Einweg-E-Zigaretten bringen junge Erwachsene schneller in die Nikotinabhängigkeit als bisher angenommen
Eine neue Studie des LMU Klinikums München in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) spricht für ein hohes Suchtpotential von Einweg-E-Zigaretten. Die im Vorfeld des Weltnichtrauchertags am 31. Mai veröffentlichte Studie zeigt: Moderne „Vapes“ setzen Nikotin nahezu so schnell und effizient frei wie herkömmliche Zigaretten – mit dramatischen Folgen für das Abhängigkeitsrisiko [1].
Tabakkonsum bleibt globale Gesundheitsgefahr
Tabakkonsum ist weltweit die führende vermeidbare Todesursache – allein in Deutschland sterben laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) jährlich etwa 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Weltweit sind es nach Angaben der WHO über acht Millionen. Gleichzeitig kommen neue Nikotinprodukte auf den Markt: Neben Tabakerhitzern und Nikotinbeuteln erfreuen sich E-Zigaretten großer Beliebtheit. Besonders Einweg-E-Zigaretten („Disposables“) gelten als Trendprodukt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie erscheinen in auffälligen Farben, mit attraktiven Aromen und werden als weniger schädliche Alternative vermarktet. Wie riskant sie tatsächlich sind, wurde bislang kaum untersucht.
Studie zu Einweg-E-Zigaretten
Ein Forschungsteam des LMU Klinikums unter Leitung von PD Dr. Tobias Rüther und Dr. Andrea Rabenstein hat gemeinsam mit Dr. Elke Pieper (BfR) erste Ergebnisse zu Einweg-E-Zigaretten veröffentlicht. In einer randomisierten, 4-armigen Crossover-Studie mit 18 Proband:innen zwischen 19 und 28 Jahren wurden 2 E-Zigaretten mit einer klassischen Zigarettenmarke verglichen. Verwendet wurden die Disposables „Elfbar 600“ (20 mg/ml Nikotin, Aromen: Erdbeere-Kiwi und Tabak), das Pod-System „myBlu“ (18 mg/ml, Tobacco-Roasted-Blend) sowie Marlboro Red (0,8 mg Nikotin). Unter standardisierten Bedingungen wurden alle Produkte 5 Minuten lang ad libitum konsumiert. Während des 30-minütigen Studienablaufs erfasste das Team Zugverhalten, kardiovaskuläre Parameter, subjektive Effekte und nahm mehrfach Blutproben zur Bestimmung der Nikotinkinetik.
Schnellerer Anstieg der Nikotinkonzentration durch E-Zigaretten
Das zentrale Ergebnis: Die getesteten Elfbar-Disposables erreichten Konzentrationen im Blutplasma von 7,1 ng/ml (Erdbeere-Kiwi) bzw. 6,9 ng/ml (Tabak) – nahezu auf dem Niveau von Marlboro-Zigaretten mit 8,1 ng/ml. Das myBlu-Pod-System lag mit 3,1 ng/ml deutlich darunter. Besonders auffällig: Der Nikotinanstieg war bei den Einwegprodukten am schnellsten – bereits innerhalb der ersten Minute nach Konsumbeginn. Die maximale Konzentration wurde bei Elfbar nach 5 (Erdbeere-Kiwi) bzw. 6 (Tabak) Minuten erreicht – schneller als bei herkömmlichen Zigaretten (8 Minuten). Der rasche Anstieg der Nikotinkonzentration in der Anfangsphase gilt als maßgeblicher Faktor für das Abhängigkeitspotenzial. Laut der Studie stellen Disposables somit die Suchtform mit der stärksten Nikotinanflutung unter den getesteten Produkten dar. Zudem berichteten die Proband:innen eine größere Befriedigung und stärkeren Wunsch nach erneutem Konsum – insbesondere bei der Erdbeere-Kiwi-Variante.
Hohes Risiko für dauerhafte Nikotinabhängigkeit
„Dass die neuen Einweg-E-Zigaretten eine so schnelle und hohe Nikotinabgabe bieten, überrascht nicht nur, es beunruhigt uns sehr“, sagt Studienletztautor PD Dr. Tobias Rüther, Oberarzt am LMU Klinikum. „Gerade junge Erwachsene laufen Gefahr, durch die hohe, schnelle Nikotinabgabe dieser Produkte in eine dauerhafte Abhängigkeit zu geraten.“ Auch die weiteren Autorinnen Dr. Andrea Rabenstein, Christin Falarowski und Anna Rahofer berichten, dass in der Tabakambulanz zunehmend junge Erwachsene erscheinen, die über soziale Medien erstmals mit den Produkten in Kontakt kamen – und heute abhängig sind.
Aufklärung und Werbebeschränkungen dringend nötig
Mit Blick auf den Weltnichtrauchertag fordern die Forschenden daher eine strengere Marktregulierung – insbesondere hinsichtlich Aromen, Verpackungsgestaltung und Werbung, auch auf Social Media. Zudem empfehlen sie bundesweite Präventionskampagnen zur Aufklärung über die Risiken von Einweg-E-Zigaretten. „Nur mit klaren Regeln und gezielter Prävention können wir verhindern, dass eine neue Generation ungewollt in die Nikotinsucht abrutscht“, so Rüther.
Quelle:LMU Klinikum Münche
Literatur:
- (1)
Falarowski C. et al. (2025) Disposable e-cigarettes and their nicotine delivery, usage pattern, and subjective effects in occasionally smoking adults, Sci Rep 2025 May 9;15(1):16270, DOI: 10.1038/s41598-025-97491-5.