Zunahme multiresistenter Keime: Anteil Carbapenemase-produzierender Erreger steigt
Im Jahr 2024 verzeichnet das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für gramnegative Krankenhauserreger an der Ruhr-Universität Bochum erneut einen deutlichen Anstieg eingesendeter Proben mit multiresistenten Bakterien. Besonders auffällig ist der Anteil an Isolaten mit Carbapenemasen.
NRZ mahnt stärkere Surveillance und unterstützt mit Diagnostik
„Wir können eine intensivierte Überwachung nur dringend empfehlen“, betont Dr. Niels Pfennigwerth vom NRZ, das seinen aktuellen Jahresbericht im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts am 15. Mai 2025 veröffentlicht hat. Seit 2009 bietet das NRZ in seiner Funktion als vom Robert Koch-Institut beauftragte Einrichtung eine kostenfreie Analyse resistenter gramnegativer Bakterienstämme an. Einsendende Labore übermitteln dafür klinische Isolate, die sich in der Routinediagnostik als resistent gegenüber wesentlichen Antibiotika erwiesen haben, zur weiterführenden Feintypisierung. Schwerpunkt ist die Identifikation von Carbapenemasen – Enzymen, die Carbapeneme spalten und damit wichtigen Reserveantibiotika neutralisieren.
Carbapenemase-Nachweise steigen trotz stabiler Probenzahlen
Die Zahl der eingesandten Isolate blieb 2024 hoch und ermöglichte eine tiefgreifende Analyse von über 10.000 Bakterienstämmen. Der Anteil der Carbapenemase-produzierenden Enterobacterales – etwa Escherichia coli oder Klebsiella pneumoniae – stieg dabei signifikant auf 61,1%. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag dieser Wert noch bei 43,9%.„Die Zunahme von Infektionen oder Kolonisationen mit Carbapenemase-produzierenden Bakterienstämmen in Deutschland ist somit unseren Daten zufolge real und nicht nur durch gestiegene Untersuchungszahlen begründet“, stellt Pfennigwerth klar.
Häufig besteht bei diesen Stämmen zusätzlich eine Resistenz gegenüber Betalaktam-Antibiotika – vor allem dann, wenn mehrere Carbapenemasen parallel exprimiert werden.
Zunehmende Vielfalt der nachgewiesenen Enzyme
OXA-48 bleibt die am häufigsten identifizierte Carbapenemase bei Enterobacterales – mit einer deutlichen Zunahme im Vergleich zum Vorjahr. Während die Verbreitung von NDM-1 2024 stagnierte, nahmen die Nachweise von NDM-5, KPC-2, OXA-244 und VIM-1 deutlich zu. Bei Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii dominierten weiterhin VIM-2 bzw. OXA-23.
Resistenzlage erfordert intensivere Überwachung
Angesichts der Entwicklungen plädieren die Expert:innen des NRZ für eine fortlaufende und intensivierte Surveillance, um epidemiologische Trends frühzeitig erkennen und geeignete Maßnahmen gegen die Ausbreitung treffen zu können. Besorgt zeigt sich das NRZ auch über die Finanzierung durch das Bundesministerium für Gesundheit – diese sei immer weniger ausreichend, um das Leistungsportfolio in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Quelle:Ruhr-Universität Bochum