Schlaganfall bei Kindern: Thrombektomie und standardisierte Abläufe etabliert
Ein Schlaganfall gilt als typische Erkrankung im höheren Lebensalter. Doch auch Kinder können betroffen sein – wenn auch selten. Die Neuroradiolog:innen des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) führten allein im vergangenen Jahr 2 Thrombektomien bei Kleinkindern erfolgreich durch. Um für solche Ausnahmesituationen besser gerüstet zu sein, haben die beteiligten Ärzt:innen ihre Erfahrungen in einem Leitfaden gebündelt
Unspezifische Symptome erschweren frühe Diagnose
In Deutschland werden jährlich etwa 300 bis 500 Schlaganfälle bei Kindern diagnostiziert. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein, da die Symptome oft nicht als solche erkannt werden. Schlaganfälle zählen dennoch zu den 10 häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Über die Hälfte der betroffenen Kinder behält bleibende Einschränkungen. Besonders bei Kleinkindern erschwert die unspezifische Symptomatik die schnelle Diagnose und wertvolle Zeit für eine erfolgreiche Therapie geht oft verloren.
Schnelle Reaktion ermöglicht erfolgreiche Behandlung eines 2-jährigen
Dass eine gezielte Therapie möglich ist, bewiesen die Mediziner:innen des UKL im vergangenen Jahr: Jun.-Prof. Dr. Cindy Richter entfernte bei 2 Kleinkindern erfolgreich Blutgerinnsel aus den Hirngefäßen – mithilfe spezieller, sehr feiner Katheter. Einer der Fälle betraf einen 2-jährigen Jungen aus Thüringen, bei dem dank aufmerksamer Eltern und Notfallsanitäter schnell ein Schlaganfallverdacht gestellt wurde. Die Diagnose erfolgte umgehend durch die Kinderradiologie, die Behandlung im engen Zeitfenster durch die Neuroradiologie. Heute geht es dem Kind gut, die Lähmungserscheinungen sind weitgehend zurückgegangen.
Interdisziplinäre Expertise ermöglicht standardisierte Akutversorgung
Erfolgreiche Schlaganfallbehandlungen bei Kindern erfordern ein koordiniertes Zusammenspiel mehrerer Fachdisziplinen. Am UKL arbeiten sieben verschiedene Bereiche eng zusammen – darunter Kinderradiologie, Neuroradiologie, Anästhesie und Pädiatrie. Das Klinikum gehört zu den wenigen Einrichtungen in Deutschland, die eine Thrombektomie bei Kindern durchführen können. „Anders als bei Erwachsenen gibt es kaum Erfahrungswerte, wir mussten uns dieses Wissen selbst erarbeiten“, betont Dr. Richter. Die Abläufe wurden inzwischen in einer standardisierten Arbeitsanweisung festgehalten.
Alarmsymptome auch bei Kindern ernstnehmen
„Es ist uns wichtig, auf die seltene, aber reale Gefahr von Schlaganfällen bei Kindern aufmerksam zu machen“, sagt Dr. Siekmeyer. Besonders gefährdet sind Kinder mit angeborenen Herzfehlern, Gerinnungsstörungen oder Gefäßerkrankungen. Auch Infektionen des zentralen Nervensystems können Auslöser sein. Dr. Siekmeyers Appell an Eltern und medizinisches Fachpersonal: „Ziehen Sie bei entsprechenden Symptomen auch bei Kindern einen Schlaganfall in Betracht und wenden Sie sich schnell an ein spezialisiertes Zentrum.“ Nur so kann eine Behandlung im entscheidenden Zeitfenster erfolgen.
Quelle:Universitätsklinikum Leipzig