Kosmetik kann gefährlich ins Auge gehen
Birgit Frohn Dipl. biol.Morgens mit perfekt geschminkten Augen aufwachen? Lidstrich-Tattoo, Wimpernverlängerung & Co. machen es möglich. Doch Expert:innen warnen eindringlich vor den Risiken derartiger kosmetischer Behandlungen. Denn sie haben beachtliche Nebenwirkungen und können die Augengesundheit nachhaltig schädigen.
Augen-Make-up: Von der Antike zur Milliarden-Dollar-Industrie
Der Blick in ein Gesicht wird von den Augen dominiert. Signalisieren diese Freundlichkeit und Entgegenkommen oder aber Feinseligkeit, Ablehnung und vielleicht sogar Angst? Nicht minder wichtig ist es deshalb auch, wie die Augen aussehen und geschminkt sind. Bereits im alten Ägypten wurde dem Schminken der Augen eine enorme Bedeutung beigemessen – wohlgemerkt bei Frauen ebenso wie bei Männern. Wenig verwunderlich floriert heute, Jahrtausende später, die Augen-Make-up-Industrie auf Hochtouren: Schätzungen von Analyst:innen zufolge wird der weltweite Umsatz im Jahr 2028 bei mehr als 23 Milliarden Dollar liegen [1]. Dominiert wird er von den Produkten Mascara, Eyeliner und Lidschatten [1]. Der Prozedur, diese tagtäglich erneut aufzutragen, möchten sich allerdings viele Frauen nicht mehr unterziehen. Stattdessen setzen sie auf längerfristige Lösungen wie Permanent Make-up, Wimpernverlängerungen oder Lidstrich-Tätowierungen. Nicht von ungefähr erleben diese Alternativen seit längerem einen Boom. Doch was die Kosmetik-Routine so praktisch erleichtert, ist alles andere als unbedenklich für die Gesundheit der Augen.
Zahlreiche unterschätzte Gefahren
Die so beliebten Angebote von Kosmetikstudios und Make-up-Artists können zu einer ganzen Reihe schwerwiegender und unterschätzter Nebenwirkungen und Komplikationen führen, gibt Prof. Dr. med. Elisabeth M. Messmer von der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München zu bedenken. Zu den unerwünschten Folgen, die häufiger auftreten, gehören laut der Expertin unter anderem Ekzeme und Entzündungen, Infektionen, Wimpernverlust und Trockenes Auge.
Was Wimpernverlängerungen riskant macht
Bei Extensions der Wimpern kann es zu akuten, aber auch chronischen Nebenwirkungen kommen. „Zu den häufigsten akuten Störungen zählt das therapiebedürftige allergische Kontaktekzem am Lidrand, meist ausgelöst durch den verwendeten Klebstoff“, so Prof. Messmer. Infektiöse Entzündungen des Lidrands und der Bindehaut sind weitere akute Folgen einer Wimpernverlängerung. Ein langfristiger negativer Effekt ist die Verkalkung der Wimpernbasis sowie der Verlust von eigenen Wimpern durch eine Verletzung am Haarschaft. Eine Hornhauterosion oder Infektion der Hornhaut sind weitere, wenn auch seltene Komplikationen. Brandgefährlich, im wahrsten Wortsinn: Wimpern-Extensions können während kleinerer Eingriffe am Auge, bei denen zur Blutstillung mit Hitze gearbeitet wird, in Flammen aufgehen [2]. „Die verlängerten Wimpern müssen daher vor einer Augenoperation unbedingt entfernt werden“, betont Prof. Messmer.
Auch Lidstrich-Tattoos bergen Risiken
Wie bei jeder Tätowierung kann es auch beim Stechen eines Lidstrichs zur Schwellungen und Rötungen kommen – normale Folgen, die in der Regel nach Stunden bis Tagen wieder abklingen. „Möglich sind jedoch auch allergische Reaktionen [3] in Form von Ekzemen oder langwierige Entzündungen“, warnt Prof. Messmer. Durch unhygienisches Arbeiten kann es ferner zu Infektionen mit Staphylokokken, Streptokokken, Hepatitis und HIV kommen [4]. Chemische Verätzungen und mechanische Verletzungen im Bereich des Auges durch die Behandelnden sind weitere, nicht seltene Folgen. Zudem zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Lidstrich-Tattoos längerfristig die Talgdrüsen des Lidrandes schädigen, die für den öligen Tränenfilm verantwortlich sind und damit zu einem Trockenen Auge führen können [5].
Toxischer Pigmente-Mix in Tattoo-Tinten
Moderne Tattoo-Tinten enthalten Pigmente mit Bestandteilen wie Antimon, Cadmium, Eisen, Chrom, Cobalt, Nickel und Arsen. Somit handelt sich bei Tattoo-Tinten laut Prof. Messmer „um potenziell äußerst toxische Substanzen“.
Warnung vor Weißfärbung und Augapfel-Tattoos
Angesichts der genannten Folgen raten Augenärzte von Wimpernverlängerungen und Lidstrich-Tattoos verständlicherweise ab. Wovor sie dagegen dringend warnen, ist zum Einen die sogenannte I-Brite-Prozedur. Mittels dieser Behandlung soll eine komplette Weißfärbung des Augapfels bei einer chronisch geröteten Bindehaut erreicht werden. Aber: „I-Brite kann schwerste Komplikationen wie Geschwüre der Horn- und Bindehaut, Ausdünnen der Lederhaut oder eine Schädigung der Augenmuskeln mit Doppeltsehen auslösen“, hat Prof. Messmer erfahren. Zum Anderen besteht höchste Gefahr bei Augapfel-Tattoos, bei denen die gesamte weiße Bindehaut farbig tätowiert wird. „Nach dieser Form des Tattoos wurden Verletzungen beschrieben, die zum Augenverlust führten“, so Prof. Messmer.
Absolutes No-Go: Keratopigmentierung
Was soll es sein: blau, braun, grün? Dank Keratopigmentierung lässt sich inzwischen auch die Augenfarbe ändern. Dabei wird ein Laserschnitt gesetzt, die vordere Schicht der Hornhaut umgeklappt und ringförmig Farbpigmente in die mittlere Hornhautschicht eingebracht. Nach diesem Eingriff wurden jedoch keineswegs nur Probleme mit der Farbpigmentierung beklagt. Es kam auch zu funktionellen und anatomischen Problemen wie störende Lichtempfindlichkeit, Reduktion von Kontrastwahrnehmung. Der Verlust von Endothelzellen der Hornhaut, Trockenes Auge und die Bildung von therapiebedürftigen Erweiterungen an der Hornhaut sind laut Prof. Messmer weitere gefährliche Folgen einer Keratopigmentierung. So sagt inzwischen auch die American Academy of Ophthalmology, der weltweit größte Verband von Augenärzt:innen: Hände weg von diesem Verfahren.
Und wenn's passiert ist?
Auftretende Beschwerden nach einer kosmetischen Behandlung am Auge sind unbedingt ernstzunehmen. „Halten Lid- oder Augenrötung länger als wenige Tage an, sollte man umgehend eine augenärztliche Praxis aufsuchen“. Das gilt auch für Schmerzen oder eine Sehbeeinträchtigung, so Prof. Messmer weiter.
Quelle:Pressemitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG) vom 7. Juli 2025
Literatur:
- (1)
Sullivan DA et al. (2023) TFOS Lifestyle: Impact of Cosmetics on the Ocular Surface, The Ocular Surface, DOI: 10.1016/j.jtos.2023.04.005
- (2)
Michaels J. P. S. et al. Ophthal Plast Reconstr Surg 2024; 30: e61 – 62.
- (3)
Islam PS et al. Medical Complications of Tattoos: A Comprehensive Review, Allergy and Immunology, DOI: 10.1007/s12016-016-8532-0
- (4)
Laux P et al. (2016) A medicaltoxicological view of tattooing, Lancet, DOI: 10.1016/S0140-6736(15)60215-X
- (5)
Lee YB et al. (2015) Eyelid Tattooing Induces Meibomian Gland Loss and Tear Film Instability. Cornea, DOI: 10.1097/ICO.0000000000000452