Erhöhtes Risiko für VTE und Blutungen bei Tumorpatient:innen
Tumorpatient:innen weisen abhängig von der Tumorart ein im Schnitt um das 4- bis 7-fach
erhöhtes Risiko für VTE auf. Gleichzeitig ist bei ihnen auch das Blutungsrisiko um das Doppelte erhöht, wie Prof. Dr. Birgit Linnemann, Regensburg, erläuterte. Studien zur Effektivität und Sicherheit von Faktor-Xa-Inhibitoren in dieser Patient:innengruppe haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass alle untersuchten Präparate im Vergleich zu NMH mehr Rezidiv-VTE verhindern konnten. Zwar kam es dabei auch zu mehr Blutungsereignissen; das Risiko für schwere Blutungen war aber in einer Metaanalyse insgesamt nicht signifikant erhöht.
Hohes Blutungsrisiko bei Tumorpatient:innen unter Endoxaban und Rivaroxaban
Vorsicht ist dennoch geboten bei Patient:innen mit gastrointestinalen Tumoren, betonte Prof. Dr. Rupert Bauersachs, Frankfurt, denn bei diesen traten schwere Blutungen unter Endoxaban und Rivaroxaban häufiger auf als unter NMH.
Keine vermehrten schweren Blutungen unter Apixaban bei Tumorpatient:innen
Unter Apixaban (Eliquis
®) dagegen zeigte sich dies nicht. Wie weitere aktuelle Analysen ergaben, ist Apixaban auch bei Patient:innen mit einer eingeschränkten Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsrate < 60 ml/min/1,73m
2) vergleichbar wirksam und
sicher wie bei Patient:innen mit normaler Nierenfunktion. Die gleichzeitige Anwendung von Anti-Krebstherapien hatte keinen Einfluss auf das Risiko von VTE-Rezidiven oder schweren Blutungen unter Behandlung mit Apixaban oder Dalteparin.
Apixaban oder NMH bei Tumorpatient:innen?
Wie Bauersachs weiter erläuterte, haben aktuelle Leitlinienempfehlungen diese neueren Daten aufgenommen: Die CHEST-Guidelines empfehlen nun Faktor Xa-Inhibitoren für die Akut- und Behandlungsphase gegenüber NMH. Die Onkopedia-Leitlinie sieht beide Optionen als gleichwertig an, die American Society for Hematology bervorzugt DOAKs in den ersten Tagen und Monaten der Behandlung und sieht sie in der Langzeitbehandlung als gleichwertig mit NMH an. Laut CHEST-Guideline könnten Apixaban oder NMH bei Patient:innen mit luminalen GI-Malignomen die bevorzugte Option sein.
NMH bei Tumorpatient:innen mit hohem Blutungsrisiko, DOAKs bei Tumorpatient:innen mit niedrigem Blutungsrisiko
Aus der Sicht von Bauersachs ist die Entscheidung für die eine oder andere Option keine Dauerentscheidung – vielmehr sollte sie an die sich verändernde individuelle Situation angepasst werden. Er empfiehlt den Einsatz von
NMH insbesondere bei instabilen Patient:innen mit hohem Blutungsrisiko, etwa bei Chemotherapie, Erbrechen und Thrombopenie. DOAKs haben aus seiner Sicht einen größeren Stellenwert bei stabilen Patient:innen mit niedrigem Komplikationsrisiko und hoher Lebensqualität.
Quelle: Symposium „Venöse Thrombembolien – Aktueller Stand: Antikoagulation bei Risikogruppen“, 01. 05.2022, im Rahmen des DGIM; Veranstalter: BMS/Pfizer