Medizin
11. November 2020 Chronische Niereninsuffizienz: Biomarker Cystatin C bei risikoarmen Patienten genauer als Kreatinin
Das inzwischen ebenfalls als Marker für die Funktion der Nieren eingesetzte Cystatin C liefert bei jüngeren und Personen ohne weitere Erkrankungen verlässlichere Ergebnisse. "Die richtige Klassifizierung – Niereninsuffizienz ja oder nein – ist vor allem beim Screening dieser Bevölkerungsgruppen von Bedeutung, um weniger falsch positiv klassifizierte Personen zu erhalten“, so Prof. Dietrich Rothenbacher, der das Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Uni Ulm leitet. Falsch positive getestete Personen müssen dann oft unnötig weiter medizinisch abgeklärt werden.
Für die Studie wurden die Daten von insgesamt rund 80.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 23 europäischen Kohorten ausgewertet. "Insbesondere die lange Nachbeobachtungzeit von bis zu 20 Jahren liefert besonders verlässliche Ergebnisse“, so Prof. Wolfgang Koenig, Oberarzt und Leiter der "Cardiometabolic Unit“ am Deutschen Herzzentrum München, der lange am Universitätsklinikum Ulm tätig war. So konnten die Forschenden außerdem zeigen, dass eine chronische Niereninsuffizienz ein wichtiger Risikofaktor für weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen und somit für einen frühen Tod ist. "Das Risiko dieser Patientinnen und Patienten für Herz-Kreislauf-Komplikationen ist vergleichbar mit dem Risiko eines Betroffenen, der bereits einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall durchgemacht hat“, erläutert Prof. Rothenbacher. Rothenbacher und Koenig waren die Ersten, die bereits im Jahr 2005 auf die Vorteile von Cystatin C bei der Diagnose von Nierenerkrankungen hingewiesen, und im Jahr 2013 an einem Artikel mit hauptsächlich US-amerikanischen Kohorten mitgearbeitet hatten. Nun konnten sie diese Ergebnisse auch in europäischen Studienpopulationen, in denen genügend Personen mit Diabetes und mit höherem Alter vertreten waren, bestätigen.
Zudem fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass der Schwellenwert von 60 ml/min/1,73 m2, ab dem von einer konventionellen Niereninsuffizienz gesprochen werden kann, auch für Betroffene über 65 Jahre gilt. Dieser Wert wurde in letzter Zeit immer wieder in Frage gestellt.
Die Arbeit entstand im Rahmen des „Biomarker for Cardiovascular Risk Assessment across Europe“ (BiomarCaRE) Konsortiums unter der Koordination von Professor Stefan Blankenberg (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), an dem 24 europäische Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Finanziert wird BiomarCaRE von der EU (Seventh Framework Programme (FP7/2007-2013)).
Quelle: Universität Ulm
Literatur:
Rothenbacher D, Rehm M, Iacoviello L, Costanzo S, Tunstall-Pedoe H, Belch JJF, Söderberg S, Hultdin J, Salomaa V, Jousilahti P, Linneberg A, Sans S, Padró T, Thorand B, Meisinger C, Kee F, McKnight AJ, Palosaari T, Kuulasmaa K, Waldeyer C, Zeller T, Blankenberg S, Koenig W and on behalf of the BiomarCaRE consortium: Contribution of cystatin C- and creatinine-based definitions of chronic kidney disease to cardiovascular risk assessment in 20 population-based and 3 disease cohorts: the BiomarCaRE project. BMC Med 18, 300 (2020). https://doi.org/10.1186/s12916-020-01776-7
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