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Medizin

Chronische und akute Abstoßung erfordern unterschiedliche Therapieansätze

„Die chronische und die akute Abstoßung unterscheiden sich in Ursache, Verlauf und Therapie“, erklärt Erstautor Dr. Bastian Engel, MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie (GHIE). „Bei der chronischen Abstoßung greifen Antikörper die Blutgefäße der transplantierten Leber an, oft ohne auffällige Leberwerte. Bis zu 50% der Fälle führen zu Vernarbungen, die Leberzirrhose verursachen und eine erneute Transplantation nötig machen können.“ Bei der Behandlung setzen die Ärzt:innen auf klassische Immunsuppressiva und Maßnahmen zur Senkung von Antikörpern wie Plasmapherese und hochdosierte Immunglobulin-Gaben – mit unterschiedlichem Erfolg. Die akute Abstoßung hingegen lässt sich leichter erkennen und behandeln. Dabei attackieren Immunzellen die Spenderleber, was die Leberwerte erhöht und eine Funktionsverschlechterung verursacht. Das Risiko dauerhafter Vernarbungen ist geringer, und die akute Abstoßung spricht meist gut auf eine Anpassung der Immunsuppression oder eine vorübergehende hochdosierte Kortisongabe an. „Entscheidend ist, dass diese beiden Formen nicht nur unterschiedlich verlaufen, sondern auch eigene molekulare Aktivitätsmuster zeigen – typische Fingerabdrücke im Organ. Diese Signaturen haben wir erstmals klar voneinander abgegrenzt“, erklärt der Doktorand und ärztliche Mitarbeiter Alejandro Campos-Murguia, ebenfalls Erstautor aus der gastroenterologischen Klinik.

Genexpressionsanalyse identifiziert vernarbungsfördernde Signalwege

Das Team analysierte erstmals, welche Gene in Gewebeproben von Lebertransplantationspatient:innen mit und ohne akute sowie chronische Abstoßung aktiv sind. Die Proben stammten aus Hannover und Barcelona. „Wir haben sowohl die Daten aus der Genexpression, der Zytokine, der Komplementfaktoren und die extrazelluläre Matrix (ECM) – also von verschiedenen Molekülen und Strukturen, die in Zellen und Gewebe eine Rolle spielen – in mehr als 158 Proben analysiert“, berichtet Ahmed Alaswad, Doktorand am Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (Centre for Individualised Infection Medicine, CiiM), einer gemeinsamen Einrichtung des HZI und der MHH und Erstautor. „Unsere Analysen zeigen erstmals eindeutig, dass Signalwege, die zur Vernarbung der Leber führen, wie die TNF–NF-κB-Signalgebung, und die Komplementaktivierung, ein Teil der angeborenen Immunantwort, auf eine chronische Abstoßung hindeuten.“

Molekulare Signaturen ermöglichen personalisierte Transplantationsmedizin

Die Erkenntnisse sind mehr als nur Grundlagenforschung. „Diese molekularen Signaturen können künftig helfen, chronische Abstoßungen in Überwachungs-Transplantatbiopsien frühzeitiger und genauer zu diagnostizieren und so die Behandlung gezielter anzupassen“, sagt Prof. Dr. Richard Taubert, Oberarzt der GHIE-Lebertransplantationsambulanz. „Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt hin zur personalisierten Medizin in der Transplantationsforschung“, betont Prof. Dr. Yang Li, MHH-Professorin, Ko-Direktorin des CiiM und Leiterin der Forschungsabteilung „Bioinformatik der Individualisierten Medizin“ des HZI. „Unser Ziel ist es, dass jede Patientin und jeder Patient die individuell bestmögliche Therapie erhält – damit sie mit dem transplantierten Organ deutlich länger leben können.“

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Quelle:

Medizinische Hochschule Hannover

Literatur:

(1)

Engel B et al. J Hepatol. 2025;83(6):1353-1363. DOI: 10.1016/j.jhep.2025.06.036

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