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Lauterbachs Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz

Im Kern ging es Lauterbach bei seiner Krankenhausreform, dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) [2] um zwei Dinge: Die Qualität der Versorgung in den Kliniken zu verbessern und die Kosten zu senken. Über 100 Milliarden Euro zahlten die Krankenkassen im Jahr 2024 für Krankenhausleistungen. Das ist ein Plus von 9% gegenüber dem Vorjahr [3]. Trotz dieser hohen Ausgaben schreiben viele Kliniken rote Zahlen, weil die Kosten für Personal, Energie und Verbrauchsmaterialien gestiegen sind [4]. Die logische Konsequenz wäre, mehr Operationen durchzuführen, weil Kliniken derzeit über Fallpauschalen Einnahmen erzielen. Damit Patient:innen nicht mehr mit einem „Preisschild“ in die Klinik kommen, wie Lauterbach es formulierte, sieht das KHVVG vor, dass Krankenhäuser zu 60% über Vorhaltepauschalen und zu 40% über Fallpauschalen finanziert werden. Es wird also mehr Geld für das Vorhalten von Ressourcen und weniger Geld für die eigentliche Behandlung gezahlt. Lauterbachs Reform legte fest, dass die Bundesländer ihre Kliniken in bestimmte Leistungsgruppen einteilen. Nur wenn Krankenhäuser die notwendigen Qualitätskriterien für die einzelnen Versorgungsbereiche, wie beispielsweise Herzchirurgie oder komplexe Gastroenterologie, erfüllen, dürfen sie Patient:innen mit den jeweiligen Leiden behandeln. 

Für Warken war Reform „unausgereift“

Die Krankenhausreform sei ein Neustart in der Krankenhauspolitik, sagte Nina Warken auf dem 48. Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf, aber sie dürfe nicht zu einem „Fehlstart“ werden. Deshalb hat die im Mai vereidigte neue Bundesgesundheitsministerin das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) [5] auf den Weg gebracht. Es befindet sich derzeit im parlamentarischen Abstimmungsprozess. Die im Krankenhausstrukturgesetz (KHVVG) formulierte große Weichenstellung in Richtung Umbau der Krankenhausversorgung bleibt mit dem KHAG zwar erhalten. Einige Änderungen sind jedoch vorgesehen.

So dürfen Krankenhäuser bestimmte Qualitätskriterien (z.B. das Vorhalten von Geräten oder die Beschäftigung von spezialisierten Fachärzt:innen) auch über Kooperationen erbringen, zum Beispiel zusammen mit anderen Kliniken. Außerdem hatte Lauterbach den Reformstart für das Jahr 2027 geplant. Mit dem KHAG wird der Beginn nun um ein Jahr nach hinten verschoben. Warken entlastet zudem die gesetzlichen Krankenkassen. Die 25 Milliarden Euro, die von den gesetzlichen Krankenkassen in einen Transformationsfonds zum Umbau der Kliniklandschaft fließen sollten, übernimmt der Bund aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“.

Streitpunkt Finanzen

Ebenfalls aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz stellte Warken den Kliniken im Sommer einen „Sofort-Transformationsfonds“ in Höhe von vier Milliarden Euro als Inflationsausgleich zur Verfügung. Dennoch wurde in Düsseldorf Kritik an ihrer Arbeit geübt. Grund war ihr Vorstoß, die sogenannte Meistbegünstigungsklausel auszusetzen, die im deutschen Krankenhausfinanzierungsrecht vorgesehen ist. Diese hätte den Kliniken im Jahr 2026 Einnahmen von 1,8 Milliarden Euro beschert. Warken griff zu dieser Maßnahme, da die Krankenkassen für die 1,8 Milliarden Euro aufkommen müssten. Die neue Bundesgesundheitsministerin hat wiederholt erklärt, dass sie die Beitragszahlungen für die gesetzlichen Krankenkassen stabil halten will. „Damit verfolgen wir ein übergeordnetes Ziel, nämlich das Land wieder nach vorne zu bringen“, sagte sie in Düsseldorf. Permanent steigende Sozialausgaben seien „Gift“ für die Wirtschaft. Für Gerald Gaß, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), stellte die Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel hingegen einen „gravierenden Vertrauensbruch“ dar. „Wer Mut zur Veränderung haben soll und haben möchte, der muss auch darauf vertrauen, dass die Politik, die die Rahmenbedingungen setzt, verlässlich ist“, sagte er.

NRW-Landesgesundheitsminister Laumann dankt Parteikollegin

NRW-Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) lobte seine Parteikollegin: „Dankeschön, Frau Warken, dass Sie das mit dem vielen Geld hinbekommen haben“, sagte er und bezog sich dabei auf die vier Milliarden Euro aus dem Sofort-Transformationsfonds. Seine Einschätzung zur Krankenhausreform, bei der die Vorhaltepauschale das zentrale Finanzinstrument ist, fiel jedoch zurückhaltend aus. „Ich muss die Katze kennen, die im Sack steckt“, sagte er. Es sei noch nicht ersichtlich, wie sich die Reform finanziell auf die Kliniken auswirke. Dieser Punkt einer fehlenden Planungssicherheit wurde auf dem Krankenhaustag wiederholt aufgegriffen. Verschiedene Krankenhausvertreter:innen beklagten, dass sie keine zielgerichtete Planung vornehmen können, da es keine Auswirkungsanalyse der Krankenhausreform gibt.

Anders als andere Bundesländer ist Nordrhein-Westfalen bis 2030 von der Krankenhausreform ausgenommen. Denn hier wird bereits eine Klinikreform durchgeführt, die auch die Bundesreform beeinflusst hat. „Lauterbach hat die Leistungsgruppen aus NRW übernommen, weil er seine eigenen nicht fertig bekommen hat“, sagte Laumann. 60 von 61 Leistungsgruppen im neuen Bundesgesetz kämen aus Nordrhein-Westfalen. Genau wie vom Bund vorgesehen, wurde in NRW bereits festgelegt, welches Krankenhaus welche Leistungen anbieten darf. Anders als im KHAG gibt es aber kein Geld für das Vorhalten von Leistungen. Stattdessen werden die Kliniken weiterhin nach Fallpauschalen bezahlt.

Notfallreform befindet sich in der Abstimmung

Schon seit vielen Jahren wird an einer Neuordnung der Notfallversorgung gearbeitet. Verschiedene Reformvorhaben wurden in der Vergangenheit aber immer wieder zurückgestellt. Auch der ehemalige Bundesgesundheitsminister Lauterbach präsentierte im Januar 2024 die Eckpunkte für eine Reform der Notfallversorgung. Sie wurde aufgrund des Koalitionsbruchs aber nicht mehr von ihm selbst ins Parlament gebracht. Warken griff das Thema nun wieder auf. „Wir haben einen Referentenentwurf vorgelegt, der ist jetzt gerade in der Abstimmung“, sagte sie. Vermutlich werden darin viele Punkte von Lauterbachs Gesetzesentwurf übernommen [6]. Dieser sah im Kern eine veränderte Triage vor, um die Notaufnahmen in den Kliniken zu entlasten. So war zum Beispiel geplant, die Nummern 112 und die 116117 zusammenzulegen, um Patient:innen bereits bei ihrem Anruf an die richtige Stelle zu verweisen.

Ministerin Warken unter Druck wegen Strukturreformen

Der 48. Deutsche Krankenhaustag in Düsseldorf zeigte, dass die neue Bundesgesundheitsministerin bereits zu Beginn ihrer Amtszeit unter großem Druck steht. Mit ihren Gesetzesvorhaben führt sie die Arbeit ihres Amtsvorgängers fort. Das enttäuschte einige Beteiligte wie den DKG-Vorsitzenden Gaß, der sich mit Warken einen „Neustart der Politik“ erhofft hatte. Andere Redner wie Johannes Wolff, Abteilungsleiter Krankenhäuser beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, teilten die Auffassung der Ministerin, dass tiefgreifende Strukturreformen notwendig sind, um die steigenden Krankenhauskosten in den Griff zu bekommen.

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Literatur:

(1)

Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 27. Juni 2024 in Berlin, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin/rede-des-bundesministers-fuer-gesundheit-dr-karl-lauterbach--2294828

(2)

Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz — KHVVG), abrufbar unter: https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/400/VO.html

(3)

GKV Spitzenverband: Kennzahlen der gesetzlichenKrankenversicherung September 2025, abrufbar unter: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/grafiken/gkv_kennzahlen/kennzahlen_gkv_2025_q2/20250904_GKV_Kennzahlen_Booklet_Q2-2025_300dpi_barrierefrei.pdf

(4)

Deutsches Ärzteblatt: Drei Viertel der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen, abrufbar unter: https://www.aerzteblatt.de/news/drei-viertel-der-krankenhauser-schreiben-rote-zahlen-afee1ef0-b819-4bd8-b561-eb68cf5bcfba

(5)

Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG), abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/krankenhausreformanpassungsgesetz.html

(6)

Deutsches Ärzteblatt: Bundesregierung bringt Notfallreform auf den Weg, abrufbar unter: https://www.aerzteblatt.de/news/bundesregierung-bringt-notfallreform-auf-den-weg-831e0f0f-b385-4fb9-90b3-966d9f83b4e7