Dienstag, 19. März 2024
Navigation öffnen

Tuberkulose

von Dr. rer. nat. Marion Adam

Tuberkulose
©Giovanni Cancemi - stock.adobe.com
An der bakteriellen Infektionskrankheit, Tuberkulose, starben im Jahr 2021 weltweit insgesamt etwa 1,6 Millionen Menschen (darunter 187.000 Menschen mit HIV). Die Infektion wird durch Bakterien (Mycobacterium tuberculosis) verursacht, die am häufigsten die Lunge befallen.
Unser Newsletter. Einfach mehr Fachwissen.

Was ist Tuberkulose?

Die Lungentuberkulose ist eine bakterielle Infektion, die durch das Einatmen winziger Tröpfchen aus dem Husten oder Niesen einer infizierten Person übertragen wird. Die Erkrankung befällt vor allem die Lunge, kann aber auch andere Organe und Körperteile befallen, einschließlich des Bauches, der Drüsen, der Knochen und des Nervensystems.

Wie wird Tuberkulose übertragen?

Die Erkrankung wird über die Luft von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn Menschen mit Lungentuberkulose husten, niesen oder spucken, schleudern sie die Tuberkulose-Erreger in die Luft. Eine Person muss nur wenige dieser Keime einatmen, um sich zu infizieren.
Etwa ein Viertel der Weltbevölkerung hat eine Tuberkulose-Infektion, d.h. die Menschen haben sich mit dem Mycobacterium tuberculosis infiziert, sind aber (noch) nicht krank und können die Krankheit auch nicht übertragen. Man spricht von einer latenten Tuberkulose. Menschen, die mit Tuberkulose-Erregern infiziert sind, haben ein Lebenszeitrisiko von 5-10%, an der Infektion zu erkranken.
Laut Robert Koch-Institut erfolgt eine Ansteckung mit Tuberkulose grundsätzlich nicht so leicht wie bei anderen durch Aerosole übertragbaren Infektionskrankheiten, wie z.B. Varizellen, Masern, COVID-19.

Wie gefährlich ist eine tuberkulöse Infektion?

Wenn eine Person an aktiver Tuberkulose erkrankt, können die Symptome (wie Husten, Fieber, nächtliche Schweißausbrüche oder Gewichtsverlust) über viele Monate hinweg mild sein. Dies kann dazu führen, dass man sich erst spät in Behandlung begibt und die Bakterien auf andere überträgt. Menschen mit aktiver Tuberkulose können im Laufe eines Jahres 5-15 andere Menschen durch engen Kontakt anstecken. Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind besonders gefährdet. Ohne angemessene Behandlung sterben beispielsweise im Durchschnitt 45% der HIV-negativen und fast alle HIV-positiven Menschen mit Tuberkulose.

Ist Tuberkulose heilbar?

Die bakterielle Infektionskrankheit ist eine potenziell ernste Erkrankung, die jedoch geheilt werden kann, wenn sie mit den richtigen Antibiotika behandelt wird.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

„Tuberkulose ist einer der größten Infektionskiller weltweit“

Erschienen am 15.06.2022Lesen Sie das Interview mit Günter Weiss, warum Patienten vor einer immunsupprimierenden Therapie auf TBC getestet werden müssen!

Erschienen am 15.06.2022Lesen Sie das Interview mit Günter Weiss, warum Patienten vor einer immunsupprimierenden Therapie auf TBC...

© Chinnapong - stock.adobe.com

Welche Symptome hat man bei Tuberkulose?

Häufige Symptome der aktiven Lungentuberkulose sind Husten mit Auswurf und gelegentlich Blut, Brustschmerzen, Schwäche, Gewichtsverlust, Fieber und Nachtschweiß.
Typische Symptome von Tuberkulose-Patient:innen sind:
 
  • hartnäckiger Husten, der länger als 3 Wochen anhält und in der Regel Schleim mit sich bringt, der blutig sein kann
  • Gewichtsverlust
  • Nachtschweiß
  • hohes Fieber
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • Appetitlosigkeit
  • Schwellungen im Halsbereich
Bei Husten, der länger als 3 Wochen anhält oder blutigem Auswurf, sollte umgehend ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden.

Wie wird eine tuberkulöse Infektion diagnostiziert?

Die WHO empfiehlt die Verwendung von molekularen Schnelltests als Erstdiagnose bei allen Personen mit Anzeichen und Symptomen einer Tuberkulose-Infektion, da sie eine hohe diagnostische Genauigkeit aufweisen und zu erheblichen Verbesserungen bei der Früherkennung von der bakteriellen Infektionskrankheit und arzneimittelresistenter Infektionen führen können. Eine Tuberkulose-Erkrankung ist bei Kindern besonders schwer zu diagnostizieren.

Zur Diagnose einer Tuberkulose-Infektion werden je nach Art der vermuteten tuberkulösen Infektion verschiedene Tests durchgeführt:
 
  • Lungentuberkulose: schwierig zu diagnostizieren, in der Regel sind mehrere Tests erforderlich
    • Röntgen-Thorax: Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, um nach Veränderungen im Aussehen der Lunge zu suchen
    • Schleimproben werden auf das Vorhandensein von Tuberkulose-Errregern untersucht
  • extrapulmonale Tuberkulose (Infektion außerhalb der Lunge):
    • bildgebende Verfahren: CT-, MRT- oder Ultraschalluntersuchung des betroffenen Körperteils
    • Endoskopie: Untersuchung des Körperinneren mit einem langen, dünnen, biegsamen Schlauch mit Licht und Kamera an einem Ende, durch z.B. den Mund, oder durch einen kleinen Schnitt in der Haut (Laparoskopie)
    • Urin- und Blutuntersuchungen
    • Biopsie – eine kleine Gewebe- oder Flüssigkeitsprobe wird aus dem betroffenen Bereich entnommen und auf Tuberkulose-Erreger untersucht
    • Lumbalpunktion, bei der eine kleine Probe des Liquor cerebrospinalis (Liquorflüssigkeit) an der Basis der Wirbelsäule entnommen wird, um festzustellen, ob Gehirn und Rückenmark (zentrales Nervensystem) mit Tuberkulose infiziert sind
  • latente Tuberkulose (Infektion mit Mycobacterium tuberculosis, aber keine Symptome):
    • Tuberkulin-Hauttest, auch Mendel-Mantoux-Test genannt: Tuberkulin ruft in der Haut eine Reaktion mit sensibilisierten T-Lymphozyten hervor, die bei Kontakt mit Tuberkulose-Erregern gebildet werden
    • bei sehr starker Hautreaktion bei Tuberkulin-Test: Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
    • Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) ist ein Bluttest für Tuberkulose
       
       

      Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

      Tuberkulose: Immunitätstypen bestimmen den Krankheitsverlauf

      Erschienen am 24.02.2022Die neuesten Ergebnisse der Tuberkuloseforschung könnten zu einer besseren Immunisierung führen, alle Informationen dazu finden Sie hier bei uns!

      Erschienen am 24.02.2022Die neuesten Ergebnisse der Tuberkuloseforschung könnten zu einer besseren Immunisierung führen, alle...

      © stockdevil – stock.adobe.com

Wer ist am meisten gefährdet an Tuberkulose zu erkranken?

Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, wie HIV-Infizierte, unterernährte oder zuckerkranke Menschen oder Raucher, haben ein höheres Risiko, an einer tuberkulösen Infektion zu erkranken. Die Erkrankung betrifft vor allem Erwachsene in ihren produktivsten Jahren. Es sind jedoch alle Altersgruppen gefährdet. Über 80% der Tuberkulose-Erkrankungen und deren Todesfälle treten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf.
Bei HIV-Infizierten ist die Wahrscheinlichkeit, an aktiver Tuberkulose zu erkranken, 18-mal höher. Menschen mit Unterernährung sind 3x so stark gefährdet. Im Jahr 2021 gab es weltweit 2,2 Millionen neue Fälle von Tuberkulose-Erkrankung, die auf Unterernährung zurückzuführen waren. Zudem waren im Jahr 2021 weltweit 0,74 Millionen neue Tuberkulose-Infektionen auf Alkoholmissbrauch und 0,63 Millionen auf das Rauchen zurückzuführen.

Wie viele Menschen erkranken an Tuberkulose?

Im Jahr 2021 werden schätzungsweise 10,6 Millionen Menschen weltweit an Tuberkulose erkrankt sein. 6 Millionen Männer, 3,4 Millionen Frauen und 1,2 Millionen Kinder. Die Krankheit ist in allen Ländern und Altersgruppen verbreitet. Aber die Erkrankung ist heilbar und vermeidbar. Weltweit ist Tuberkulose die 13. häufigste Todesursache und die zweithäufigste infektiöse Todesursache nach COVID-19 (vor HIV/AIDS). Weltweit geht die Inzidenz der Krankheit um etwa 2% pro Jahr zurück, und zwischen 2015 und 2020 betrug der kumulative Rückgang 11%. Schätzungsweise 66 Millionen Menschenleben wurden zwischen 2000 und 2020 durch die Diagnose und Behandlung dieser bakteriellen Infektionskrankheit gerettet.

Was ist multiresistente Tuberkulose?

Tuberkulosemedikamente werden seit Jahrzehnten eingesetzt, und in allen untersuchten Ländern wurden Stämme von Tuberkulose-Erregern dokumentiert, die gegen eines oder mehrere der Medikamente resistent sind.
Multiresistente Tuberkulose (MDR-TB) ist eine Form der Tuberkulose, die durch Bakterien verursacht wird, die auf Isoniazid und Rifampicin, die beiden wirksamsten Tuberkulose-Medikamente der ersten Wahl, nicht ansprechen. MDR-TB-Fälle sind durch den Einsatz von Zweitlinienmedikamenten behandelbar und heilbar. Die Möglichkeiten der Zweitlinienbehandlung sind jedoch begrenzt und erfordern eine ausgedehnte Chemotherapie (mindestens 9 Monate und bis zu 20 Monate).
Wie erfolgt die Behandlung von Tuberkulose?
Tuberkulose ist immer eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Die bakterielle Infektionskrankheit ist eine behandelbare und heilbare Erkrankung. Die arzneimittelanfällige Tuberkulose wird mit einer 4- oder 6-monatigen Standardbehandlung mit 4 antimikrobiellen Medikamenten behandelt, bei der die Tuberkulose-Patient:innen von einer medizinischen Fachkraft oder einem geschulten Behandlungshelfer unterstützt werden.
Die Tuberkulose-Erkrankung wird grundsätzlich mit einer Kombination von Medikamenten behandelt. Da innerhalb der tuberkulösen Läsionen verschiedene Bakterienpopulationen vorkommen und die Erreger unterschiedlich stoffwechselaktiv sind, ergänzt sich die Wirksamkeit von kombinierten Medikamenten. Der 2. wichtige Grund für eine Kombinationstherapie ist die Vermeidung einer Selektion medikamentenresistenter Bakterien.
Weiterführende umfassende Informationen zur Behandlung der Tuberkulose und der latenten tuberkulösen Infektion finden sich in den jeweils aktuellen AWMF S2k-Leitlinien für Erwachsene (1) bzw. Kinder (2).

Bis wann wurde in Deutschland gegen Tuberkulose geimpft?

Die BCG-Impfung gegen die Krankheit wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut seit 1998 nicht mehr empfohlen. In Deutschland herrscht eine günstige epidemiologische Situation mit geringem Infektionsrisiko. Der Impfschutz der  BCG-Impfung liegt bei 50-80% in Abhängigkeit von Alter und der Art der Erkrankung. Nicht selten treten unerwünschte Nebenwirkungen auf. Die WHO empfiehlt in Populationen, deren Infektionsrisiko für Tuberkulose unter 0,1% liegt, keine generelle BCG-Impfung durchzuführen. Ein Impfstoff ist in Deutschland nicht mehr für diese Erkrankung zugelassen, aber international ist Impfstoff verfügbar.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

DGP Forschungspreis 2022: Lungenhochdruck bei COPD und Therapie der Tuberkulose

Erschienen am 30.05.2022Der Forschungspreis 2022 wird für Arbeiten zur COPD und Tuberkulose verliehen. Erfahren Sie hier mehr zu den bahnbrechenden Entdeckungen!

Erschienen am 30.05.2022Der Forschungspreis 2022 wird für Arbeiten zur COPD und Tuberkulose verliehen. Erfahren Sie hier mehr zu...

© WindyNight - stock.adobe.com

Redaktion journalmed.de

Literatur:

(1) Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose: S2k-Leitlinie: Tuberkulose im Erwachsenenalter. Eine Leitlinie zur Diagnostik und Therapie, einschließlich Chemoprävention und -prophylaxe. Pneumologie 2017; 71(06): 325-397. DOI: 10.1055/s-0043-105954. Jeweils aktuellste Version abrufbar unter https://www.dzk-tuberkulose.de/aerzte/leitlinien-und-empfehlungen/

(2) Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose: S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Prävention und Therapie der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter. Pneumologie 2017; 71(10): 629-680. DOI: 10.1055/s-0043-116545. Jeweils aktuellste Version abrufbar unter https://www.dzk-tuberkulose.de/aerzte/leitlinien-und-empfehlungen/

(3) https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/tuberculosis

(4) https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Tuberkulose/FAQ-Liste_Tuberkulose_Impfen.html

Beiträge zum Thema: Tuberkulose