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Herzklappen bei Kindern: Austausch alle 5–10 Jahre nötig

Erkrankungen der Herzklappen zählen weltweit zu den häufigsten erworbenen und angeborenen Herzerkrankungen. Jährlich kommen etwa 160.000 Kinder mit einem Defekt der Pulmonalklappe zur Welt, in Deutschland betrifft dies rund 800 Neugeborene pro Jahr.

Bisher standen für den Ersatz dieser Klappe Prothesen mit Segeln aus tierischem Gewebe von Rindern oder Schweinen zur Verfügung. Diese Klappen sind jedoch nur begrenzt haltbar und müssen regelmäßig ersetzt werden. Ein besonderes Problem besteht bei Kindern: Die Ersatzklappen wachsen nicht mit und müssen etwa alle 5–10 Jahre ausgetauscht werden. Jede dieser Operationen bedeutet eine hohe Belastung für die jungen Patient:innen.

Schonender Eingriff mit langfristiger Perspektive

PD Dr. med. Boris Schmitt, Kinderarzt am DHZC, arbeitet mit seinem Team seit 2010 an den individuell angefertigten Herzklappen aus körpereigenem Gewebe, die vom Immunsystem akzeptiert werden und sich idealerweise dem Wachstum des Körpers anpassen. Hierfür wird Gewebe aus dem Herzbeutel der Patient:innen entnommen, zu neuen Klappensegeln geformt und in einem Drahtgerüst fixiert. Dieses wird komprimiert, über einen dünnen Katheter unter Röntgenkontrolle an die exakte Position im Herzen geführt und dort entfaltet – ganz ohne Operation am offenen Herzen. Der Eingriff dauert nur wenige Stunden.

„Der entscheidende Vorteil unserer Innovation liegt in der Verwendung körpereigenen Gewebes“, erklärt Dr. Schmitt. „Diese Klappen werden vom Immunsystem nicht als fremd erkannt. Sie werden zunächst vom Blutstrom mit Nährstoffen versorgt und im Laufe der Zeit bilden sich sogar Zellschichten aus. Die Segel der Herzklappe bleiben dadurch gleichsam lebendig, können sich regenerieren und an die Bedürfnisse des Körpers anpassen." Zwei Patient:innen wurden bereits erfolgreich behandelt.

Zwei Patient:innen bereits erfolgreich behandelt

Nach intensiven Vorstudien und einem aufwändigen Zulassungsprozess wurde das Verfahren nun erstmals für den Einsatz am Menschen genehmigt. Aktuell läuft am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) die Studie GECT-DZHK28, die zunächst die Sicherheit der Methode bei sieben jungen Erwachsenen mit angeborenem Lungenklappendefekt untersucht. Sollte sich die Machbarkeit und Unbedenklichkeit bestätigen, ist eine größere Folgestudie geplant, die dann auch Kinder einschließen soll.

Einsatz auch bei anderen Herzklappen geplant

Derzeit ist das Verfahren ausschließlich für den Ersatz der Pulmonalklappe zugelassen. Zukünftig soll die Technologie jedoch auch auf weitere Herzklappen wie die Aortenklappe ausgeweitet werden, die besonders hohen mechanischen Belastungen standhalten muss.

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Quelle:

Deutsches Herzzentrum der Charité