Internationale Studie deckt genetische Risiken bei Alzheimer auf
Eine neue internationale Studie des Konsortiums der European Alzheimer’s and Dementia Biobank (EADB) liefert Einblicke in genetische Risikofaktoren der Alzheimer-Krankheit. Dabei wurde analysiert, welche Faktoren in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auftreten und welche weltweit verbreitet sind. Es handelt sich um die erste globale Untersuchung polygenetischer Risikoscores (polygenic risk score – PRS) im Zusammenhang mit dem Alzheimer-Risiko. Die Analyse umfasste Daten aus Europa, Asien, Afrika, Nord- und Südamerika sowie Australien.
Genetische Ausgangsdaten aus globaler Assoziationsstudie
Grundlage der Untersuchung war eine umfassende Genome-Wide Association Study (GWAS) zur Alzheimer-Krankheit aus dem Jahr 2022. Diese enthält eine Liste genetischer Varianten, die mit dem Krankheitsrisiko in Zusammenhang stehen, und bewertet deren jeweilige Einflussstärke. Auf Basis dieser Daten wurden polygenetische Risikoscores berechnet, um die genetische Anfälligkeit für Alzheimer quantifizieren zu können.
Unterrepräsentierte Gruppen im Forschungsfokus
Seit über 8 Jahren erforschen Prof. Dr. Dr. Alfredo Ramirez und sein Team an der Universität Köln genetische Risikofaktoren der Alzheimer-Krankheit – mit einem besonderen Fokus auf Bevölkerungsgruppen, die bislang in der Forschung unterrepräsentiert sind, etwa aus Lateinamerika. Dabei wurden bereits bedeutende Erkenntnisse insbesondere zu lateinamerikanischen Kohorten gewonnen.
Vor dem Hintergrund zunehmender genetischer Heterogenität in vielen Ländern ist es von entscheidender Bedeutung, zwischen universellen und populationsspezifischen Risikofaktoren zu unterscheiden. Diese Arbeit legt die Basis für präzisionsmedizinische Ansätze, bei denen Prävention und Therapie stärker an die genetische Ausstattung von Einzelpersonen und Bevölkerungsgruppen angepasst werden können.
Zwei Risikotypen mit klinischer Relevanz
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Identifikation zweier genetischer Signaturen, die mit der Alzheimer-Krankheit assoziiert sind. Eine davon basiert vorrangig auf dem Gen Apolipoprotein E (APOE), während die andere durch die kombinierte Wirkung von etwa 75 genetischen Varianten geprägt ist. Letztere Signatur zeigte sich in allen untersuchten Populationen weitgehend stabil – ein Hinweis auf gemeinsame biologische Mechanismen. Im Gegensatz dazu variieren die Effekte von APOE je nach Herkunftsgruppe deutlich. Diese Unterschiede lassen sich möglicherweise auf bislang unbekannte genetische Besonderheiten innerhalb der entsprechenden Genomregion zurückführen.
Für die klinische Anwendung besonders relevant ist, dass PRS ausschließlich mit der Alzheimer-Krankheit assoziiert sind und keine Aussagekraft für andere Demenzformen besitzen. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten für eine gezielte Patientenauswahl in Studien sowie für den Ausschluss unspezifischer oder unklarer Diagnosen. Die Nutzung solcher genetischer Risikowerte könnte damit wesentlich zur Standardisierung und Effizienz klinischer Forschung beitragen.
Erkenntnisgewinn durch globale Zusammenarbeit
Prof. Ramirez betont: „In einer Zeit, in der Einwanderung und Vielfalt zunehmend politisiert werden, unterstreicht diese Studie die Bedeutung integrativer Wissenschaft. Bisher befassten sich die meisten Forschungsarbeiten mit Personen europäischer Abstammung, die in Industrieländern leben. Das stellte die Verallgemeinerbarkeit und Gerechtigkeit hinsichtlich unterversorgter Bevölkerungsgruppen aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und unterschiedlicher ethnischer Herkunft infrage. Unsere Studie zeigt, wie globale Zusammenarbeit und die Berücksichtigung der genetischen Vielfalt nicht nur das wissenschaftliche Verständnis verbessern, sondern auch die gesundheitliche Chancengleichheit und Integration fördern.“
Quelle:Universität zu Köln
Literatur:
- (1)
Nicolas A et al. (2025) Transferability of European-derived Alzheimer’s disease polygenic risk scores across multiancestry populations, Nature Genetics, DOI: 10.1038/s41588-025-02227-w