Muskelzusammensetzung als möglicher Biomarker für chronische Rückenschmerzen
Eine groß angelegte Studie der Technischen Universität München (TUM) liefert neue Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Muskelzusammensetzung und chronischen Rückenschmerzen. Die Ergebnisse zeigen, wie bildgebende Verfahren und künstliche Intelligenz helfen können, Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.
Chronische Rückenschmerzen belasten Gesellschaft und Gesundheitssystem
Rückenschmerzen betreffen über 80 Millionen Menschen in Europa und stellen die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit dar. Halten die Beschwerden länger als drei Monate an, gelten sie als chronisch, schränken die Lebensqualität erheblich ein und verursachen hohe Kosten im Gesundheitssystem. Die Ursachen sind meist multifaktoriell und treten häufig gemeinsam mit anderen muskuloskelettalen Erkrankungen auf. Faktoren wie Bewegung, Ernährung und Lebensstil spielen sowohl in der Therapie als auch in der Prävention eine zentrale Rolle. Moderne Ganzkörper-MRTs in Kombination mit künstlicher Intelligenz ermöglichen es, die Körperzusammensetzung und Veränderungen der Rückenmuskulatur präzise zu analysieren, die bei chronischen Rückenschmerzen eine entscheidende Rolle spielen könnten.
MRT-Analyse von mehr als 27.000 Teilnehmer:innen
Im Rahmen der Untersuchung analysierten die Forschenden die Ganzkörper-MRT-Daten von 27.518 NAKO-Teilnehmer:innen im Alter von 19 bis 74 Jahren. 21,8% berichteten von chronischen Rückenschmerzen. Mittels MRT-basierter und KI-gestützter Muskelsegmentierungen wurde die Rückenmuskulatur markiert und zwischen verfetteter und nicht verfetteter Muskulatur unterschieden. In die statistische Auswertung flossen verschiedene Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, körperliche Aktivität sowie Begleiterkrankungen wie Diabetes, Dyslipidämie, Osteoporose oder Osteoarthritis ein – allesamt Parameter, die nachweislich die Muskelzusammensetzung beeinflussen [1].
Muskelmasse und Aktivität senken Risiko für Rückenschmerzen
Die Auswertung zeigte, dass ein höherer Anteil an muskulärem Fettgewebe mit einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit für chronische Rückenschmerzen einherging. Umgekehrt war eine größere Muskelmasse mit einem geringeren Risiko assoziiert. Zudem fanden die Forschenden Hinweise darauf, dass regelmäßige körperliche Aktivität, wie sie die Weltgesundheitsorganisation mit 150 Minuten moderater bis intensiver Bewegung pro Woche empfiehlt, am stärksten mit einer niedrigen Rückenschmerzrate verbunden war. Sowohl ein Mangel an Bewegung als auch übermäßige körperliche Belastung erhöhten hingegen das Risiko.
Notwendigkeit weiterer Studien betont
Im Hinblick auf die Aussagekraft der Ergebnisse betonen die Autor:innen noch einige Einschränkungen: „Das Studiendesign, das auf Daten zu einem Zeitpunkt basiert, ermöglicht lediglich Aussagen über Assoziationen. Gerade für den Rückenschmerz, der durch viele Faktoren beeinflusst werden kann, sind weiterführende Studien erforderlich, die Kausalzusammenhänge und zugrundeliegende Mechanismen näher untersuchen“, sagt Sebastian Ziegelmayer, Wissenschaftler und Arzt am TUM Klinikum. „Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse einen Impuls für weitere Studien geben, der die Entwicklung individualisierter Managementstrategien ermöglicht und so die wirtschaftliche und gesellschaftliche Belastung durch chronische Rückenschmerzen reduziert.“
Quelle:NAKO e.V. / NAKO Gesundheitsstudie
Literatur:
- (1)
Ziegelmayer S. et al. (2025) Intermuscular adipose tissue and lean muscle mass assessed with MRI in people with chronic back pain in Germany: a retrospective observational study, The Lancet Regional Health, DOI: 10.1016/j.lanepe.2025.101323