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Medizin
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Prof. Dr. Timo Stöver, Tagungspräsident der 96. Jahresversammlung, betonte die herausragende Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit in der HNO-Heilkunde: „Unser Fachgebiet ist das Herzstück des Kopf-Hals-Bereiches und agiert als unverzichtbares Bindeglied zu zahlreichen Nachbardisziplinen.“ Er hob hervor, dass die diesjährige Jahresversammlung mit über 3.000 Teilnehmern aus 48 Ländern und mehr als 150 Sitzungen erstmalig gemeinsame Veranstaltungen mit zwölf anderen Fachdisziplinen bietet, um die Interdisziplinarität weiter zu stärken. Die neue Kongressreihe „HNO trifft…“ ermöglicht den Austausch über aktuelle Entwicklungen in den jeweiligen Fachbereichen und fördert so ein gegenseitiges Lernen und die Übernahme erfolgreicher Ansätze.

Deutsche HNO-Gesellschaft setzt Maßstäbe bei Cochlea-Implantaten

Ein weiteres zentrales Thema der Pressekonferenz im Vorfeld der Kongress-Eröffnung war die bundesweit erfolgreiche Einführung eines neuen Qualitätsstandards für die Versorgung hörgeschädigter Menschen. Rund 15 Millionen Menschen sind hierzulande von Hörverlust betroffen. Für hochgradig Schwerhörige und Taube bieten Cochlea-Implantate (CI) eine effektive Lösung. „Die Versorgung mit Cochlea-Implantaten ist ein komplexer Prozess, der höchste Qualitätsansprüche erfordert“, so Prof. Dr. Stefan Dazert. Um diese Qualität deutschlandweit zu sichern und kontinuierlich zu verbessern, hat die DGHNO ein Zertifizierungsverfahren für Cochlea-Implantat versorgende Einrichtungen etabliert. Bereits 58 Kliniken sind zertifiziert und folgen einheitlichen Behandlungsstandards basierend auf der Leitlinie und dem Weißbuch zur CI-Versorgung. Ergänzend dazu wurde ein Cochlea-Implantat-Register ins Leben gerufen, das bereits Daten von über 14.000 Implantaten und 12.000 Patienten enthält. Dieses Register ermöglicht die anonyme Erfassung qualitätsrelevanter Informationen und legt das wissenschaftliche Fundament für zukünftige Entwicklungen.

Künstliche Intelligenz: Revolution oder Hype in der HNO-Heilkunde?

Dr. Christoph Buhr aus Mainz präsentierte das Potenzial von Large-Language-Modellen (LLM) in der HNO-Heilkunde und diskutierte die Frage, ob KI in diesem Bereich eine Revolution oder lediglich ein Hype darstellt: „LLMs, wie ChatGPT, werden bereits vielfältig genutzt, auch für medizinische Fragestellungen“, erklärte Dr. Buhr. Er zeigte auf, dass der Einsatz von LLMs in der Patienteninformation, bei klinischen Entscheidungsprozessen (z.B. in der Poliklinik oder im Tumorboard) und bei der Datenauswertung (z.B. im Schlaflabor) vielversprechende Ergebnisse erzielt hat. Trotz der positiven Erfahrungen bestehen Herausforderungen, insbesondere im Datenschutz und bei der Rechtssicherheit. Dr. Buhr betonte die Notwendigkeit, dass sich HNO-Ärzte aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, um diesen Prozess zu begleiten und zu gestalten.

Präzision durch roboterassistierte Cochlea-Implantation

Prof. Dr. Thomas Klenzner stellte die neuesten Fortschritte in der roboterassistierten Cochlea-Implantation vor. Diese Technologie ermöglicht eine noch präzisere und schonendere Versorgung. „Die Cochlea-Implantation ist die einzige gut funktionierende Sinnesorganprothese, die seit Jahrzehnten etabliert ist“, so Prof. Klenzner. Ziel der robotischen Unterstützung ist es, den feinen Elektrodenträger des Implantats hochpräzise und sanft in die Hörschnecke einzuführen, um das Umgebungsgewebe möglichst wenig zu verletzen. Erste Entwicklungen zeigen, dass teilautomatisierte Verfahren zur Anlage eines Bohrkanals bis auf Zehntel Millimeter genau erfolgen können. Obwohl die robotische Cochlea-Implantation noch kein standardisiertes Verfahren ist, belegen die ersten erfolgreichen Anwendungen am Patienten das immense Potenzial dieser Technologie für eine individualisierte und optimierte Patientenversorgung.

Neue Forschungsergebnisse bei Kopf-Hals-Tumoren

Ein besonderes Highlight der PK war die Vorstellung der Keynote 689-Studie durch Prof. Dr. Simon Laban aus Ulm und Univ.-Prof. Dr. Jens Peter Klußmann aus Köln. Diese klinische Phase-III-Studie, an der auch Deutschland maßgeblich beteiligt war, untersuchte eine Immuntherapie mit Pembrolizumab vor und nach der Operation sowie während der Radiotherapie bei Patient:innen mit fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich. Die Studie hat ihren primären Endpunkt erreicht und zeigte in einer geplanten Zwischenauswertung eine signifikante Verbesserung des ereignisfreien Überlebens. Prof. Klußmann ergänzte, dass die Ergebnisse von immenser Bedeutung sind, da die Rate der Fernmetastasen halbiert und Hochrisikofaktoren um 10% vermindert werden konnten. Dies ermöglicht in einigen Fällen eine weniger intensive Bestrahlung nach der Operation, was zu besseren funktionellen Ergebnissen für die Patient:innen führt.

Aktualisierung der S2k-Leitlinie zur Berufskrankheit Silikose

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Quelle:

Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie