OSA-Versorgung im Wandel: Neue Ansätze für eine individualisierte Langzeitstrategie
Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) betrifft weltweit etwa 936 Millionen Erwachsene, davon leiden rund 425 Millionen an einer moderaten bis schweren Ausprägung. In Deutschland wird die Zahl der Betroffenen auf bis zu 14 Millionen geschätzt [1]. Trotz dieser hohen Prävalenz basiert die Versorgung in Deutschland weitgehend auf veralteten Strukturen der 1990er-Jahre. Darauf machte Holger Wöhrle, Ulm, auf einem Symposium im Rahmen des DGP-Kongresses 2025 aufmerksam.
Die Folge sind lange Wartezeiten zwischen Verdachtsdiagnose, Schlaflabor und Therapieeinleitung – mit nachgewiesenen Auswirkungen auf die Mortalität. Krankenkassendaten zeigen bereits 4 Jahre nach Erstdiagnose signifikante Überlebensunterschiede je nach Behandlungsstatus [2].
Individualisierte Therapiewahl statt Standardverfahren
Ein rein technikzentrierter Fokus auf die Behandlung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) greift laut Wöhrle zu kurz. Vielmehr sollte die Versorgung den Prinzipien der Präzisionsmedizin folgen. Dazu zählt die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, Komorbiditäten und Therapiealternativen. Auch die Definition von Therapiezielen müsse über den Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) hinausgehen und funktionelle Parameter wie Lebensqualität und Tagesmüdigkeit einbeziehen.
CPAP oft nicht ausreichend – rEDS ernst nehmen
Dr. Christina Lang, Ulm, illustrierte anhand eines Fallbeispiels die klinische Relevanz der residualen übermäßigen Tagesschläfrigkeit (rEDS). Trotz objektiv suffizienter CPAP-Anwendung blieb die Schläfrigkeit bestehen – ein in Registern häufig beobachtetes Phänomen: Etwa 25% der Patient:innen mit OSA berichten auch unter Therapie weiterhin über rEDS [3]. Für diese Gruppe sollte rEDS differenzialdiagnostisch evaluiert und gegebenenfalls mit wachfördernden Substanzen behandelt werden. Lang setzte in ihrem Fall Pitolisant ein – einen H3-Rezeptorantagonisten mit Zulassung für OSA-Patient:innen, die unter CPAP keine ausreichende Symptomkontrolle erreichen oder diese nicht tolerieren. Die jüngst auf 36 mg erhöhte Maximaldosis erweitert zudem den therapeutischen Spielraum [4].
Digitale Nachsorge senkt Therapieabbrüche
Prof. Dr. Christoph Schöbel, Essen, stellte die strukturellen Defizite der OSA-Versorgung in Deutschland infrage. Mangels flächendeckender Ambulanzen bleiben viele Patient:innen ohne adäquate Nachsorge, was zu hohen CPAP-Abbruchraten führt. Telemonitoring kann hier Abhilfe schaffen: Laut Kohortenanalysen lassen sich die Abbruchraten durch telemedizinische Begleitung von 27% auf unter 20%, mit Nutzung von Feedbackfunktionen sogar auf unter 10% reduzieren [5]. Mit dem Digital-Gesetz (DigiG) sind nun auch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um Menschen mit OSA per Telemedizin weitreichend zu versorgen.
Quelle:Signum
Literatur:
- (1)
Benjafield et al., Lancet Respir Med. 2019 August; 7(8): 687–698.
- (2)
Woehrle H. et al., M C98. RISKY BUSINESS: PREDICTING CONSEQUENCES OF OSA. May 1, 2023, A5965-A5965.
- (3)
Bonsignore MR et al., Front. Neurol. 12:690008.
- (4)
Fachinformation Ozawade® (Stand 10/24)
- (5)
Woehrle H et al., ERJ Open Res 2024; 10: 00424-2023.