Freitag, 26. April 2024
Navigation öffnen
Gesundheitspolitik

Tarifbezahlung in der Pflege greift – Warnungen vor Mehrbelastung

Tarifbezahlung in der Pflege greift – Warnungen vor Mehrbelastung
© godfather – stock.adobe.com
Die verpflichtende Tarifbezahlung verbessert die Bedingungen für viele Pflegekräfte. Doch höhere Löhne führen auch zu höheren Kosten – die Sorgen vor finanziellen Nöten der Pflegebedürftigen sind groß.
Die verpflichtende Tarifbezahlung in der Altenpflege greift – der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor diesem Hintergrund vor Preissteigerungen für die Betroffenen. Dazu dürfe es nicht kommen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur in Berlin und appellierte an die Ampel-Koalition, versprochene Reformen zur Finanzierung der Pflege zügig anzugehen. Sozialverbände hatten bereits vor höheren Kosten für Pflegebedürftige beziehungsweise ihre Angehörigen gewarnt. Auch die Arbeitgeberseite warnte vor Mehrkosten.

Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste müssen von diesem Donnerstag an nach Tarifverträgen oder ähnlich zahlen, um weiterhin mit den Pflegekassen abrechnen zu können. Die gesetzliche Vorgabe war noch von der alten schwarz-roten Bundesregierung auf den Weg gebracht worden – auch um dringend gesuchte Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen. Inzwischen haben rund 90% aller Einrichtungen eine entsprechende verpflichtende Rückmeldung zur Tariftreue abgegeben, wie der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) auf dpa-Anfrage mitgeteilt hatte.

„Tariftreue ist eine gute Nachricht für die Beschäftigten in der Pflege, die schon viel zu lange auf faire Löhne gewartet haben“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Piel. „Die Kosten dafür jetzt den Pflegebedürftigen und ihren Familien anzulasten, ist aber ein Skandal.“ Pflegebedürftige brauchten Entlastungen, mahnte sie. „Preissteigerungen von mehreren hundert Euro pro Monat plus steigende Energie- und Lebensmittelkosten im Pflegeheim bedeuten für viele Menschen existenzielle Not.“

„Die gesetzlichen Vorgaben sind so, dass die nun entstehenden Mehrkosten am Ende von den Pflegebedürftigen über höhere Eigenanteile bezahlt werden müssen“, sagte der Vize-Chef des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), Gernot Kiefer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). „Das sollte der Gesetzgeber dringend ändern, damit diese Kosten mehr als heute solidarisch über die Pflegeversicherung finanziert werden können.“

Entlastungen für Heimbewohner

Teil der Pflege-Neuregelungen waren auch Entlastungen für Heimbewohner. Sie bekommen seit Jahresbeginn neben den Zahlungen der Pflegekasse einen Zuschlag, der mit der Dauer des Heimaufenthalts steigt. Doch selbst zu zahlende Anteile stiegen zuletzt weiter und wurden davon nur teilweise abgefedert, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen ergab.

Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Für Heimbewohner kommen außerdem noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen hinzu.

Auch die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, mahnte, die Mehrkosten nicht auf die Pflegebedürftigen umzulegen. Sie forderte in der „Bild“-Zeitung eine „Deckelung der Pflegekosten, die sich an angemessenen Wohn- und Essenskosten orientiert – und an den Renten der Pflegeheimbewohner.“ Die Pflege müsse ihrer Ansicht nach künftig über die Steuer finanziert werden. Das Sozialsystem in der Pflege und Krankenversicherung sei nicht mehr zeitgemäß, sagte Vogler demnach.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Private Anbieter fordern „Inflationszuschuss“ für die Pflege

Erschienen am 23.06.2022Kostensteigerungen könnten sich für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auf 1.000 Euro im Monat summieren.

Erschienen am 23.06.2022Kostensteigerungen könnten sich für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auf 1.000 Euro im Monat summieren.

© Robert Kneschke – stock.adobe.com

Gehälter in der Pflege steigen aktuell

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete die verpflichtende Tarifbezahlung als „späten Dank“ für alle aktiven Pflegekräfte und ein gutes Zeichen an alle, die diesen wichtigen und erfüllenden Beruf ergreifen wollten. „Die Löhne der Pflegekräfte in den Heimen steigen erheblich, und das ist gewollt. Endlich wird ihre wichtige Arbeit besser entlohnt“, sagte der SPD-Politiker.

Das Gesundheitsministerium erläuterte, dass die Gehälter vieler Pflegekräfte aktuell erheblich stiegen. Nach vorliegenden Einschätzungen privater Einrichtungsträger machten die Steigerungen je nach Bundesland und Einrichtung zwischen 10 und 30% aus. Im Gegenzug seien Pflegekassen verpflichtet, die steigenden Lohnaufwendungen bei Verhandlungen zur Vergütung von Pflegeleistungen zu berücksichtigen und damit eine Finanzierung der Tarifbezahlung zu gewährleisten.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Debatte über sozialen Pflichtdienst

Erschienen am 15.06.2022Seit die Wehrpflicht ausgesetzt wurde und damit auch der Zivildienst, gibt es nur noch Freiwilligendienste. Wird sich dies wieder ändern?

Erschienen am 15.06.2022Seit die Wehrpflicht ausgesetzt wurde und damit auch der Zivildienst, gibt es nur noch...

© Halfpoint – stock.adobe.com
Der Arbeitgeberverband Pflege erklärte, die Altenpflege müsse gut bezahlt werden, damit auch junge Menschen sich für diesen Beruf entscheiden. Bei der Finanzierung mahnte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, Thomas Greiner, dass die Pflegekassen die zusätzlichen Kosten der Lohnerhöhungen übernehmen müssten. „Hier darf es kein würdeloses Geschacher geben, denn die Pflegeunternehmen können es gerade jetzt nicht verkraften, das Geld vorzustrecken“, erklärte er. Bei der Finanzierung der Eigenanteile von Pflegebedürftigen müsse Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sich bewegen, forderte er.

Quelle: dpa


Sie können folgenden Inhalt einem Kollegen empfehlen:

"Tarifbezahlung in der Pflege greift – Warnungen vor Mehrbelastung"

Bitte tragen Sie auch die Absenderdaten vollständig ein, damit Sie der Empfänger erkennen kann.

Die mit (*) gekennzeichneten Angaben müssen eingetragen werden!

Die Verwendung Ihrer Daten für den Newsletter können Sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der MedtriX GmbH - Geschäftsbereich rs media widersprechen ohne dass Kosten entstehen. Nutzen Sie hierfür etwaige Abmeldelinks im Newsletter oder schreiben Sie eine E-Mail an: rgb-info[at]medtrix.group.