S3-Leitlinie zu Glomerulonephritiden: Frühe Therapie kann Nierenschäden verhindern
Rund 25% der terminalen Niereninsuffizienzen werden durch Glomerulonephritiden (GN) verursacht, diese führen nicht selten zu Dialysepflicht oder Nierentransplantation. Dabei wären viele dieser meist autoimmunbedingten Entzündungen behandelbar – vorausgesetzt, sie werden frühzeitig erkannt. Die neue S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), erarbeitet gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften und Patientenvertretungen, gibt erstmals strukturierte, evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für das deutsche Versorgungssystem [1].
Späte Diagnose der Glomerulonephritiden erschwert die Therapie
Glomerulonephritiden (GN) verlaufen häufig schleichend. Die entzündlichen Prozesse betreffen die Nierenkörperchen (Glomeruli), die in ihrer Funktion zunehmend eingeschränkt werden: Schadstoffe werden nicht mehr ausreichend aus dem Blut gefiltert und über den Urin ausgeschieden. Da frühe Symptome oft fehlen oder unspezifisch sind, bleibt die Erkrankung lange unentdeckt – nicht selten bis bereits eine chronische Nierenerkrankung (CKD) vorliegt.
Hinzu kommt: Die einzelnen Formen der GN sind selten, was die diagnostische Aufmerksamkeit im klinischen Alltag zusätzlich reduziert. Zusammengenommen jedoch stellen sie eine klinisch hochrelevante Krankheitsgruppe dar. Zu den häufigsten Entitäten zählen unter anderem die IgA-Nephropathie, membranöse und membranoproliferative Glomerulonephritiden, das Goodpasture-Syndrom, Lupus-Nephritis sowie ANCA-assoziierte Vaskulitiden.
Strukturierte Diagnostik und CKD-Basistherapie empfohlen
Die neue S3-Leitlinie bietet erstmals standardisierte, praxisnahe Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung von GN im deutschen Gesundheitssystem. Empfohlen wird zunächst die Einschätzung der Nierenfunktion anhand des Kreatininwerts im Blut. Ergänzend erfolgt eine Urindiagnostik zur Bestimmung der Proteinmenge, gefolgt von einer sonografischen Untersuchung der Nieren. In der Regel schließt sich eine Nierenbiopsie zur definitiven Diagnosesicherung an. Alternativ kann bei eindeutiger klinischer Konstellation auch auf eine Kombination labordiagnostischer Parameter zurückgegriffen werden. Insbesondere Autoantikörperbestimmungen leisten hier einen wichtigen Beitrag.
Auf Grundlage dieser Diagnostik empfiehlt die Leitlinie eine CKD-Basistherapie zum Schutz der Nierenfunktion. Diese umfasst eine Blockade des Renin-Angiotensin-Systems, die Gabe von SGLT2-Inhibitoren sowie – falls erforderlich – die zusätzliche Verordnung von Diuretika. Für spezifische Formen der GN werden darüber hinaus gezielte Therapiestrategien benannt.
Kinder und Jugendliche im Fokus
Besonderes Augenmerk legt die Leitlinie auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit nephrotischem Syndrom. Hier wird – soweit möglich – auf invasive Diagnostik verzichtet. Die Ersttherapie erfolgt in der Regel mit Glukokortikoiden. Bei unzureichendem Ansprechen kommen steroidsparende Medikamente oder Antikörpertherapien wie Rituximab zum Einsatz. Die Behandlung sollte durch spezialisierte Kindernephrolog:innen erfolgen.
Prävention stärken, Forschung ausbauen
Nicht-medikamentöse Maßnahmen sind ein zentraler Bestandteil der Versorgung. Die Leitlinie empfiehlt eine salzarme Ernährung, Rauchverzicht, regelmäßige Bewegung sowie Impfungen gegen Pneumokokken, Influenza und Herpes Zoster – insbesondere bei Patient:innen mit Immunsuppression.
Gleichzeitig fordert die DGfN verstärkte Forschung, unter anderem zur Rolle genetischer Varianten und Biomarker. Die Einrichtung eines Deutschen Zentrums für Nierengesundheit (DZNG) wird als wichtiger Schritt zur besseren Vernetzung und Wissensgenerierung genannt.
Durch die standardisierte Diagnostik und evidenzbasierte Therapieempfehlungen kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt und die Prognose der Betroffenen verbessert werden. Die Leitlinie setzt neue Versorgungsstandards für eine lange unterschätzte, aber klinisch bedeutsame Krankheitsgruppe.
Quelle:Deutsche Gesellschaft für Nephrologie
Literatur:
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(1) S3-Leitlinie Diagnose und Therapie von Glomerulonephritiden, abrufbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/090-003, letzter Zugriff: 26.06.2025