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Gesundheitspolitik
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Gesundheitsökonom fordert inflationsbereinigte Anpassung der Zuzahlungen

Höhere Zuzahlungen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten könnten nach Ansicht eines Gesundheitsökonomen den erwarteten Beitragsanstieg in der Krankenversicherung dämpfen. Der Wissenschaftler Wolfgang Greiner schlug in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vor, die Selbstbeteiligung der Patienti:innen an die Inflationsentwicklung in den zurückliegenden Jahren anzupassen.

Verdoppelung der Selbstbeteiligung auf bis zu 20 Euro vorgeschlagen

Derzeit zahlen Kassenpatient:innen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten in der Regel fünf bis zehn Euro aus eigener Tasche dazu. Weil die Sätze seit Jahrzehnten nicht geändert wurden, würde eine inflationsbereinigte Erhöhung laut Greiner in etwa einer Verdoppelung gleichkommen. „Also 10 Euro pro Medikament, maximal 20 Euro", so der Professor der Universität Bielefeld.

Einnahmen aus Zuzahlungen könnten sich verdoppeln

Der Experte schätzt, dass dieser Schritt auch eine Verdoppelung der Einnahmen durch die Zuzahlungen brächte. Heute liegen die Einnahmen aus Zuzahlungen für Arzneimittel bei etwa 2,5 Milliarden Euro. Berechnungen über Einsparungen und Zusatzeinnahmen seien aber schwierig, sagte Greiner. Denn die Zahl der Medikamente würde sinken und die der Zuzahlungsbefreiten steigen. Eine ganze Reihe von Arzneimitteln würde dann gar nicht mehr erstattet, weil ihr Preis niedriger wäre als die Selbstbeteiligung.

Aktuelle Regelung: Zuzahlung zwischen fünf und zehn Euro

Tatsächlich müssen gesetzlich Versicherte aktuell Zuzahlungen in Höhe von zehn Prozent des Abgabepreises leisten, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Mehr als die tatsächlichen Kosten sind nicht zu zahlen. Kostet ein Medikament zum Beispiel 4,75 Euro, zahlen Versicherte 4,75 Euro. Die Höhe der Zuzahlung ist seit 20 Jahren stabil. Die Regeln gelten heute auch für Internet-Apotheken.

Experte fordert Milliarden-Zuschüsse statt Darlehen vom Bun

Angesichts der wachsenden Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben bei den Krankenkassen hält Greiner zudem Milliardenbeträge des Bundes aus Steuermitteln für nötig - und zwar wie Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) als Zuschuss und nicht nur als Darlehen. Ein Darlehen reiche nicht und verschiebe das Problem lediglich.

Greiner: „In welcher Situation sollten die Krankenkassen in der Lage sein, die Darlehen ohne Beitragssatzsteigerungen zurückzuzahlen, wenn die Wirtschaftslage sich nicht schnell ändern sollte?". Warken will sich nach eigenen Worten in den anstehenden Haushaltsverhandlungen für Zuschüsse einsetzen.

Bundesrechnungshof warnt vor dramatischem Anstieg der Zusatzbeiträge

Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof Alarm geschlagen: Nach einem Rekordwachstum bei den Ausgaben der Krankenkassen 2024 würden auch künftig die Kasseneinnahmen den Ausgaben hinterherhinken. Die Folge: höhere Zusatzbeiträge. Nach einem von den Finanzkontrolleuren zitierten Szenario könnten diese von Anfang 2025 im Schnitt 2,9% bis 2029 auf 4,05% steigen.

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Quelle:

dpa