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Selbsttests für Hormone: Vielfalt in Anwendung und Preis

Ob Schilddrüsenhormone oder das Anti-Müller-Hormon, das Rückschlüsse auf die weibliche Fruchtbarkeit erlaubt – mittlerweile gibt es für zahlreiche Hormone Selbsttests. Erhältlich sind sie in Drogerien, Supermärkten oder bequem per Online-Bestellung. Einige Tests liefern ein unmittelbares Ergebnis über Teststreifen. Andere Verfahren erfordern die Einsendung von Urin-, Speichel- oder Blutproben an ein Labor. Die Auswertung erfolgt anschließend per E-Mail oder Post. Auch preislich unterscheiden sich die Angebote deutlich. Je nach Testverfahren können Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro anfallen, so Alexander Mann von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie.

Zweifel an Qualität und Aussagekraft der Selbsttests

Ob sich die teils hohen Kosten für Hormon-Selbsttests lohnen, bezweifeln Fachleute – aus mehreren Gründen. „Die Qualität dieser Selbsttests ist schwer zu beurteilen. In der Regel wird nämlich nicht angegeben, mit welcher Methode gemessen wird, ob sie bewährt ist und qualitätskontrolliert“, sagt Alexander Mann von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie.

Hinzu kommen zahlreiche potenzielle Fehlerquellen – insbesondere im Bereich der Präanalytik, also dem, was vor der eigentlichen Laboranalyse geschieht. Zu wenig Speichel im Probenröhrchen, falsche Lagerungstemperaturen oder unsachgemäße Handhabung können die Ergebnisse verfälschen. Auch die anschließende Testung selbst ist anfällig für Ungenauigkeiten. Ob ein zertifiziertes Labor verwendet wird, welche Analysemethoden zur Anwendung kommen oder ob qualitätsgesicherte Prüfverfahren bestehen – all das bleibt bei vielen Selbsttests offen.

Biologische Schwankungen erschweren genaue Messung

Hormonwerte lassen sich nur schwer eindeutig bestimmen, da sie natürlichen Schwankungen unterliegen. Der Spiegel vieler Hormone variiert im Tagesverlauf und wird zusätzlich durch äußere Faktoren beeinflusst – etwa durch Ernährung, Stress, Schlafrhythmus oder Schichtarbeit. Eine punktuelle Messung im Selbsttest kann diese Dynamik kaum abbilden. Zudem sind die Verfahren häufig aufwendiger, als es zunächst erscheint. Besonders bei Tests, die eine Blutprobe erfordern, stoßen Laien schnell an Grenzen. Die dafür notwendige Blutmenge lässt sich aus dem Finger nur schwer und oft unter Schmerzen gewinnen.

Hormon-Selbsttests zielen meist auf gesunde Nutzer:innen ab

Besonders problematisch: Die Zielgruppe besteht nicht aus älteren oder vorerkrankten Menschen, deren Diagnostik ärztlich begleitet und von den Krankenkassen übernommen wird. Stattdessen richten sich die Angebote oft an gesunde Personen, denen vermittelt wird, sie müssten ihre Biomarker regelmäßig kontrollieren – selbst ohne Beschwerden. Aus medizinischer Sicht besteht für gesunde Menschen jedoch meist kein Anlass für einen Hormontest.

Hersteller sichern sich rechtlich ab, indem sie auf den Verpackungen darauf hinweisen, dass die Verfahren nicht für diagnostische oder therapeutische Zwecke geeignet sind. Die Ergebnisse können daher allenfalls eine grobe Orientierung liefern. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass sich Anwender:innen durch die Resultate verunsichern – entweder durch fälschliche Krankheitsvermutungen oder trügerische Entwarnung. Empfohlen wird daher, bei Beschwerden stets ärztlichen Rat einzuholen. Nur im Zusammenhang mit der individuellen Krankengeschichte und einer körperlichen Untersuchung lassen sich Laborergebnisse korrekt bewerten.

Schwangerschaftstest als einzig etabliertes Selbsttest-Verfahren

Insgesamt sprechen sich die Experten weitgehend gegen die Nutzung von Hormon-Selbsttests aus. Die Suche nach validen und medizinisch sinnvollen Direct-to-Consumer-Angeboten bleibt bislang erfolglos – mit einer wichtigen Ausnahme: dem Urin-Schwangerschaftstest. Dieser gilt als etabliert, zuverlässig und medizinisch sinnvoll eingebunden. Nach einem positiven Ergebnis erfolgt in der Regel die direkte ärztliche Anbindung, etwa zur Bestätigung und weiteren Betreuung. Dadurch ist der Test in ein professionelles Versorgungssystem eingebettet und kann als gelungenes Beispiel für einen funktionierenden Selbsttest gelten.

Quelle:

dpa

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