Sonntag, 28. April 2024
Navigation öffnen
Medizin

Herzinsuffizienz: Prognose mit Blick in die Augen?

Herzinsuffizienz: Prognose mit Blick in die Augen?
© Immanuel Albertinen Diakonie
Augen sagen mehr als tausend Worte. Sie sind nicht nur Spiegel der Seele, sondern lassen bisweilen den Zustand innerer Organe erkennen. Einige Krankheiten wie etwa Alzheimer, Morbus Parkinson, Depressionen, Diabetes, Rheuma, Fettstoffwechselstörungen, Schilddrüsenerkrankungen oder Bluthochdruck lassen sich auch mit einem Blick in die Augen ablesen. Doch lässt sich auch der Verlauf einer Herzinsuffizienz anhand der Pupillengröße und der Reaktion der Pupille auf einen Lichtreiz vorhersagen? Ein Team aus Ärzt:innen und Forschenden am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, geht dieser Frage in einer umfassenden Studie nach.

Herzinsuffizienz: Lässt sich der Verlauf anhand der Augen erkennen?

Ob sich bei Patient:innen anhand der Augen auch der Verlauf einer Herzinsuffizienz vorhersagen lässt, untersucht jetzt ein Team aus Ärzt:innen und Forschenden am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, in einer umfassenden Studie. Die Forschungsarbeit mit dem Titel „Die Pupillometrie zur Vorhersage von patientenrelevanten Endpunkten bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz (PURE)” wird von der Deutschen Herzstiftung mit 68.120 Euro gefördert. „Die Herzinsuffizienz kann einen dramatischen Verlauf bis hin zur notfallmäßigen Klinikeinweisung nehmen. Gefragt sind deshalb innovative diagnostische Verfahren, die frühe Anzeichen einer solchen Entgleisung der Herzschwäche erkennen lassen. Für neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet fördern wir deshalb die Studie am Herzzentrum Brandenburg“, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Prof. Dr. Thomas Voigtländer.

Mithilfe der Pupillometrie Leben retten

Herzinsuffizienz ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen. In Deutschland leiden rund 4 Millionen Menschen an Herzschwäche. Das Problem: „Bislang lässt sich schlecht vorhersagen, wie der Verlauf einer Herzinsuffizienz ist. Manche Patient:innen sind unter der medikamentösen Therapie lange stabil, andere jedoch erleiden nach kurzer Zeit einen schweren Rückfall“, sagt Dr. Tanja Kücken, Oberärztin Funktionsdiagnostik/Ultraschall im Herzzentrum Brandenburg in Bernau und Studienleiterin. Fast eine halbe Million Menschen hierzulande muss jährlich mit einer akuten kardialen Dekompensation, als Notfall ins Krankenhaus. Die Betroffenen leiden an lebensgefährlichen Wasseransammlungen in der Lunge, an starker Kurzatmigkeit oder gar schwerer Atemnot. Rund 40.000 von ihnen sterben. Weitere tödliche Gefahren sind Herzinfarkt oder Schlaganfall. „Wenn wir mithilfe der Pupillometrie die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf inklusive Herz-Kreislauf-Komplikationen abschätzen könnten, würde man diese Patient:innen engmaschiger überwachen und auf eine erneute Dekompensation rechtzeitiger reagieren können“, erklärt Dr. Kücken.

Autonomes Nervensystem steuert Pupille und Herzschlag

Doch was haben die Augen mit dem Herzen zu tun? Bei einer Herzinsuffizienz kommt das autonome Nervensystem im Laufe der Erkrankung ins Ungleichgewicht. Es kompensiert nur noch eingeschränkt die bei Herzinsuffizienz-Patient:innen erhöhte Herzfrequenz. Hält dieser Zustand länger an, können weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. Da das autonome Nervensystem auch die Reaktion der Pupillen steuert, könnten möglicherweise nahende schwerwiegende Folgen am Herzen an den Pupillen abzulesen sein.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Erstmals nicht-invasive Diagnostik für Hochrisiko-Herzpatient:innen

Erschienen am 27.06.2023Erstmals nicht-invasive Diagnostik für Hochrisiko- Herzpatient:innen. Mehr erfahren Sie hier!

Erschienen am 27.06.2023Erstmals nicht-invasive Diagnostik für Hochrisiko- Herzpatient:innen. Mehr erfahren Sie hier!

© Tyler Olson - stock.adobe.com

Japanische Forscher finden erste Indizien

Erste Hinweise dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der Pupillenreaktion auf einen Lichtreiz sowie der Pupillengröße und der Prognose für Herzinsuffizienzpatienten besteht, haben japanische Wissenschaftler:innen um Dr. Kohei Nozaki vom Kitasato University Hospital, Sagamihara vor wenigen Jahren gefunden. „Doch die Ergebnisse lassen noch keine eindeutigen Rückschlüsse zu“, sagt Dr. Susanne Fichtner, Koordinatorin der Studie am Herzzentrum Brandenburg. Denn die individuellen Unterschiede in der Pupillengröße variieren zu sehr, als dass man allgemeine Rückschlüsse daraus ziehen könnte. Zudem beeinflussen bestimmte Substanzen wie Koffein, Nikotin, Medikamente oder bestimmte kognitive Beanspruchungen die Pupille. Auch unterscheiden sich die Pupillen-Eigenschaften bei Asiaten und Europäern.

Studie untersucht 100 Patient:innen mit Herzinsuffizienz

Aus diesem Grund gehen die Bernauer Herzspezialisten diesen ersten Indizien genauer auf den Grund. Sie untersuchen die Pupillen von 100 Studienteilnehmenden mit akuter Herzinsuffizienz. Die Erkrankten sind in der Regel 75- bis 80-jährige Patient:innen, die meist über die Rettungsstelle mit einer akuten kardialen Dekompensation ins Herzzentrum Brandenburg eingeliefert werden und stationär behandelt werden müssen. An einer Kontrollgruppe mit 55 gleichaltrigen herzgesunden Proband:innen nehmen Forschende der kooperierenden Universität Potsdam die Tests vor.

Welche Pupillenreaktionen sagen Herzrisiko voraus?

In einem ersten Experiment messen die Ärzt:innen nach der Klinikeinlieferung direkt am Krankenbett mit einem Handpupillometer die Reaktionen der Pupille auf einen Lichtreiz. Diese Messung wird kurz vor der Entlassung wiederholt. Die jüngst begonnene Studie ist auf die Dauer von 2 Jahren angelegt. Die Studienteilnehmenden werden nach 90 Tagen und Ablauf eines Jahres noch einmal kontaktiert. „Wir versuchen herauszufinden, ob bestimmte Messwerte wie etwa Durchmesser der Pupille, Geschwindigkeit der Reaktion, Beschleunigung, Latenz- und Entspannungszeit mit einem erhöhten Risiko für einen früheren Rückfall und andere gravierende Herz-Kreislauf-Komplikationen einhergehen“, erklärt Studienleiterin Dr. Kücken.

Auch die kognitive Leistungsfähigkeit wird per Eyetracker untersucht

In einem weiteren Versuch werden mit einem Eyetracker die Pupillen analysiert während die Studienteilnehmer:innen eine kognitive Aufgabe lösen. Die Patient:innen sollen bei diesem Versuch Zahlenreihen vorwärts und rückwärts wiedergeben, die ihnen während der Pupillenmessung per Lautsprecher vorgespielt werden. In einem 2. Durchgang wird die Zahlenreihe immer um eine Ziffer verlängert, wenn die Teilnehmenden alles richtig gemacht haben. Sinn und Ziel dieses 2. Experimentes ist es, die Pupillenreaktion auch bei geistiger Beanspruchung zu untersuchen. Finden die Bernauer Herzspezialisten in ihrer Studie entscheidende Pupillenwerte, ließe sich die Augenmessung als einfache, schnelle und kostengünstige Methode in Kliniken und Praxen etablieren, um das Risiko von Herzinsuffizienz-Patient:innen einzuschätzen und ihr Leben besser zu schützen.

Quelle: Deutsche Herzstiftung e. V.



Sie können folgenden Inhalt einem Kollegen empfehlen:

"Herzinsuffizienz: Prognose mit Blick in die Augen?"

Bitte tragen Sie auch die Absenderdaten vollständig ein, damit Sie der Empfänger erkennen kann.

Die mit (*) gekennzeichneten Angaben müssen eingetragen werden!

Die Verwendung Ihrer Daten für den Newsletter können Sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der MedtriX GmbH - Geschäftsbereich rs media widersprechen ohne dass Kosten entstehen. Nutzen Sie hierfür etwaige Abmeldelinks im Newsletter oder schreiben Sie eine E-Mail an: rgb-info[at]medtrix.group.