Donnerstag, 18. April 2024
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Medizin

Arteriosklerose: Mechanismen der Immunabwehr gegen Gefäßentzündungen

Arteriosklerose: Mechanismen der Immunabwehr gegen Gefäßentzündungen
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Fortschritte auf dem Gebiet der Immunonkologie könnten künftig auch neue Wege in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen eröffnen. Maßgebliche Schritte dazu hat ein Team aus Forschenden unter der Leitung von Dr. med. Kai-Uwe Jarr, Universitätsklinikum Heidelberg und Universität Stanford, USA, und Prof. Dr. med. Nicholas J. Leeper, Universität Stanford, gefunden. Die Forschenden untersuchten, inwiefern ein gegen den Zelloberflächen-Marker CD47 gerichteter und bereits in der Krebstherapie bei Tumorpatienten und -patientinnen eingesetzter Antikörper (Magrolimab in Kombination mit Rituximab) auch für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, genutzt werden kann. Im Zentrum der Arbeit steht die Idee der „Makrophagen-Checkpoint-Hemmung“.

Verringerung von Gefäßentzündungen durch Blockade von CD47

Die vielversprechenden Forschungsergebnisse sind kürzlich im renommierten „The New England Journal of Medicine“ (1) erschienen und wurden nun mit dem Wilhelm P. Winterstein-Preis (10.000 Euro) prämiert. „Unsere Arbeit zielt darauf ab, Regulatoren der Immunüberwachung zu finden und therapeutisch zu beeinflussen, um kranke oder sterbende Zellen besser zu entfernen“, betont Dr. Jarr. Das Team zeigte nach eigenen Angaben zum ersten Mal an Menschen, dass eine Blockade von CD47 zu einer Verringerung der Gefäßentzündung beitragen kann und sich somit möglicherweise positiv auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirkt.

Reaktivierung der Entfernung von entzündetem Gewebe durch „Makrophagen-Checkpoint-Hemmung“ 

Die ersten Untersuchungen an 9 Patientinnen und Patienten mit jeweils unterschiedlichen Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, Arteriosklerose, koronare Herzkrankheit (KHK)/Herzinfarkt deuten darauf hin, dass eine „Makrophagen-Checkpoint-Hemmung“ das Entfernen von entzündetem Gewebe aus dem Gefäßplaque reaktivieren kann. „Weitere klinische Studien sind nun notwendig, um zu zeigen, inwiefern diese Therapieoption das Auftreten von Plaques und das Risiko von Schlaganfällen und Herzinfarkten verringern kann“, erklärt Winterstein-Preisträger Dr. Jarr. „Die von den Forschenden veröffentlichten Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für zukünftige Arbeiten und zeigen auf elegante Weise den gelungenen Transfer von Erkenntnissen aus der Immuntherapie zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, betont der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Die Herzstiftung hat die prämierte und erfolgreich publizierte Arbeit mit den Fördermitteln eines Jahresstipendiums unterstützt.
 
 

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Marker CD47: Störer im Immunsystem im Visier der Forschenden

Das Immunsystem arbeitet ohne Pause. Es erkennt, was „fremd“ oder „verändert“ ist, zum Beispiel Viren, Bakterien, Krebszellen, aber auch tote oder sterbende körpereigene Zellen. Einer der Hauptakteure in diesem Prozess sind Immunzellen, sogenannte „Makrophagen“ (griechisch: Riesenfresszellen), die Körperzellen verschlingen, die nicht als „spezifisch“ für einen gesunden Körper gekennzeichnet sind. Einer der wichtigsten Oberflächenmarker, der intakte Körperzellen vor dem Angriff von Makrophagen schützt, ist das Molekül CD47 –, ein „Don’t eat me“ („Friss mich nicht“)-Signal. Theoretisch fehlt überall dort, wo die Zelloberfläche „fremd“ oder „verändert“ ist, der CD47-Marker. Die Zellen werden daher von Makrophagen verschlungen und entfernt. Von Tumorerkrankungen ist bekannt, dass dieser Prozess des Immunsystems gestört ist: Viele Krebszellen präsentieren nämlich auf ihrer Oberfläche zu viel CD47, so dass diese Zellen fälschlicherweise als „intakt“ bewertet und deshalb vom Immunsystem nicht entfernt werden. Auf dem Gebiet der Immunonkologie hat man sich diese Erkenntnis für die Entwicklung neuer Therapien zunutze gemacht. Mittlerweile weiß man, dass es auch bei anderen chronischen Erkrankungen wie Arteriosklerose zu dieser Störung im Immunsystem kommen kann. Bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) als Folge der Arteriosklerose kommt es in einem langen schleichenden Prozess zu entzündlichen Gefäßwandveränderungen durch Plaques, die Verkalkungen, Bindegewebe und Cholesterin enthalten. Dadurch verengen sich die Herzkranzgefäße und die Durchblutung des Herzens wird – je nach Schweregrad bis hin zum Herzinfarkt – behindert.
 
 

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Makrophagen-Checkpoint-Hemmung: Wie wirksam gegen die Plaquebildung?

Auch bei Arteriosklerose ist das Entfernen erkrankter Zellen durch Makrophagen gestört. Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass Signalstoffe des Immunsystems, welche bei lokalen und systemischen Entzündungen beteiligt sind, zu einer übermäßigen Präsentation des „Don’t eat me“-Signals CD47 beitragen. „Normalerweise würden Makrophagen erkrankte und sterbende Zellen, die die Plaquebildung fördern, ,wegräumen‘“, erklärt Dr. Jarr. „Die übermäßige Präsentation des CD47-Signals führt jedoch dazu, dass sich auch hier die erkrankten Zellen dem Immunsystem entziehen.“ Derzeitige Therapien bei Arteriosklerose konzentrieren sich auf Risikofaktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und Risikokrankheiten wie Fettstoffwechselstörungen (hohes Cholesterin), Bluthochdruck, Diabetes und Adipositas. „Aber was wäre, wenn die Möglichkeit bestünde, den ,Appetit‘ der Makrophagen zu erhöhen beziehungsweise die übermäßige Präsentation der ,Don‘t eat me‘-Signale therapeutisch zu beeinflussen und damit die Plaquebildung sowie die Gefäßentzündung zu reduzieren? Genau das ist das Prinzip der Makrophagen-Checkpoint-Hemmung“, erklärt Dr. Jarr.

Quelle: Deutsche Herzstiftung

Literatur:

(1) Jarr KU, Nakamoto R, Doan BH, Kojima Y, Weissman IL, Advani RH, Iagaru A, Leeper NJ. Effect of CD47 blockade on Vascular Inflammation. N Engl J Med. 2021 Jan 28;384(4):382-383. DOI: 10.1056/NEJMc2029834.



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