Sonntag, 28. April 2024
Navigation öffnen
Gesundheitspolitik

Tödliche Erkrankung: Arzneimittelsicherheit hat laut BSG Vorrang

Tödliche Erkrankung: Arzneimittelsicherheit hat laut BSG Vorrang
© adragan - stock.adobe.com
Versicherte haben bei einer regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem Arzneimittel, das die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Behandlung dieser Erkrankung nicht zugelassen hat. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden.

Kläger forderte Kostenübernahme für Arzneimittel

Der 2004 geborene Kläger leidet an Duchenne-Muskeldystrophie. Die erblich bedingte Muskelerkrankung mit zunehmendem Muskelschwund führt typischerweise im jungen Erwachsenenalter zum Tod. Der Kläger ist seit 2015 gehunfähig. Er verlangte von seiner Krankenkasse die Kostenübernahme des Arzneimittels Translarna. Das ist in der Europäischen Union für die Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie zugelassen, jedoch nur für gehfähige Patienten. Anträge des Herstellers im Juni und Oktober 2019 führten nicht zur Erweiterung der Arzneimittelzulassung auf nicht mehr gehfähige Patienten.

Das Sozialgericht Mainz hatte die Klage auf Versorgung mit Translarna abgewiesen. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz verurteilte die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland hingegen, den Kläger mit dem Medikament zu versorgen. Es bestehe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Verlauf der Erkrankung. Dies reiche bei regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheiten aus, den Anspruch zu begründen, so die Richter. Die Ablehnung der Erweiterung der Zulassung auf nicht mehr gehfähige Patienten durch die EMA entfalte keine Sperrwirkung, da sie nicht auf einer aussagekräftigen Datenlage beruhe und seither neue Hinweise auf eine positive Wirkung des Arzneimittels erlangt worden seien.
 
 

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

DGM 2023: Transition und innovative Therapien im Fokus bei der Jahrestagung für Muskelkranke

Erschienen am 20.04.2023Kongressbericht DGM2023: Transition und innovative Therapien im Fokus bei der Jahrestagung für Muskelkranke in Essen. Erfahren Sie hier mehr!

Erschienen am 20.04.2023Kongressbericht DGM2023: Transition und innovative Therapien im Fokus bei der Jahrestagung für...

© Anatomy Insider – stock.adobe.com

Antrag scheitert an Sperrwirkung des Arzneimittelzulassungsgesetzes

Der 1. Senat des BSG hob dieses Urteil nun auf und gab der Arzneimittelsicherheit auch bei regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen Vorrang. Der Antrag des Klägers scheitere an der Sperrwirkung des Arzneimittelzulassungsgesetzes, begründete der Vorsitzende Richter die Entscheidung. Habe ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung keinen Erfolg, sei damit auch eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Krankheit zu verneinen. Denn nähme man von der Sperrwirkung der fehlenden Arzneimittelzulassung zugunsten einer rein einzelfallbezogenen Prüfung Abstand, würde die Erfordernis einer Zulassung für Arzneimittel zur Behandlung bestimmter besonderer und schwerer Erkrankungen faktisch ausgehebelt, so der Richter.

Die Sperrwirkung könne überwunden werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, die nach der EMA-Entscheidung veröffentlicht werden. Das sei im vorliegenden Verfahren nicht der Fall.

Quelle: dpa


Sie können folgenden Inhalt einem Kollegen empfehlen:

"Tödliche Erkrankung: Arzneimittelsicherheit hat laut BSG Vorrang"

Bitte tragen Sie auch die Absenderdaten vollständig ein, damit Sie der Empfänger erkennen kann.

Die mit (*) gekennzeichneten Angaben müssen eingetragen werden!

Die Verwendung Ihrer Daten für den Newsletter können Sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der MedtriX GmbH - Geschäftsbereich rs media widersprechen ohne dass Kosten entstehen. Nutzen Sie hierfür etwaige Abmeldelinks im Newsletter oder schreiben Sie eine E-Mail an: rgb-info[at]medtrix.group.