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SchwerpunktFebruar 2019
PD Dr. med. Axel Preßler
01. Februar 2019 Seite 1/2
Differenzialdiagnostik des Sportherzens
Häufigkeit und Ursachen des sportassoziierten plötzlichen Herztodes
Es gilt als zweifellos belegt, dass im Falle einer unentdeckten oder bereits bekannten Herzerkrankung das Risiko für akute kardiale Ereignisse bis hin zum PHT durch intensive sportliche Betätigung ca. um den Faktor 2,8 gegenüber Nicht-Sportlern erhöht wird (1). Die Zahlen zur Prävalenz des sportassoziierten PHT selbst schwanken allerdings je nach untersuchter Population, Beobachtungszeitraum, geografischer Region und Quelle teils beträchtlich. Berechnungen reichen von ca. 1:100.000 aus früheren Untersuchungen (2) bis zu 6,3:100.000 Athleten gemäß einer erst kürzlich publizierten Untersuchung junger Nachwuchsfußballer (3); nach einer systematischen Übersicht liegt das Mittel zwischen 1:40.000-1:80.000 (4). Die Ursachen zeigen eine klare Altersverteilung: während ab ca. 35 Jahren die KHK dominiert, stehen bei jungen Athleten hereditäre Kardiomyopathien, Kanalopathien, angeborene Koronaranomalien oder Myokarditiden im Vordergrund (1). Gemäß dem in der Sportmedizin Saarbrücken geführten deutschen PHT-Register wurden über einen Beobachtungszeitraum von 30 Monaten 144 Fälle gemeldet, welches umgerechnet einer niedrigen Rate von 1,2-1,5: 1 Mio. entspricht; das mittlere Alter lag bei 47 Jahren, 97% waren Männer, 38 Ereignisse wurden überlebt (5). Das Ursachenspektrum unterschied sich nicht wesentlich von der internationalen Literatur (Abb. 1).
Nicht alle der genannten Ursachen lassen sich mittels klinischer oder apparativer Untersuchungen sicher erkennen. Zudem liegen in frühen Erkrankungsstadien z.B. von hereditären Kardiomyopathien häufig noch keine erkennbaren pathologischen Befundveränderungen vor, so dass gerade beim jungen Sportler die Detektion derartiger Erkrankungen sowie die Abgrenzung von physiologischen Veränderungen immens erschwert sein kann (6). Als problematisch ist zudem anzusehen, dass trotz noch milder, klinisch inapparenter Veränderungen bereits ein erhöhtes Risiko für kardiale Akutereignisse vorliegt. Andererseits muss bedacht werden, dass nicht jede Krankheitsdiagnose zwangsläufig zu einem PHT während der sportlichen Karriere führen muss. Gegenteilig haben Untersuchungen an z.B. Athleten mit hypertropher Kardiomyopathie sogar gezeigt, dass die Rate an PHT-Fällen zwischen Sportlern, die gegen ärztlichen Rat weiter aktiv waren und solchen, die ihre Karriere nach Diagnosestellung beendet hatten, über einen Zeitraum von 20 Jahren nicht unterschiedlich war (7). Dies verdeutlich das klassische sportkardiologische Dilemma: einerseits muss eine risikobehaftete Erkrankung sicher erkannt und vom reinen Sportherzen abgegrenzt werden, andererseits sind Kriterien zu definieren, bei denen trotz manifester Erkrankung ein statistisch niedriges PHT-Risiko vorliegt, so dass ggf. sogar eine Fortsetzung der Karriere unter engmaschiger Verlaufsbeobachtung ermöglicht werden kann (6).
Klinische Hinweise
Während in Deutschland im organisierten Leistungssport zumindest in den führenden Sportarten eine umfassende und regelmäßige, apparativ basierte sportmedizinische Untersuchung zum Versorgungsstandard gehört, ist dies beileibe nicht in allen Ländern der Fall. Somit kommt auch der rein anamnestisch und klinisch basierten Differenzialdiagnostik ein großer Stellenwert zu. Ohnehin ist der Einsatz des EKG und weiterer Verfahren international nicht unumstritten. Die physiologische kardiale Adaptation an sportliche Aktivität kann mit Veränderungen in EKG und Echokardiogramm einhergehen, die denen bei manifesten Herzerkrankungen sehr stark ähneln (6,8). Dies birgt ein nicht zu unterschätzendes Risiko falsch positiver Befunde und damit konsekutiv ein in Einzelfällen ggf. sogar unberechtigtes Leistungssportverbot. Besonders in den USA besteht anhaltende Skepsis gegenüber erweiterten sportärztlichen Untersuchungen, bedingt allerdings auch durch eine weniger organisierte sportärztliche Versorgungsstruktur und wirtschaftliche Vorbehalte (9).
Symptome oder Befunde, die auf eine Erkrankung mit erhöhtem PHT-Risiko deuten, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Nicht-Sportlern. Unklare Leistungsschwäche, thorakale Beschwerden, Schwindel oder gar Synkopen in Ruhe und ganz besonders unter körperlicher Belastung sind untrügliche Warnzeichen und sollten weitere Untersuchungen nach sich ziehen. Die Familienanamnese ist von zentraler Bedeutung, sollte es z.B. zu PHT-Fällen in der engeren Verwandtschaft gekommen sein. Auch subjektiv verspürte (Athleten sind hier sehr sensibel) oder objektiv gemessene Pulsanstiege sollten aufhorchen lassen. Im Falle von Erkältungsbeschwerden kann Sport bei rein lokalen Symptomen zumindest in moderater Form fortgesetzt werden; kommen Allgemeinsymptome oder gar Fieber hinzu, sollte in jedem Fall eine Sportpause bis einige Tage nach Abklingen der Beschwerden und Normalisierung der Körpertemperatur eingehalten werden. Nach einer manifesten Myokarditis sollte mindestens 3-6 Monate mit der Wiederaufnahme leistungssportlicher Aktivitäten gewartet werden. Voraussetzungen sind Beschwerdefreiheit sowie die Normalisierung aller in der Akutphase veränderter Labor- und Untersuchungsparameter (EKG, Echo), ganz besonders der Ausschluss höhergradiger ventrikulärer Rhythmusstörungen (6).
Zentrales Kriterium: das EKG
Zahlreiche Studien zu EKG-Veränderungen in großen Athletenkohorten haben in den letzten Jahren zu einem immer besseren Verständnis physiologischer, sportherzassoziierter EKG-Veränderungen beim Athleten geführt. Mittlerweile wurde eine Reihe von Merkmalen zum Teil penibelst genau erstellt, welche eine relativ sichere Abgrenzung physiologischer von pathologischen Adaptationen ermöglichen (10). Diese Kriterien haben selbst in der traditionell skeptischen USA zu einer positiveren Sicht des Sportler-EKG geführt, da es kosteneffektiver eingesetzt werden kann und weniger häufig weitere, ggf. nicht zu mehr Klarheit führende Untersuchungen nach sich zieht. Abb. 2 zeigt die aktuell gültigen qualitativen EKG-Kriterien; für die detaillierte quantitative Einteilung sei aufgrund des Umfangs der Tabellen auf die entsprechende Literatur verwiesen (10).
Es gilt als zweifellos belegt, dass im Falle einer unentdeckten oder bereits bekannten Herzerkrankung das Risiko für akute kardiale Ereignisse bis hin zum PHT durch intensive sportliche Betätigung ca. um den Faktor 2,8 gegenüber Nicht-Sportlern erhöht wird (1). Die Zahlen zur Prävalenz des sportassoziierten PHT selbst schwanken allerdings je nach untersuchter Population, Beobachtungszeitraum, geografischer Region und Quelle teils beträchtlich. Berechnungen reichen von ca. 1:100.000 aus früheren Untersuchungen (2) bis zu 6,3:100.000 Athleten gemäß einer erst kürzlich publizierten Untersuchung junger Nachwuchsfußballer (3); nach einer systematischen Übersicht liegt das Mittel zwischen 1:40.000-1:80.000 (4). Die Ursachen zeigen eine klare Altersverteilung: während ab ca. 35 Jahren die KHK dominiert, stehen bei jungen Athleten hereditäre Kardiomyopathien, Kanalopathien, angeborene Koronaranomalien oder Myokarditiden im Vordergrund (1). Gemäß dem in der Sportmedizin Saarbrücken geführten deutschen PHT-Register wurden über einen Beobachtungszeitraum von 30 Monaten 144 Fälle gemeldet, welches umgerechnet einer niedrigen Rate von 1,2-1,5: 1 Mio. entspricht; das mittlere Alter lag bei 47 Jahren, 97% waren Männer, 38 Ereignisse wurden überlebt (5). Das Ursachenspektrum unterschied sich nicht wesentlich von der internationalen Literatur (Abb. 1).
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Nicht alle der genannten Ursachen lassen sich mittels klinischer oder apparativer Untersuchungen sicher erkennen. Zudem liegen in frühen Erkrankungsstadien z.B. von hereditären Kardiomyopathien häufig noch keine erkennbaren pathologischen Befundveränderungen vor, so dass gerade beim jungen Sportler die Detektion derartiger Erkrankungen sowie die Abgrenzung von physiologischen Veränderungen immens erschwert sein kann (6). Als problematisch ist zudem anzusehen, dass trotz noch milder, klinisch inapparenter Veränderungen bereits ein erhöhtes Risiko für kardiale Akutereignisse vorliegt. Andererseits muss bedacht werden, dass nicht jede Krankheitsdiagnose zwangsläufig zu einem PHT während der sportlichen Karriere führen muss. Gegenteilig haben Untersuchungen an z.B. Athleten mit hypertropher Kardiomyopathie sogar gezeigt, dass die Rate an PHT-Fällen zwischen Sportlern, die gegen ärztlichen Rat weiter aktiv waren und solchen, die ihre Karriere nach Diagnosestellung beendet hatten, über einen Zeitraum von 20 Jahren nicht unterschiedlich war (7). Dies verdeutlich das klassische sportkardiologische Dilemma: einerseits muss eine risikobehaftete Erkrankung sicher erkannt und vom reinen Sportherzen abgegrenzt werden, andererseits sind Kriterien zu definieren, bei denen trotz manifester Erkrankung ein statistisch niedriges PHT-Risiko vorliegt, so dass ggf. sogar eine Fortsetzung der Karriere unter engmaschiger Verlaufsbeobachtung ermöglicht werden kann (6).
Klinische Hinweise
Während in Deutschland im organisierten Leistungssport zumindest in den führenden Sportarten eine umfassende und regelmäßige, apparativ basierte sportmedizinische Untersuchung zum Versorgungsstandard gehört, ist dies beileibe nicht in allen Ländern der Fall. Somit kommt auch der rein anamnestisch und klinisch basierten Differenzialdiagnostik ein großer Stellenwert zu. Ohnehin ist der Einsatz des EKG und weiterer Verfahren international nicht unumstritten. Die physiologische kardiale Adaptation an sportliche Aktivität kann mit Veränderungen in EKG und Echokardiogramm einhergehen, die denen bei manifesten Herzerkrankungen sehr stark ähneln (6,8). Dies birgt ein nicht zu unterschätzendes Risiko falsch positiver Befunde und damit konsekutiv ein in Einzelfällen ggf. sogar unberechtigtes Leistungssportverbot. Besonders in den USA besteht anhaltende Skepsis gegenüber erweiterten sportärztlichen Untersuchungen, bedingt allerdings auch durch eine weniger organisierte sportärztliche Versorgungsstruktur und wirtschaftliche Vorbehalte (9).
Symptome oder Befunde, die auf eine Erkrankung mit erhöhtem PHT-Risiko deuten, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Nicht-Sportlern. Unklare Leistungsschwäche, thorakale Beschwerden, Schwindel oder gar Synkopen in Ruhe und ganz besonders unter körperlicher Belastung sind untrügliche Warnzeichen und sollten weitere Untersuchungen nach sich ziehen. Die Familienanamnese ist von zentraler Bedeutung, sollte es z.B. zu PHT-Fällen in der engeren Verwandtschaft gekommen sein. Auch subjektiv verspürte (Athleten sind hier sehr sensibel) oder objektiv gemessene Pulsanstiege sollten aufhorchen lassen. Im Falle von Erkältungsbeschwerden kann Sport bei rein lokalen Symptomen zumindest in moderater Form fortgesetzt werden; kommen Allgemeinsymptome oder gar Fieber hinzu, sollte in jedem Fall eine Sportpause bis einige Tage nach Abklingen der Beschwerden und Normalisierung der Körpertemperatur eingehalten werden. Nach einer manifesten Myokarditis sollte mindestens 3-6 Monate mit der Wiederaufnahme leistungssportlicher Aktivitäten gewartet werden. Voraussetzungen sind Beschwerdefreiheit sowie die Normalisierung aller in der Akutphase veränderter Labor- und Untersuchungsparameter (EKG, Echo), ganz besonders der Ausschluss höhergradiger ventrikulärer Rhythmusstörungen (6).
Zentrales Kriterium: das EKG
Zahlreiche Studien zu EKG-Veränderungen in großen Athletenkohorten haben in den letzten Jahren zu einem immer besseren Verständnis physiologischer, sportherzassoziierter EKG-Veränderungen beim Athleten geführt. Mittlerweile wurde eine Reihe von Merkmalen zum Teil penibelst genau erstellt, welche eine relativ sichere Abgrenzung physiologischer von pathologischen Adaptationen ermöglichen (10). Diese Kriterien haben selbst in der traditionell skeptischen USA zu einer positiveren Sicht des Sportler-EKG geführt, da es kosteneffektiver eingesetzt werden kann und weniger häufig weitere, ggf. nicht zu mehr Klarheit führende Untersuchungen nach sich zieht. Abb. 2 zeigt die aktuell gültigen qualitativen EKG-Kriterien; für die detaillierte quantitative Einteilung sei aufgrund des Umfangs der Tabellen auf die entsprechende Literatur verwiesen (10).
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