Kombinierte orale Kontrazeptiva verdreifachen das Risiko eines kryptogenen Schlaganfalls bei jungen Frauen
Neue Forschungsergebnisse, die auf der Konferenz der Europäischen Schlaganfall-Organisation (ESOC) 2025 vorgestellt wurden, zeigen, dass die Verwendung kombinierter oraler Kontrazeptiva (OCs) bei jungen Frauen mit einem dreifach erhöhten Risiko eines kryptogenen ischämischen Schlaganfalls (CIS) verbunden ist [1]. Die Ergebnisse fügen sich in eine wachsende Zahl von Belegen ein, die einen Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und vaskulärem Risiko bei Frauen im reproduktiven Alter herstellen.
Kryptogener Schlaganfall bei jungen Frauen bislang unzureichend erforscht
Der kryptogene ischämische Schlaganfall, d. h. ein Schlaganfall ohne erkennbare Ursache, macht bis zu 40% aller ischämischen Schlaganfälle bei jungen Erwachsenen aus [2]. Trotz seiner Prävalenz ist der Beitrag geschlechtsspezifischer Risikofaktoren, wie z. B. die Verwendung von Verhütungsmitteln, noch nicht ausreichend erforscht worden. Während frühere Studien kombinierte OCs mit dem Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht haben, ist dies eine der wenigen Studien, die sich speziell auf kryptogene Schlaganfälle bei jungen Frauen konzentriert.
SECRETO-Studie zeigt dreifach erhöhtes Schlaganfallrisiko unter OCs
Die Studie „Searching for Explanations for Cryptogenic Stroke in the Young" (SECRETO) umfasste 268 Frauen im Alter von 18 bis 49 Jahren mit CIS und 268 altersgleiche Kontrollpersonen ohne Schlaganfall in 14 europäischen Zentren. Von den Teilnehmerinnen nahmen 66 Patientinnen und 38 Kontrollpersonen kombinierte OCs ein. Nach Berücksichtigung des Alters und bekannter Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Rauchen, Migräne mit Aura und abdominaler Adipositas war die Einnahme von OC mit einer bereinigten Odds Ratio von 3,00 verbunden (95%-KI: 1,61-5,57). Es wurden keine signifikanten Wechselwirkungen zwischen der Einnahme von OC und diesen Risikofaktoren festgestellt, was darauf schließen lässt, dass das erhöhte Schlaganfallrisiko unabhängig von anderen bekannten Faktoren besteht.
„Unsere Ergebnisse bestätigen frühere Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen oralen Verhütungsmitteln und dem Schlaganfallrisiko„, so Dr. Mine Sezgin von der Abteilung für Neurologie der Universität Istanbul und Hauptautorin der Studie. „Besonders bemerkenswert ist, dass die Assoziation auch dann stark bleibt, wenn andere bekannte Risikofaktoren berücksichtigt werden, was darauf hindeutet, dass zusätzliche – möglicherweise genetische oder biologische – Mechanismen involviert sein könnten.“
Bekannte vaskuläre Risiken erfordern sorgfältige Verhütungsberatung
Die meisten OC-Anwenderinnen in der Studie nahmen Formulierungen auf Ethinylestradiol-Basis ein, mit einer mittleren Dosis von 20 Mikrogramm. Andere Östrogenarten wie Östradiolhemihydrat und Östradiolvalerat wurden ebenfalls erfasst.
„Wir haben die äquivalente Östrogendosis für jede Patientin berechnet, um Konsistenz zu gewährleisten„, erklärt Dr. Sezgin. „Unsere Daten liefern zwar wichtige erste Erkenntnisse, aber es sind größere Studien erforderlich, um festzustellen, ob bestimmte Formulierungen mit unterschiedlichen Risiken verbunden sind. Dieses Wissen könnte dazu beitragen, Frauen bei der Wahl ihres Verhütungsmittels besser zu unterstützen.“
Die Forscher:innen weisen zwar darauf hin, dass weitere prospektive Studien erforderlich sind, raten den Ärzten jedoch zur Vorsicht, wenn sie Frauen mit bekannten vaskulären Risikofaktoren oder einer Vorgeschichte von ischämischen Schlaganfällen kombinierte OCs verschreiben. „Unsere Ergebnisse sollten Anlass sein, das Schlaganfallrisiko bei jungen Frauen sorgfältiger zu bewerten, insbesondere bei Frauen mit zusätzlichen Risikofaktoren", schloss Dr. Sezgin.
Quelle:European Stroke Organisation (ESO)
Literatur:
- (1)
Sezgin M. et al. Hormonal contraception increases the risk of cryptogenic stroke in young women. Abstract O049, präsentiert auf der Konferenz der Europäischen Schlaganfallorganisation am 21. Mai 2025 in Wien
- (2)
Yaghi S. & Elkind M. S. 2014; Neurology. Clinical practice. 4(5): 386–393. doi: https://doi.org/10.1212/CPJ.0000000000000086