Mittwoch, 11. Dezember 2024
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Adipositas

von David Meier

Adipositas
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Adipositas ist durch eine krankhafte Zunahme von Körperfett gekennzeichnet. Besonders in Industrienationen stellt die Erkrankung ein wachsendes gesundheitliches Problem dar. In Deutschland sind etwa 20% der Menschen adipös. Bis 2035 wird sich diese Zahl bis auf ca. 36% erhöhen (1). Umso wichtiger ist es, dass Adipositas als chronische Erkrankung wahrgenommen und adäquat behandelt wird.
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Klassifikation von Adipositas

Adipositas bezeichnet eine übermäßige Ansammlung von Körperfett, die die Gesundheit beeinträchtigen kann. Die Diagnose erfolgt häufig durch den Body-Mass-Index (BMI), wobei ein Wert über 30 kg/m² als adipös gilt.
 
  • Grad I: BMI 30-34,9 kg/m²
  • Grad II: BMI 35-39,9 kg/m²
  • Grad III (schwere Adipositas): BMI ≥40 kg/m²

Hoher Kalorienkonsum und mangelnde Bewegung als Hauptursache für Adipositas

Adipositas ist multifaktoriell bedingt. Hauptursachen sind eine positive Energiebilanz durch hohen Kalorienkonsum und Bewegungsmangel. Ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch führt zur Speicherung von überschüssiger Energie in Form von Fettgewebe.

Genetische Ursachen für Adipositas

Es gibt jedoch auch eine genetische Komponente bei der Entwicklung von Adipositas. Die genetischen Ursachen von Adipositas umfassen polygenetische Einflüsse, bei denen viele Gene mit geringem Einfluss zusammen das Risiko erhöhen, sowie seltene monogenetische Formen, wie Mutationen im Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R)- oder Proopiomelanocortin (POMC)-Gen, die die Appetitregulation und den Energiehaushalt stören (2). Außerdem kann Adipositas auch als Komorbidität einer genetischen Erkrankung auftreten. Beispiele dafür sind das Prader-Willi-Syndrom, das Kleefstra-Syndrom, das Börjeson-Forssman-Lehmann-Syndrom oder das Carpenter-Syndrom.

Psychologische Faktoren

Psychologische Einflüsse wie Stress, Depressionen und Essstörungen sind ebenfalls wichtige Ursachen für Adipositas. Viele Menschen nutzen Essen als Mittel zur Bewältigung von Stress oder Trauer. Dabei wird häufig hochkalorische Nahrung verzehrt.
 
 

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Stigmatisierung verschlechtert die psychische Gesundheit bei Adipositas

Erschienen am 04.03.2024Stigmatisierung ist ein wichtiger Faktor für die schlechte psychische Gesundheit vieler Menschen mit Adipositas ist. Mehr dazu lesen Sie hier!

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Sozio-kulturelle Faktoren

Sozio-kulturelle Faktoren spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Durch die sich verändernde Arbeitswelt in den letzten 50 Jahren, gehen viele Menschen sitzenden Tätigkeiten nach und bewegen sich weniger. Gleichzeitig ist es zu einer niederschwelligen und kostengünstigen Verfügbarkeit von hochkalorischen Lebensmitteln und zu einer Zunahme der Portionsgrößen gekommen. Werbeeinflüsse und gesellschaftliche Normen, die bestimmte Körperbilder propagieren, können ebenfalls Essverhalten und Selbstwahrnehmung negativ beeinflussen, was zu einem Teufelskreis aus Diäten und Gewichtszunahme führt.

Hormonelle Einflüsse: Die Rolle von Leptin, Ghrelin und Insulin bei Adipositas

Leptin, Ghrelin und Insulin sind zentrale Hormone bei der Regulation der Energieaufnahme und des Energieverbrauchs. Leptin, das hauptsächlich im Fettgewebe produziert wird, signalisiert dem Gehirn, dass genügend Energie vorhanden ist, wodurch der Appetit gedämpft wird. Eine Leptinresistenz, bei der das Gehirn auf hohe Leptinmengen nicht richtig reagiert, kann zu einer unkontrollierten Nahrungsaufnahme führen. Das gastrointestinale Hormon Ghrelin wirkt antagonistisch zu Leptin und führt zu einer Steigerung des Appetits. Vor den Mahlzeiten steigt der Ghrelin-Spiegel und nimmt mit dem Essen ab. Nach einer Gewichtsreduktion steigt der Ghrelin-Spiegel ebenfalls an. Durch häufige Diäten kann es zu einem permanent hohen Ghrelin-Spiegel kommen, was eine Ursache für den Jo-Jo-Effekt ist. Eine Insulinresistenz kann ebenfalls zur Entstehung von Adipositas beitragen, da erhöhte Blutzuckerspiegel zu einer vermehrten Umwandlung von Glucose zu Fettsäuren führen (Lipidsynthese). Außerdem fördert Insulin die Aufnahme von freien Fettsäuren aus dem Blut und deren Speicherung im Fettgewebe.

Adipositas erhöht das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Krebs

Adipositas ist oft mit chronischen Entzündungsprozessen verbunden. Fettzellen, insbesondere viszerales Fett, können entzündungsfördernde Zytokine produzieren, die eine systemische Entzündungsreaktion auslösen. Diese Entzündung trägt zur Insulinresistenz bei und erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Daneben erhöht Adipositas das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen, wie Darm-, Nieren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Übergewicht das Risiko für Multiple Sklerose erhöhen kann, sowie bei der Entstehung von Demenzerkrankungen beteiligt ist.

Behandlung der Adipositas

Die Therapie der Adipositas ist multidisziplinär und umfasst eine Vielzahl von Ansätzen, die individuell auf die Patient:innen abgestimmt werden. Die Hauptziele sind die Reduktion des Körpergewichts, die Verbesserung der körperlichen Gesundheit und die Prävention von Folgeerkrankungen (3). Die wichtigsten Therapieansätze sind Ernährungsumstellungen und Verhaltenstherapien. Bei schwereren Fällen können medikamentöse Therapien oder chirurgische Eingriffe in Frage kommen.

Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität

Eine ausgewogene, kalorienreduzierte Ernährung ist zentral. Der Fokus liegt auf einer ausreichenden Versorgung mit Nährstoffen bei gleichzeitiger Reduktion der Kalorienzufuhr. Besonders wirksam sind Ernährungspläne, die einen höheren Anteil an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und mageren Proteinen beinhalten. Regelmäßige körperliche Bewegung ist essenziell für den Energieverbrauch und die Muskelmasseerhaltung. Empfohlen werden mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche, wie z.B. Walking, Schwimmen oder Radfahren. Krafttraining kann ebenfalls helfen, den Stoffwechsel zu erhöhen.

Verhaltenstherapien helfen Essgewohnheiten zu verändern

Verhaltensänderungen sind notwendig, um langfristige Erfolge zu erzielen. Verhaltenstherapien können helfen, Essgewohnheiten zu verändern, Stressmanagement zu verbessern und die Motivation zu erhöhen.

Medikamentöse Therapie der Adipositas

In bestimmten Fällen können Medikamente zur Unterstützung der Gewichtsabnahme eingesetzt werden. Diese Medikamente wirken entweder durch Appetitzügler oder durch die Beeinflussung der Fettabsorption. Die Auswahl der Medikamente muss sorgfältig erfolgen, um Nebenwirkungen zu vermeiden.
Diese Medikamente stehen aktuell zur Behandlung von Adipositas zur Verfügung bzw. sind in der Entwicklung:
 
  • Orlistat: Hemmt die Fettaufnahme im Darm, sodass ein Teil des aufgenommenen Fetts unverdaut ausgeschieden wird.
  • Liraglutid: Ein GLP-1-Rezeptoragonist, der das Sättigungsgefühl erhöht.
  • Semaglutid: Ein GLP-1-Rezeptoragonist, der das Sättigungsgefühl erhöht. Neben einer Gewichtsreduktion führt Semaglutid zu einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos (4).
  • Tirzepatid: Ein dualer GIP- und GLP-1-Rezeptoragonist, der in klinischen Studien eine signifikant erhöhte Gewichtsreduktion im Vergleich zu Semaglutid gezeigt hat (5).
  • Phentermin-Topiramat: Ein Kombinationspräparat aus dem Appetitzügler Phentermin und dem Antiepileptikum Topiramat, wodurch der Appetit reduziert und das Sättigungsgefühl verstärkt wird.
  • Naltrexon-Bupropion: Ein Kombinationspräparat zur Reduktion des Appetits.
  • Setmelanotid: Ein MC4-Rezeptoragonist, der speziell für genetische Formen der Adipositas entwickelt wurde.
  • Retatrutid: Ein in der Entwicklung befindlicher Triple-Hormon-Rezeptoragonist, der GLP-1, GIP und Glucagon-Rezeptoren aktiviert. Erste Studien zeigen eine erhebliche Gewichtsreduktion (6).
Zusätzlich gibt es weitere Forschungsansätze, darunter die Entwicklung oraler Versionen von Semaglutid sowie neue Kombinationstherapien, die auf verschiedenen hormonellen Wegen wirken.
 
 

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Medikamentöse Therapie der Adipositas – Chancen und Herausforderungen

Erschienen am 10.10.2023Adipositas stellt ein wachsendes gesundheitliches Problem dar. Wie Medikamente wie Semaglutid die Behandlung verbessern können, lesen Sie hier!

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Chirurgische Eingriffe bei schwerer Adipositas

Bei schwerer Adipositas (BMI ≥ 40 kg/m²) oder wenn konservative Methoden versagen, kann eine bariatrische Chirurgie in Betracht gezogen werden. Zu den Verfahren zählen Magenbypass, Magenband und Schlauchmagen. Diese Operationen verkleinern den Magen und/oder verändern den Verdauungstrakt, um die Nahrungsaufnahme zu reduzieren.

Nachsorge nach erfolgreicher Gewichtsabnahme ist wichtig

Nach einer erfolgreichen Gewichtsreduktion ist eine langfristige Nachsorge entscheidend, um das Gewicht zu halten. Die Nachsorge umfasst folgende Aspekte:
 
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Nachsorgeuntersuchungen sind notwendig, um den gesundheitlichen Zustand zu überwachen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören die Überprüfung von Blutdruck, Blutzucker und Blutfettwerten sowie die Überwachung der Nieren- und Leberfunktion.
  • Langfristige Anpassung des Lebensstils: Der Lebensstil muss langfristig angepasst werden, um die neuen Ess- und Bewegungsgewohnheiten beizubehalten. Unterstützende Maßnahmen wie Ernährungstagebücher oder Apps zur Bewegungsüberwachung können hilfreich sein.
  • Psychologische Unterstützung: Da Adipositas oft mit psychischen Belastungen verbunden ist, kann eine fortlaufende psychologische Betreuung sinnvoll sein. Diese Unterstützung hilft, emotionale Herausforderungen zu bewältigen, die mit der Gewichtskontrolle verbunden sind.
  • Ernährungsberatung: Kontinuierliche Beratung durch Ernährungsfachleute kann helfen, die Ernährung langfristig aufrechtzuerhalten und eventuelle Ernährungsfehler zu korrigieren.
  • Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten eine Plattform für den Austausch mit anderen Betroffenen, was die Motivation stärken und soziale Unterstützung bieten kann.

Prognose: Adipositas verkürzt unbehandelt die Lebenserwartung

Die Prognose bei Adipositas hängt von der Schwere und den begleitenden Erkrankungen ab. Adipositas kann unbehandelt die Lebenserwartung stark reduzieren. Bei einem BMI zwischen 30 und 35 verringert sich die Lebenserwartung um 2-4 Jahre, ab einem BMI von 40 sogar um bis zu 10 Jahre (7).

Prophylaxe von Adipositas

Präventive Maßnahmen umfassen eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und Aufklärung über gesunde Lebensweisen. Besonders wichtig ist die Prävention in der Kindheit, um das Risiko einer späteren Adipositas zu verringern (3).

 
FAQ

Häufig gestellte Fragen von Patient:innen zum Thema Adipositas

Was ist der Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas?

Der Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas liegt im Grad der überschüssigen Körpermasse, der durch den Body-Mass-Index (BMI) gemessen wird. Übergewicht bezeichnet einen BMI von 25 bis 29,9, während Adipositas bei einem BMI von 30 oder höher beginnt. Adipositas ist also eine weiter fortgeschrittene Form des Übergewichts und ist häufig mit einem höheren Risiko für gesundheitliche Probleme verbunden.

Welche Symptome hat man bei Adipositas?

Zu den häufigsten Symptomen gehören Atemnot, Gelenkschmerzen und übermäßiges Schwitzen. Adipositas kann auch das Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes und Herzerkrankungen erhöhen.

Kann man Adipositas heilen?

Die Behandlung umfasst eine Kombination aus Ernährungsumstellung, körperlicher Aktivität und Verhaltenstherapie. In schweren Fällen können Medikamente oder Operationen notwendig sein.

Ist Adipositas selbst verschuldet?

Adipositas entsteht aus verschiedenen Gründen. Hauptursache ist, dass Menschen mehr Kalorien essen, als sie durch Bewegung verbrauchen. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass der Körper die überschüssige Energie als Fett speichert. Jedoch können auch genetische Veranlagungen, psychische Belastungen und soziale Umstände eine Rolle spielen.

Was kann man gegen Adipositas tun?

Man kann Adipositas vorbeugen, indem man sich gesund ernährt und regelmäßig bewegt. Es ist wichtig, weniger kalorienreiche und fettige Lebensmittel zu essen und mehr Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu wählen. Außerdem sollte man versuchen, sich täglich zu bewegen, zum Beispiel durch Spaziergänge, Sport oder andere Aktivitäten. Stressabbau und ausreichend Schlaf können ebenfalls helfen, ein gesundes Gewicht zu halten.

Was zahlt die Krankenkasse bei Adipositas?

Die Krankenkasse kann bei Adipositas bestimmte Behandlungen übernehmen, wie Ernährungsberatung, Bewegungstherapien und in einigen Fällen Medikamente oder bariatrische Chirurgie, wenn diese medizinisch notwendig sind. Es hängt jedoch von der Krankenkasse und den spezifischen Bedingungen ab.
Behandlungen bei Adipositas sind medizinisch notwendig, wenn:
  • Der BMI sehr hoch ist (> 30 kg/m²),
  • Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten oder Gelenkproblemen vorliegen,
  • oder wenn andere Behandlungsversuche wie Ernährungs- und Bewegungsprogramme nicht erfolgreich waren. Dann können Medikamente oder Operationen in Betracht kommen.

Redaktion JOURNAL MED

Literatur:

(1) World Obesity Atlas 2023, abrufbar unter: https://www.worldobesity.org/resources/resource-library/world-obesity-atlas-2023, letzter Zugriff: 01.08.2024.
(2) Loos R.J.F. & Yeo G.S.H: (2021) The genetics of obesity: from discovery to biology, Nature Reviews Genetics, DOI: 10.1038/s41576-021-00414-z.
(3) S3-Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas (2024), abrufbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/050-001l_S3_Adipositas_Pr%C3%A4vention_Therapie_2014-11-abgelaufen.pdf, letzter Zugriff: 01.08.2024.
(4) Ryan DH. et al. (2024) Long-term weight loss effects of semaglutide in obesity without diabetes in the SELECT trial. Nat Med. 2024, DOI: 10.1038/s41591-024-02996-7 .
(5) Frias JP. et al. (2021) Tirzepatide versus Semaglutide Once Weekly in Patients with Type 2 Diabetes, N Engl J Med 2021, DOI: 10.1056/nejmoa2107519.
(6) Jastreboff A.M. et al. (2023) Triple–Hormone-Receptor Agonist Retatrutide for Obesity — A Phase 2 Trial, NEJM, DOI: 10.1056/NEJMoa2301972.
(7) Whitlock G. et al. (2009) Body-mass index and cause-specific mortality in 900 000 adults: collaborative analyses of 57 prospective studies, Lancet, DOI: 10.1016/S0140-6736(09)60318-4.

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