Knochenstruktur kann optimale Position für Schrauben bei Brüchen vorhersagen
Metallische Schrauben sind aus der Knochenchirurgie nicht wegzudenken – doch sie können unter alltäglicher Belastung versagen. Eine aktuelle Studie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) zeigt nun, dass sich dieses Risiko bereits vor der Implantation anhand detaillierter Knochenstrukturmessungen präzise abschätzen lässt. Durch die Kombination hochauflösender Mikro-CT-Aufnahmen mit Belastungstests wurden 2 entscheidende Parameter identifiziert, die bis zu 90% der Stabilitätsunterschiede erklären.
Schraubenversagen: Bisher kaum vorhersagbar
Orthopädische Schrauben stabilisieren Knochenfragmente nach Frakturen. Kommt es zum Versagen – etwa durch Lockerung oder Bruch –, sind Folgeeingriffe häufig unausweichlich. Bisher war es jedoch kaum möglich, das individuelle Risiko zuverlässig vorherzusagen. Das Team des Fachbereichs Biomechanik an der KL Krems schloss diese Lücke durch innovative Kombination aus Bildgebung und mechanischen Simulationen. So wurde sichtbar, wie die Beschaffenheit der Knochenstruktur den Halt der Schraube beeinflusst.
Knochenvolumen als Schlüssel zur Schraubenstabilität
„Wir wollten Folgendes wissen: Kann man noch vor der Implantation einer Schraube allein anhand der umliegenden Knochenstruktur vorhersagen, ob die Schraube unter den später zu erwartenden Kräften versagen wird? Unsere Antwort ist: Ja – und zwar erstaunlich genau“, erklärt Studienleiter Ass.-Prof. DI Dr. Andreas Reisinger. In der Studie wurden mithilfe eines Mikro-CTs zunächst die Knochenstrukturen von 100 Schweineknochenproben analysiert, die der menschlichen Struktur sehr ähnlich sind. Anschließend wurden Schrauben in verschiedenen Belastungsszenarien getestet – darunter Zug-, Druck- und Scherkräfte. 2 Parameter erwiesen sich als besonders aussagekräftig: das absolute Knochenvolumen (BV) und der Volumenanteil des Knochens im untersuchten Bereich (BV/TV).
Vorhersagemodelle ermöglichen präzise Planung
Die gewonnenen Daten flossen in zwei statistische Vorhersagemodelle ein – eines basierend auf dem Knochenvolumen allein, das andere unter Einbezug mehrerer Parameter. Beide Modelle zeigten eine hohe Vorhersagekraft: Zwischen 70 und 90% der Varianz in der Versagenskraft konnte erklärt werden. „Chirurg:innen könnten künftig bereits präoperativ jene Positionen im Knochen erkennen, an denen Schrauben den besten Halt finden“, so Reisinger. Das Risiko für spätere Komplikationen ließe sich so deutlich senken.
Perspektive: Personalisierte Orthopädie
Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für eine personalisierte Knochenchirurgie. Besonders bei älteren Menschen oder Patient:innen mit Osteoporose könnten individuell abgestimmte Schraubenplatzierungen Stabilität und Heilungschancen verbessern. Die Studie unterstreicht den Wert der interdisziplinären Zusammenarbeit von Technik und Medizin – und wie datenbasierte Modelle zur Optimierung chirurgischer Behandlungsstrategien beitragen können.
Quelle:Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften
Literatur:
- (1)
Silva-Henao JD etal. (2025) Predicting osteosynthesis screw failure by peri-implant bone morphology in multiple loading conditions. J Mech Behav Biomed Mater. 2025;168:107043. DOI: 10.1016/j.jmbbm.2025.107043.