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Mortalitätssenkung durch Bisphosphonate

Osteoporotische Frakturen sind mit erhöhter Sterblichkeit verbunden, die Verminderung von Frakturen könnte daher die Mortalität senken. Überraschenderweise legen mehrere Studien nahe, dass die Sterblichkeit von mit Bisphosphonaten behandelten Patient:innen sogar über diesen frakturbedingten Anteil sinken könnte. Doch die Mechanismen hinter diesem offenbar lebensverlängernden Effekt der Wirkstoffgruppe blieben bis heute unklar. Im Projekt „Wirkungen eines Bisphosphonates bei Nothobranchius furzeri", das vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird, haben Wissenschaftler:innen der Medizinischen Universität Wien nun einen neuen Forschungsansatz etabliert. Ein weltweit erstmals für diesen Zweck eingesetztes Tiermodell diente dazu, die lebensverlängernde Wirkung der Bisphosphonate zu bestätigen und den zugrunde liegenden zellulären Vorgängen auf die Spur zu kommen.

Versuche am Türkisen Killifisch durchgeführt

„Bisherige Beobachtungen lassen Effekte von Bisphosphonaten nicht nur bei Osteoporose, sondern auch bei onkologischen und kardiovaskulären Erkrankungen vermuten", resümiert Peter Pietschmann, der als Vorstand der Abteilung für Zelluläre und Molekulare Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien das Projekt leitet. „Wir haben mit einer umfassenden Testreihe an der Fischart Nothobranchius furzeri nach Anhaltspunkten gesucht, wie dieser generelle mortalitätssenkende Effekt zustande kommt.“ Das neue Modelltier – der deutsche Name lautet Türkiser Killifisch – ist von der Abfolge von Regen- und Trockenzeit in Zentralafrika geprägt. Er lebt in Tümpeln, die jedes Jahr austrocknen. „Der Fisch hat als Wirbeltier eine äußerst kurze Lebensdauer. Seinen gesamten Lebenszyklus muss er innerhalb weniger Monate abwickeln“, erklärt Pietschmann. „Deshalb ist er für die Mortalitätsforschung ideal und für Studien zu Altersvorgängen international bereits als Modell etabliert.“

Signifikante Lebensverlängerung durch Wirkstoff bestätigt

In Pietschmanns Studie wurde 44 Nothobranchius furzeri im fortgeschrittenen Alter Alendronat verabreicht – analog zu Menschen, die an Osteoporose leiden und den Wirkstoff ebenfalls in der zweiten Lebenshälfte einnehmen. Die Dosis, die dem Wasser des Habitats beigemischt wurde, war an die Größe der Organismen angepasst. 45 weitere Tiere dienten als Kontrollgruppe und bekamen ein Placebo verabreicht. Eines der offensichtlichsten Ergebnisse lag im Vergleich der Lebensdauer. Sie unterschied sich tatsächlich signifikant. „Wir konnten eine Wirkstoffkonzentration herstellen, die das Leben der Tiere verlängert hat: Die Fische in der Kontrollgruppe überlebten im Durchschnitt 18 Wochen, jene mit Alendronat 19 Wochen."

Veränderungen in Knochenmineralisation und Immunsystem nachgewiesen

Die Analyse der Knochen der Tiere zeigte, dass durch den Wirkstoff Veränderungen in der Knochenmineralisation entstanden. Auch wenn dieser Umstand für die erzielte Lebensdauer wenig ausschlaggebend war, wurde dadurch bestätigt, dass die Fischorganismen das Alendronat tatsächlich aufgenommen hatten. Histologische Untersuchungen zeigten zudem eine Zunahme von Zellen, die für den Knochenaufbau zuständig sind. Während keine relevanten Effekte auf das Herzkreislaufsystem festgestellt wurden, brachten genetische Untersuchungen wie RNA-Sequenzierungen und Real-Time-PCR-Analysen besonders interessante Ergebnisse in Bezug auf das Immunsystem und die Regulation der Tumorentwicklung.

Genanalyse zeigt mögliche Wirkung bei Krebs

„Wir haben einige Moleküle, die auf Basis der Geninformation in unterschiedlicher Menge gebildet werden, für unsere Analyse herausgegriffen", erläutert Pietschmann. „Dabei stießen wir auf eine Verbindung, die zur Gruppe der sogenannten Zinkfinger-Proteine gehört und in den behandelten Fischen in geringerer Menge auftrat. Genau dieses Protein dürfte bisherigen Untersuchungen zufolge in der Entstehung von Brustkrebs eine Rolle spielen. Offensichtlich war also ein Krebs auslösender Faktor bei den behandelten Fischen weniger stark ausgeprägt.“

Ausblick auf neue Krebstherapien?

Künftige Studien sollen Bedeutung und Regulierung des Proteins noch näher untersuchen. Im besten Fall könnte es zu einem Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Krebstherapien werden. Ein zusätzlicher Erfolg des Projekts ist die Etablierung von Nothobranchius furzeri als Modellorganismus für die Osteoporoseforschung – Projektleiter Pietschmann hofft, dass dieses Tiermodell künftig breit genutzt wird. Dem Wissenschaftler ist aber auch noch etwas anderes wichtig: „Die Studienergebnisse sind eine weitere Ermutigung, Osteoporose konsequent zu behandeln", betont Pietschmann. „In Österreich wird die Erkrankung vielfach noch immer nicht entsprechend ernst genommen. Ich hoffe, dass die Erkenntnisse über die zusätzlichen positiven Effekte der Behandlung zu einem Umdenken und einem verstärkten Einsatz der bereits guten bestehenden Wirkstoffe beitragen.“

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Quelle:

Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF