Gürtelrose: Nachlassende Immunabwehr ermöglicht Virusreaktivierung
Dr. rer. nat. Marion Adam und Nina HaußerDie Gürtelrose wird auch Herpes Zoster genannt und tritt weltweit ohne saisonale Schwankungen auf. Die Erkrankung tritt häufiger bei älteren Menschen auf. Bei den über 65-Jährigen sind jährlich 3,9 bis 11,8 Menschen pro 1.000 betroffen, bei jüngeren Erwachsenen sind es etwa 1,2 bis 3,4 von 1.000 Personen, wobei Frauen überwiegen.
Was ist Gürtelrose?
Bei der Gürtelrose handelt es sich um eine Infektion, die durch das Varizella-Zoster-Virus verursacht wird, das auch die Windpocken hervorruft. Nach einer Windpocken-Infektion verbleibt das Varizella-Zoster-Virus im Nervensystem, kann reaktiviert werden und so eine Gürtelrose verursachen.
Wie häufig ist Gürtelrose und wer ist gefährdet?
Varizellen zählen zu den weltweit am weitesten verbreiteten Infektionskrankheiten und stellen in Deutschland die häufigste impfpräventable Erkrankung dar. Im Gegensatz zur Primärinfektionen mit Varizellen zeigt der Herpes zoster eine charakteristische Altersverteilung mit deutlicher Häufung bei Patient:innen jenseits des fünften Lebensjahrzehnts. Die epidemiologischen Daten verdeutlichen die erhebliche klinische Relevanz dieser Reaktivierung: Statistisch betrachtet erkrankt jede:r zweite Person, die das 85. Lebensjahr erreicht, mindestens einmal im Laufe des Lebens an einer Gürtelrose.
Wie bekommt man Gürtelrose?
Die Übertragung von Varizellen erfolgt aerogen durch virushaltige Tröpfchenkerne, die Patient:innen beim Atmen oder Husten ausscheiden. Diese infektiösen Partikel können unter Umständen im Umkreis von mehreren Metern zur Ansteckung führen, was die charakteristische hohe Kontagiosität der Windpocken erklärt. Neben der aerogenen Übertragung ist eine Infektion durch virushaltigen Bläscheninhalt als Schmierinfektion möglich. Verschiedene Körperflüssigkeiten sind dabei von klinischer Relevanz: Neben Speichel und Bläscheninhalt ist auch die Konjunktivalflüssigkeit infektiös.
Die meisten Menschen erkranken in der Kindheit an Windpocken, doch nach dem Abklingen der Krankheit bleibt das Varizella-Zoster-Virus im Nervensystem inaktiv und ruhend. Das Immunsystem hält das Virus in Schach, aber später im Leben kann es reaktiviert werden und Gürtelrose verursachen. Es ist nicht genau bekannt, warum das Varizella-Zoster-Virus in einem späteren Lebensabschnitt reaktiviert wird, aber man geht davon aus, dass die meisten Fälle durch eine verminderte Immunität verursacht werden. Bei Herpes zoster besteht dagegen eine geringe Kontagiosität, da nur die virushaltige Bläschenflüssigkeit infektiös ist. Durch Abdecken der Hautläsionen kann bei einem Herpes zoster die Ansteckungsfähigkeit deutlich reduziert werde.
Wer ist besonders gefährdet, an Gürtelrose zu erkranken?
Die Erkrankung tritt jedoch deutlich häufiger bei Erwachsenen über 50 Jahren auf. Das Risiko steigt kontinuierlich mit dem Lebensalter an, da das Immunsystem mit zunehmendem Alter schwächer wird und es dadurch schwieriger wird, das Varizella-Zoster-Virus in seinem latenten Zustand zu halten. Neben dem Alter stellt ein geschwächtes Immunsystem den wichtigsten Risikofaktor für eine Reaktivierung dar. Verschiedene Erkrankungen und Behandlungen können zu einer Immunsuppression führen:
Infektionskrankheiten: HIV und AIDS
Maligne Erkrankungen: Krebserkrankungen verschiedener Art
Transplantationsmedizin: Zustand nach Organtransplantation
Medikamentöse Immunsuppression: Arzneimittel, die das Immunsystem unterdrücken
Neben der Immunsuppression können weitere Faktoren das Risiko einer Herpes-Zoster-Reaktivierung erhöhen, dazu zählen: Stress und chronische Grunderkrankungen wie Diabetes oder chronische Lungen- und Nierenerkrankungen.
Welche Symptome hat die Gürtelrose?
Prodromalstadium und Frühsymptome
Die klinische Manifestation einer Herpes-zoster-Erkrankung beginnt charakteristisch mit brennenden Schmerzen, die typischerweise unilateral entlang eines Dermatoms auftreten. Diese Prodromalsymptome stellen oft eine diagnostische Herausforderung dar. Im Anschluss folgt ein roter Hautausschlag, der je nach Hautton auch dunkelrosa, dunkelbraun oder violett erscheinen kann. Der Herpes-zoster-Exanthem zeigt folgende charakteristische Merkmale:
Hautausschlag auf einer Körperseite, beispielsweise an Brust, Bauch, Rücken oder Gesicht, bei fazialer Manifestation Hautausschlag im Gesicht und an den Ohren
Juckreiz an den betroffenen Hautstellen
Flüssigkeitsgefüllte Vesikel, die leicht aufbrechen
Brennende Schmerzen
Bei manchen Patient:innen treten systemische Begleitsymptome auf, die über den schmerzhaften Hautausschlag hinausgehen:
Fieber, Schüttelfrost
Muskelschmerzen
Müdigkeit
Kopfschmerzen
Welche Komplikationen können durch Gürtelrose entstehen?
Postherpetische Neuralgie
Die häufigste Komplikation einer Herpes-zoster-Erkrankung stellt die postherpetische Neuralgie (PHN) dar, die als persistierende Nervenschmerzen definiert wird, welche über Monate oder sogar Jahre nach Abheilung des Hautausschlags anhalten können. Diese Schmerzen können schwerwiegend und beeinträchtigend sein. Sowohl die Inzidenz als auch der Schweregrad korrelieren deutlich mit dem Patient:innenalter, mit steigender Häufigkeit jenseits des 50. Lebensjahres.
Weitere Komplikationen
Bakterielle Superinfektionen der Bläschen
Narbenbildung nach Abheilung der Hautläsionen
Augenprobleme oder Sehverlust bei Beteiligung der Augenregion (Zoster ophthalmicus)
Neurologische Komplikationen: Enzephalitis, Meningoenzephalitis
Disseminierter Zoster: Bei Immundefizienz kann es zum disseminierten Zoster kommen, der nicht mehr segmental begrenzt ist, an multiplen Stellen auftreten und sekundär hämatogen generalisieren kann.
Wie wird Gürtelrose diagnostiziert?
Gürtelrose kann in der Regel anhand des charakteristischen Erscheinungsbilds des Hautausschlags und der Anamnese diagnostiziert werden. Das einzigartige Muster – ein streifenförmiger Bläschenausschlag auf einer Körperseite – ist oft ein eindeutiger Indikator für die Erkrankung. Die rein klinische Diagnose des Zoster weist in Untersuchungen, in denen die Diagnose im Labor bestätigt wurde, eine Spezifität von 60–90% auf, abhängig von Ausprägung und Lokalisation der Erkrankung.
Indikationen zur Labordiagnostik
Wenn die Diagnose unsicher ist, insbesondere bei atypischem Hautausschlag oder bei Komplikationen, kann eine Probe aus einem Bläschen zur Laboruntersuchung eingesandt werden. Methode der Wahl ist der VZV-Nukleinsäurenachweis mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Diese Methode ist besonders wichtig zur sicheren Klärung atypischer Krankheitsbilder, bei denen der Verdacht auf eine VZV-Infektion vorliegt sowie bei immundefizienten Personen.
Wie behandelt man Gürtelrose?
Bei immunkompetenten Patient:innen ist neben der sorgfältigen Hautpflege eine orale antivirale Therapie, beispielsweise mit Aciclovir, indiziert. Dadurch werden die Heilung der Läsionen und das Sistieren des mit Herpes zoster assoziierten Schmerzes beschleunigt. Bei Immungeschwächten sollte Aciclovir parenteral verabreicht werden. Das gilt auch für die Behandlung von Komplikationen. Aufgrund des relativ geringen Nebenwirkungsrisikos durch eine antivirale Medikation sollte eine antivirale Systemtherapie auch bei Patient:innen mit geringem Risiko für Folgeerscheinungen oder komplizierte Verläufe in Betracht gezogen werden.
Zur symptomatischen Therapie gehören Schmerzmittel, lokale Maßnahmen wie Calamine-Lotion oder kühle Kompressen beruhigen die Haut und lindern den Juckreiz. Das Sauberhalten und Trockenhalten des Hautausschlags verhindert sekundäre bakterielle Infektionen und stellt einen wichtigen Bestandteil der Gesamttherapie dar.
Wie kann man einer Gürtelrose vorbeugen?
Eine sichere und wirksame Impfung steht zur Verfügung, um Gürtelrose und ihre Komplikationen zu verhindern. Der Impfstoff ist hochwirksam und für Erwachsene ab 50 Jahren zugelassen, auch wenn sie bereits früher an Gürtelrose erkrankt waren. Eine Impfung reduziert das Risiko, an Gürtelrose und postherpetischer Neuralgie zu erkranken, erheblich. Seit Dezember 2018 empfiehlt die STIKO zum Schutz vor Herpes zoster, seinen Komplikationen und Spätfolgen allen Personen ab dem Alter von 60 Jahren die Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-subunit-(HZ/su)Totimpfstoff als Standardimpfung. Die Impfung besteht aus zwei Impfdosen, die im Abstand von mindestens zwei bis maximal sechs Monaten zu verabreichen sind.
Aufgrund des erhöhten Risikos für immunsupprimierte Personen und Patient:innen mit anderen schweren Grundkrankheiten, an Herpes zoster und seinen Komplikationen wie der postherpetischen Neuralgie zu erkranken, empfiehlt die STIKO außerdem Personen ab einem Alter von 50 Jahren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit die Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff als Indikationsimpfung.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Gürtelrose
Rund um das Thema Gürtelrose stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen: zur Diagnose, zu Behandlungsmöglichkeiten, zu Nebenwirkungen oder zum Alltag mit der Erkrankung. In dieser Patient:innen-FAQ finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen.
Literatur:
- (1)
RKI - Windpocken (Varizellen), Gürtelrose (Herpes zoster), abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/RKI-Ratgeber/Ratgeber/Ratgeber_Varizellen.html
- (2)
WHO: Shingles (herpes zoster), abrufbar unter: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/shingles-(herpes-zoster)
- (3)
Gross G et al. (2020) S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie, GMS Infectious Diseases, DOI: 10.3205/id000045