Nachteile der Liquor-Untersuchung zum Nachweis von Amyloid-Ablagerungen
Grundsätzlich gibt es zwei zugelassene Möglichkeiten, um Amyloid-Ablagerungen im Gehirn von
Alzheimer-Patient:innen nachzuweisen. Methode Nummer 1: die Untersuchung der Liquor-Flüssigkeit (Nervenwasser). Bei der Punktion des Wirbelkanals mit einer Kanüle handelt sich jedoch um einen invasiven Eingriff, der zu seltenen Komplikationen führen kann. Und für manche Patient:innen – zum Beispiel solche, die blutverdünnende Medikamente nehmen – ist diese Untersuchung zudem nicht geeignet. Außerdem ist die Liquoranalyse ein indirekter, nicht-quantitativer Nachweis der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn.
PET-Untersuchung zum Nachweis von Alzheimer: Teurer, aber genauer
Methode Nummer 2: eine PET (Positronen-Emissions-Tomographie) des Gehirns. Diese Methode ermöglicht den direkten und semiquantitativen Nachweis der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und ist nicht-invasiv. Mit 1.500 bis 3.000 Euro pro Untersuchung ist das Verfahren aber noch recht teuer und wird von den Krankenkassen noch nicht erstattet, so dass der Zugang dazu noch nicht überall möglich ist. Je nach Ausstattung und Expertise der Zentren sind Amyloid-Bildgebung bzw. Liquoranalyse in Deutschland auch unterschiedlich gängig, wobei die Liquor-Analyse aktuell noch verbreiteter zur Anwendung kommt.
Studie vergleicht PET und Liquor-Untersuchung zum Nachweis von Amyloid-Ablagerungen
Um herauszufinden, wie aussagekräftig die Ergebnisse der Liquor-Untersuchung im Verhältnis zum Goldstandard PET-Bildgebung sind, haben die Forschenden in der Studie Daten von über 400 Patient:innen mit Verdacht auf eine Alzheimer-Demenz ausgewertet, die zwischen 2013 und 2024 am LMU Klinikum sowohl eine Liquor-Untersuchung auf Amyloid als auch ein PET des Gehirns bekommen hatten (1). Dabei wurde das Verhältnis von Aβ40 und Aβ42 untersucht. Aβ40 ist die häufigste Variante von Aβ im Liquor, während Aβ42 in senilen Plaques überwiegt. Ein vermindertes Verhältnis von Aβ42/40 ist ein starker Marker für die Alzheimer-Krankheit und kann schon früh im Krankheitsverlauf nachgewiesen werden, noch bevor eine klinische Demenz auftritt.
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Erschienen am 18.09.2024 • Eine neue Methode ermöglicht eine präzise Unterscheidung von Alzheimer und primärer 4-Repeat-Tauopathie . Lesen Sie hier mehr dazu!
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Liquor-Untersuchung ist nicht immer verlässlich genug
In der Studie konnte gezeigt werden, dass Patient:innen, die ein Aβ42/40-Verhältnis von über 7,1% aufwiesen, im PET nicht auffällig waren (negativer Alzheimer-Befund). Patient:innen mit einem Verhältnis von weniger als 5,5% im Liquor waren auch im PET überwiegend auffällig (positiver Alzheimer-Befund). 14 bis 16% der Patient:innen lagen in der Grauzone zwischen 5,5 und 7,1%. Die Hälfte dieser Studienteilnehmer:innen hatte im PET einen auffälligen Amyloid-Befund. „Die Liquor-Untersuchung ist also hier nicht verlässlich genug“, sagte Studienleiter Prof. Dr. Dr. Matthias Brendel. In einer unabhängigen Patient:innen-Kohorte der Universität Wien wurde zudem ein genau gleiches Ergebnis erzielt.
Konsequenzen für die Praxis
Durch die
Zulassung der neuen Medikamente gegen Amyloid-Ablagerungen können die Erkenntnisse der Studie unmittelbar in die Diagnostik einziehen. Wo sie etabliert ist, bietet sich direkt die Amyloid-PET als diagnostisches Mittel der Wahl. Doch je nach Expertise und Ausstattung am Standort werden in Deutschland viele Patient:innen in der derzeitigen Situation aber eher Zugang zur Liquoranalyse als zur Amyloid-PET haben. „Aus medizinischer und aus ökonomischer Sicht erscheint es gut vertretbar, bei diesen Patient:innen zur Therapieauswahl eine Liquoruntersuchung zu machen, sofern keine medizinischen Gründe dagegen sprechen“, sagt Brendel. Das sind etwa 70 bis 80% der Patient:innen. Eine zusätzliche PET-Untersuchung würden von diesen Patient:innen dann nur diejenigen noch benötigen, die sich in der Liquoruntersuchung in der Grauzone zwischen 5,5 und 7,1% bewegen. „Besonders wenn die Kosten der Amyloid-PET zukünftig sinken und ein breiterer Zugang möglich wird, könnte die Amyloid-PET als erste Wahl Aufwand und Kosten für ansonsten teils erforderliche Doppeluntersuchungen vermeiden“, so Brendel.
(1) Brendel M. et al. (2024) Aβ status assessment in a hypothetical scenario prior to treatment with disease-modifying therapies: Evidence from 10-year real-world experience at university memory clinics. Alzheimer's Dement., DOI: 10.1002/dad2.70031.