürger gut beraten wäre, ganz grundsätzlich einen Impfschutz gegen FSME zu besitzen.

Intermezzo II

Standard-Infektionsprophylaxe vor Reisen

Die Standard-Reiseimpfung par excellence ist die Impfung gegen Hepatitis A. Denn das Hepatitis A-Virus (HAV) ist bereits im benachbarten Ausland endemisch: südlich der Alpen – östlich der Oder. Gegen die fäkal-orale HAV-Übertragung helfen selbst die besten der gut gemeinten Hygieneratschläge nur sehr bedingt. Aufgrund seiner hohen Resistenz gegenüber Umweltbedingungen wie zum Beispiel Hitze und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit kommt das Virus sowohl in frischen als auch verarbeiteten Lebensmitteln vor. Frisch gewaschene Salate, Obst und Gemüse, mit Wasser aufbereiteter Orangensaft aus Konzentrat, Meeresfrüchte und Speiseeis aus getrockneten Beeren sind dabei nur einige wenige Beispiele für Kontaminationsquellen. Diese gehen letztlich von infiziertem Personal aus, welches für Zubereitung, Transport und Darbietung der Lebensmittel zuständig ist. Die Impfung hingegen bietet sicheren Schutz, der mindestens 30 Jahre anhält und nicht nur ungetrübte Urlaubsfreuden, sondern auch eine dauerhafte Prophylaxe gegenüber dem Risiko von HAV-Infektionen hierzulande, das nicht unterschätzt werden sollte.

Erster Akt

Besonders schutzbedürftig: Ältere Menschen und Personen mit Grunderkrankungen

Alle Menschen über 60 Jahren sowie diejenigen, die aufgrund von chronischen Grunderkrankungen mehr oder weniger häufig die ärztliche Praxis aufsuchen, verdienen besondere Aufmerksamkeit, bevor sie eine Fernreise antreten. Neben den bereits erwähnten Standardimpfungen gemäß STIKO-Impfkalender, der HAV- und FSME-Impfung ist bei ihnen vor allem auch auf die reisebedingt erhöhten Risiken zu achten, respiratorische Infekte zu erwerben. Deshalb kann es sinnvoll sein, den Corona-Impfschutz auf die im Reiseland vorherrschende aktuelle Variante hin anzupassen und hinsichtlich des Impfschutzes gegen Influenza auch die umgekehrte Saisonalität auf der Südhalbkugel zu berücksichtigen. Ähnliches gilt neuerdings für die Impfung gegen Infektionen mit dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), dessen Saisonalität bei der Einschätzung des Risikopotentials ebenfalls zu berücksichtigen ist, aufgrund der Stabilität des Virus aber nicht von Saison zu Saison angepasst werden muss. Ein Impfschutz gegen die häufigsten ambulant erworbenen bakteriellen Lungenentzündungen durch den 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff sollte mittlerweile ohnehin zur Selbstverständlichkeit gehören.

Zweiter Akt

Besondere Vorsicht geboten: bei Abenteuer- und Trekkingreisen

Vor allem bei jüngeren Menschen ist auf besondere Infektionsrisiken bei Fernreisen zu achten, die durch einen teilweise auch unkonventionellen Reisestil für unangenehme Überraschungen sorgen könnten. Neben der sexuellen Aktivität zählen dabei auch Abenteuerlust und Risikobereitschaft auf Entdeckungsreisen im Rahmen eines Rucksacktourismus zu den nicht wirklich vollumfänglich überschaubaren gesundheitlichen Gefahren.

Intermezzo

Malaria

Eine Impfung gegen Malaria ist zwar vor drei Jahren als Durchbruch gefeiert worden, als Reiseimpfung steht die Vakzine aber eher nicht zur Verfügung. Das liegt wohl insbesondere auch an ihrer begrenzten Wirksamkeit. Während sie in vielen Ländern Afrikas aufgrund ihrer etwa 30%igen Effektivität bei Massenimpfungen von Kindern eingesetzt wird, um die Kindersterblichkeit zu senken, entlastet sie Fernreisende nicht von der Notwendigkeit der herkömmlichen medikamentösen Malariaprophylaxe. Wo und wie diese eingesetzt werden sollte, ist am besten den einschlägigen, stets aktualisierten Internetseiten zu entnehmen wie zum Beispiel denen des Auswärtigen Amtes (5).

Dritter Akt

Besondere Infektionsvorkehrungen in fernen Gefilden

Impfpräventable Infektionsrisiken bei Fernreisen sollten aus ganz praktischen Erwägungen des Zeitmanagements für den jeweiligen Aufbau einer hinreichenden Immunität heraus unterschieden werden. Besondere Aufmerksamkeit verlangen deshalb die Impfungen mit Lebendimpfstoffen, die gute Planung erfordern. Dazu zählen insbesondere die Impfungen gegen Gelbfieber, Dengue und neuerdings auch Chikungunya. Bei Reisen, vor denen diese Impfungen notwendig werden, ist darauf zu achten, dass sie entweder simultan zum selben Impftermin verabreicht werden oder aber mit einem Abstand von etwa zwei, besser vier Wochen, da ansonsten die körpereigene Interferonantwort auf die erste Lebendimpfung den Erfolg der nächsten Impfung zunichtemachen könnte.

Gelbfieber

Bei der Impfung gegen Gelbfieber ist immer wieder vor einem folgenschweren Irrtum zu warnen: eine Impfpflicht, die von einigen Nationen als Voraussetzung für eine Einreiseerlaubnis verlangt wird, ist keineswegs gleichbedeutend mit dem Infektionsrisiko in dem betreffenden Land. Mit der Impfpflicht beabsichtigen diese Nationen also, sich selber vor der Einschleppung von Gelbfieber zu schützen – auch und gerade, wenn bei ihnen das Infektionsrisiko eher gering ist. Und umgekehrt können für ausgewiesene Hochrisikogebiete keinerlei Reisebeschränkungen ausgesprochen sein, wodurch diese ganz offensichtlich irrtümlich als sichere Destinationen eingestuft werden können. Deshalb ist es vor allem vor Reisen nach Afrika wichtig, unabhängig von den jeweiligen gesetzlichen Reisebestimmungen Informationen über die tatsächliche aktuelle Gelbfiebersituation einzuholen, bei denen auch Zwischenstationen bei der Durchreise berücksichtigt werden (6).

Dengue

Die Impfung gegen Dengue gehört seit der Zulassung des sehr gut wirksamen und verträglichen Lebendimpfstoffes zu den wichtigsten Gesundheitsvorkehrungen vor Reisen in tropische und subtropische Gebiete vor allem in Mittel -und Südamerika sowie in Südostasien. Da in der zweiten Woche nach der Impfung mit Symptomen einer sogenannten Impfkrankheit aufgrund der attenuierten Lebendvakzine zu rechnen ist, sollte der Impftermin mindestens zwei Wochen vor Reiseantritt eingeplant sein.

Chikungunya

Mit dem Ende Juni 2024 von der Europäischen Kommission zugelassenen ersten Impfstoff gegen das ebenfalls von Mücken übertragbare Chikungunya-Virus steht ab sofort eine weitere attenuierte Lebendvakzine zur Verfügung, die bevorzugt für die Prophylaxe auf Fernreisen zum Einsatz kommen kann. Chikungunya hat sich bereits in über 110 Ländern ausgebreitet und gilt derzeit als eine der wahrscheinlichsten Virusinfektionen, die in neuen geografischen Gebieten auftauchen. Ein hohes Infektionsrisiko für Reisende besteht in Gebieten, in denen Chikungunya-Viren übertragende Mücken endemisch sind, einschließlich Nord- und Südamerika, Teilen Afrikas und Südostasiens (7). Dass die Morbidität hoch ist, verdeutlicht der mit 43% hohe Anteil an Patienten, die an chronischer Chikungunya leiden, wobei Gelenkschmerzen, Müdigkeit und weitere einschränkende Auswirkungen auf die Lebensqualität Monate bis Jahre andauern können (8).

Japan Enzephalitis

Eine weitere durch Mücken übertragbare Viruserkrankung, die vor allem in Reisezielen des asiatischen Raumes vorkommt, ist die Japanische Enzephalitis (JE). Der Erreger der JE zählt zu den Arboviren, da er durch Stechmücken als Vektoren übertragen wird. Er gehört ebenso wie die Verursacher des Denguefiebers und des Gelbfiebers zur Familie der Flaviviren (lat.: flavus = gelb). Die Viren lassen sich in tierischen Wirten wie dem Schwein und auch in Wasservögeln replizieren und werden über die Culex-Mücke übertragen. Aufgrund der starken Expansion von Reisanbaugebieten zählt mittlerweile der gesamte süd- und südostasiatische Raum bis hin zur nördlichen Spitze von Australien zum Endemiegebiet, wobei die Infektionsgefahr während und nach der Regenzeit am höchsten ist. Bei der aktuell mit gutem Erfolg eingesetzten Vakzine handelt es sich um einen gereinigten, inaktivierten Impfstoff auf der Grundlage eines attenuierten JE-Virusstammes mit Verträglichkeit auf Placeboniveau und schneller Wirksamkeit bereits eine Woche nach zweiter Impfdosis.

Tollwut

Die Infektion mit dem Rabies-Virus ist zwar sehr selten, verläuft aber fast immer tödlich. Deshalb ist die Impfung vor allem Rucksack-Touristen auf ihrer Reise durch Indien dringend anzuraten.

Mpox

Der Verursacher der vormals fälschlicherweise auch Affenpocken (Monkeypox = Mpox) genannten Infektionskrankheit, ein Orthopoxvirus aus der Familie der Poxviridae, wurde erstmals vor 65 Jahren in Makaken identifiziert und hat seitdem zu sporadischen Ausbrüchen in Afrika geführt. Fälschlicherweise deshalb, weil Nagetiere zu den natürlichen Wirten dieses Virus zählen, während Affen und Menschen Zufalls- und somit eher Fehlwirte sind, was sich aber durch Anpassung an den Menschen infolge von Mutationen durchaus ändern kann. Das damit verwandte humane Pockenvirus Orthopox variolae hat hingegen überhaupt kein tierisches Reservoir und konnte deshalb von der WHO nach weltweiten erfolgreichen Impfkampagnen am 26. Oktober 1979 als ausgerottet deklariert werden. Da die Impfpflicht gegen Pocken 1976 in Westdeutschland und erst 1982 in Ostdeutschland aufgehoben wurde, haben alle jeweils 2–3 Jahre zuvor geborenen Personen lebenslang auch gegenüber Mpox eine gewisse Grundimmunisierung erworben. Während die STIKO-Empfehlung für besonders gefährdete Personen eine zweimalige Impfung mit der Modifizierten Vakzine Ankara BN (MVA-BN) vorsieht, um eine Schutzwirkung gegen Mpox von 66–88% zu erzielen, reicht bei den vormals gegen Pocken Geimpften eine einmalige Impfung als Booster nun völlig aus (9).

Aktuelle Mpox-Situation

Die von der WHO von Juli 2022 bis Mai 2023 ausgerufene Notlage von internationaler Tragweite ging auf weltweite Mpox-Ausbrüche auch außerhalb des afrikanischen Kontinents zurück. Ein neuerlicher Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo und beschleunigte weitere Verbreitung in angrenzenden Nachbarländern mit schwereren Krankheitsverläufen aufgrund einer neuen Virusvariante (Klade 1b) hat die WHO nun im August 2024 abermals dazu veranlasst, eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite (PHEIC = public health emergency of international concern)“ auszurufen (10). Diese Einstufung zielt vordringlich darauf, die bislang noch bestehenden Unklarheiten über die epidemiologischen Aspekte der Übertragung, Krankheitsschwere und Letalität im Zusammenhang mit den verschiedenen Mpox-Subkladen beschleunigt anzugehen, um einer weiteren Ausbreitung zuvorkommen zu können. Ersten Erfahrungen zufolge scheint der Impfstoff MVA-BN auch gegenüber der Mpox-Klade 1b einen unverändert zuverlässigen Schutz zu bieten.

Ebola, Lassa, West-Nil-Virus, Marburg-Virus, Zika, Nipah, etc.

Bei diesen Viren und viral bedingten Infektionskrankheiten, deren Liste sich gewiss noch weiter fortsetzen lassen könnte, handelt es sich um seltenere Gesundheitsrisiken für Reisende. Für Menschen aber, die in den entsprechenden Endemiegebieten leben, sind dies doch ernstzunehmende Bedrohungen. Wenn im Rahmen eines geplanten Abenteuerurlaubs die Gefahr besteht, mit solchen Risiken Bekanntschaft zu machen, dann ist dies sicherlich ein Fall für eine Beratung durch eine tropenmedizinische Einrichtung, die auch mit der stets aktuellen Epidemiologie und konkreten Gefährdungslage vertraut ist – zumal es gegen diese Virusinfektionen kaum hinreichende Möglichkeiten einer Impfprophylaxe gibt. Wenn dies aber doch der Fall sein sollte, sind etliche Besonderheiten zu berücksichtigen wie etwa Virusvarianten und -spezies sowie Dauer und Ausmaß der erhofften Schutzwirkung.

Typhus

Typhus und Paratyphus spielen in der Infektionsprophylaxe vor Fernreisen heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Das liegt zum einen daran, dass die bakteriellen Erreger, Salmonella enterica Serotyp Typhi sowie Paratyphi A, B und C ausschließlich humanpathogen sind und kein tierisches Reservoir haben. Deshalb ist eine Ansteckung nur bei extrem schlechten hygienischen Bedingungen möglich, wobei – vorwiegend asymptomatische – Dauerausscheider eine herausragende Rolle spielen. Außerdem hängt das Erkrankungsrisiko – ähnlich wie bei anderen Salmonellosen auch – wesentlich vom Ausmaß der Keimbelastung, vom Alter, von vorliegenden Grundleiden und von der Immunkompetenz des Infizierten ab sowie vom pH-Wert des Magens, der ja unter Dauermedikation mit Protonenpumpen-Inhibitoren durchaus unphysiologisch verändert ist. Für die Impfung stehen ein oral und ein paraenteral zu applizierender Impfstoff zur Verfügung (11).

Cholera

Als weitere fäkal-oral übertragene Infektionskrankheit wird die Cholera ebenso hauptsächlich über kontaminiertes Trinkwasser unter schlechten hygienischen Bedingungen weitergegeben. Die Dauer der Erreger- Ausscheidung beträgt bei asymptomatisch Infizierten nur einen Tag und ist auch bei symptomatischen Personen mit maximal zwei Wochen wesentlich kürzer als bei Typhus. Deshalb ist das Erkrankungsrisiko für Reisende als sehr gering einzuschätzen. So wurden im Jahr 2022 in Deutschland lediglich sechs Cholerafälle gemeldet, die alle auf den Irak als wahrscheinlichstes Infektionsland zurückgingen (12).

Meningokokken

Während für Kleinkinder und Säuglinge die Impfung gegen Meningokokken B (MenB) seit Anfang dieses Jahres ohnehin in den Standard-Impfkalender der STIKO aufgenommen wurde, ist für Jugendliche und Erwachsene vor Reisen in Risikogebiete ebenfalls ein entsprechender Impfschutz in Erwägung zu ziehen. Aus reisemedizinischer Sicht relevanter erscheint allerdings der Impfschutz mit der Konjugat-Vakzine gegen die Meningokokken-Serotypen A, C, W und Y, da insbesondere letztere in den typischen Endemiegebieten weitaus stärker verbreitet sind. Dazu zählen vor allem die afrikanischen Länder des sogenannten Meningitis-Gürtels entlang der Sahara sowie Länder des Nahen und Mittleren Ostens, die mit Pilgerreisen in Zusammenhang stehen und für die dann auch entsprechende amtliche Einreisebeschränkungen gelten (13).

Finale

Eine gute Dokumentation der Reiseimpfberatung kann auch nach der Rückkehr aus dem Urlaub wertvolle Dienste leisten. Zum einen empfiehlt es sich, dem Reiserückkehrer ein bis zwei Wochen nach seinem Aufenthalt in exotischen Gefilden einen Arzttermin anzubieten, um etwaige Auffälligkeiten im Allgemeinbefinden – ob mit oder ohne Krankheitswert – frühzeitig zu erkennen und entsprechend abzuklären. Zum anderen kann eine gute Dokumentation aber auch noch nach Jahren wertvolle Informationen liefern – zum Beispiel im Falle einer Wurminfektion, die mit erheblicher Verzögerung als klinisch manifeste Symptomatik auftreten und dann noch mit der lange zurückliegenden Fernreise in Verbindung gebracht werden kann.

Links für weitergehende reisemedizinische Informationen:

Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Globale Gesundheit e.V. (dtg.org)
Reisemedizinische Vorsorge - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)
RKI - Reiseimpfungen - Reiseimpfungen
Startseite - CRM - Centrum für Reisemedizin
Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Literatur:

(1) DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
(2) RKI - Empfehlungen der STIKO - Impfkalender 2024
(3) Phase 3 VALOR Lyme Disease Trial: Valneva and Pfizer Announce Primary Vaccination Series Completion - Valneva
(4) RKI - FSME - Karte der FSME-Risikogebiete
(5) Malaria - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)
(6) Gelbfieber - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)
(7) Chikungunyafieber - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)
(8) 2023_11_10_BLA_Approval_PR_DE_Final.pdf (valneva.com)
(9) RKI - Impfungen A - Z - Schutzimpfung gegen Mpox
(10) WHO Director-General declares mpox outbreak a public health emergency of international concern
(11) RKI - RKI-Ratgeber - Typhus abdominalis, Paratyphus
(12) Epidemiologisches Bulletin 14/2024 (rki.de)
(13) Meningokokken-Erkrankungen - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)


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