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Chronische Gastritis

von Dr. rer. nat. Marion Adam

Chronische Gastritis
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Die chronische Gastritis ist eine der häufigsten lebenslangen, schweren und heimtückischen Erkrankungen des Menschen. Schätzungsweise leidet mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in der einen oder anderen Form an dieser chronischen Erkrankung.
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Was ist eine chronische Gastritis?

Die chronische Gastritis ist eine Erkrankung, bei der sich die Magenschleimhaut entzündet. Im Gegensatz zur akuten Gastritis, bei der die Reizung der Magenschleimhaut schnell auftritt, entwickelt sich die chronische Form allmählich, hält länger an und kann schwieriger zu heilen sein als eine akute Gastritis.

Die Prävalenz der chronischen Form der Magenschleimhautentzündung ist in den letzten Jahrzehnten in den Industrieländern deutlich zurückgegangen. Dennoch ist sie nach wie vor eine der häufigsten schweren pandemischen Infektionen mit schwerwiegenden tödlichen Folgen wie Magengeschwüren oder Magenkrebs. Weltweit leiden im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller Menschen darunter. Die Infektion mit Helicobacter pylori im Kindesalter ist die Hauptursache der chronischen Gastritis (1).

Die Erkrankung bessert sich in der Regel mit der Behandlung, kann aber eine ständige Überwachung erfordern. Lang anhaltende Entzündungen können zu Erosionen führen, die die Magenschleimhaut zerstören und weitere medizinische Probleme verursachen.

Je nach Ursache werden folgende Typen untschieden (1, 2):

Typ-A-Gastritis (Autoimmun-Gastritis):

Die Typ-A-Gastritis ist mit 3 bis 5% die seltenste chronische Form. Sie ist eine Autoimmunerkrankung, d.h. sie wird durch die Zerstörung von Magenzellen durch das Immunsystem verursacht. Der chronische Gastritis Typ A (Autoimmungastritis) kann das Risiko für Vitaminmangel, Blutarmut und Krebs erhöhen.

Im Fall der Typ-A-Gastritis richten sich die Antikörper gegen die Belegzellen (Parietalzellen) und andere Bestandteile der Magenschleimhaut wie den Intrinsic Factor. Die Ursache für diese Überreaktion des Immunsystems ist noch unklar, bei einem Teil der Betroffenen wird Helicobacter pylori als Auslöser vermutet.

In jedem Fall kann eine Gastritis in Verbindung mit Autoimmunität und bei Personen, die für Autoimmunerkrankungen prädisponiert sind (Autoimmun-Thyreoiditis, Diabetes usw.) progressiver und schneller verlaufen als eine reine Helicobacter-pylori-Gastritis.

Typ-B-Gastritis

Die Typ-B-Gastrits ist mit 60-70% die häufigste Form der chronischen Magenschleimhautentzündung. Der Gastritis Typ B wird durch das Bakterium Helicobacter pylori verursacht. Mögliche Folgen sind neben einem Reizmagen auch Geschwüre in Magen und Zwölffingerdarm, Magenkrebs, Lymphknotengeschwüre des Magens, Eisenmangel und in seltenen Fällen eine Verminderung der Blutplättchen.

Selten können andere Bakterien Auslöser einer Typ-B-Gastritis sein. Daher wird sie generell auch als bakterielle Gastritis bezeichnet.

Typ-C-Gastritis

Typ-C-Gastritis wird durch chemische Reizstoffe wie nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), Alkohol oder den Rückfluss von Gallenflüssigkeit verursacht. Dieser Gallenreflux kann auch nach Operationen am Magen auftreten. Auch hier kann es zu Erosionen der Magenschleimhaut und Blutungen kommen. Ein eindeutiges Krankheitsbild ist für diese Gastritis nicht belegt, auch schwerwiegende Spätfolgen sind nicht bekannt.

Weitere Formen:
 
  • hypertrophe Gastritis: kann mit einem Eiweißmangel zusammenhängen
  • eosinophile Gastritis: kann mit anderen allergischen Erkrankungen wie Asthma oder Ekzemen einhergehen
  • Crohn-Gastritis: Morbus Crohn greift auf den Magen über
  • Morbus Mènètrier: Zellen der Magenschleimhaut vermehren sich übermäßig und dicke Falten, vergrößerte Drüsen oder Zysten bilden sich

Ist eine Gastritis gefährlich?

Die lebenslange aggressive Entzündung führt über die Jahre zu einer Zerstörung der Magenschleimhaut (atrophische Gastritis). Die fortschreitende Verschlechterung der Entzündung führt zu Funktionsstörungen der Magenschleimhaut und im Extremfall schließlich zu einem dauerhaft säurefreien Magen.
Eine schwere atrophische Gastritis und ein säurefreier Magen gehen mit einem erhöhten Risiko für Magenkrebs einher. Zusätzlich zu den Risiken einer bösartigen Erkrankung und eines Magengeschwürs können ein säurefreier Magen und schwere Formen der atrophischen Gastritis zu einer gestörten Aufnahme von lebenswichtigen Vitaminen wie Vitamin B12, Nährstoffen wie Eisen, Kalzium, Magnesium und Zink, Nahrung und Medikamenten führen (1).
Die Bedeutung der chronischen Gastritis als schwerwiegende Erkrankung wird in der klinischen Praxis weitgehend unterschätzt, obwohl die Rolle der Gastritis in der Pathogenese des gewöhnlichen Magengeschwürs und des Magenkarzinoms offensichtlich ist. Es ist davon auszugehen, dass weltweit jährlich Millionen von vorzeitigen Todesfällen durch Krebs und Geschwüre als Folge einer Magenschleimhautentzündung auftreten können.
 
 

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Was sind die Ursachen einer chronischen Magenschleimhautentzündung?

Die möglichen Ursachen von chronischer und akuter Gastritis können sich überschneiden.
Folgende Ursachen können die Magenschleimhaut reizen und zu einer chronischen Entzündung führen (1, 2):
  Helicobacter pylori ist letztendlich in der Mehrheit der Fälle die Ursache für die chronische Entzündung, mit Ausnahme der autoimmun bedingten Gastritis (Typ A).

Obwohl die Grundzüge der chronischen Gastritis gut bekannt sind, gibt es noch einige offene Fragen, z.B. welche Rolle Autoimmunität oder Genetik bei der Entstehung und Progression der chronischen Helicobacter-pylori-Gastritis spielen. Die molekularen Mechanismen und die Rolle von Umweltfaktoren wie der Ernährung sowie die Rolle anderer Mikroben als Helicobacter pylori für den Krankheitsverlauf sind weitgehend unbekannt (1).

Wie macht sich eine chronische Gastritis bemerkbar?

Eine chronische Gastritis verursacht nicht immer Beschwerden. Menschen mit Symptomen leiden jedoch häufig unter:
 
  • Schmerzen im Oberbauch
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Blähungen
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Aufstoßen
  • Appetitlosigkeit
  • Gewichtsverlust
In einigen Fällen geht die Reizung der Magenschleimhaut mit dem Wachstum von Magenpolypen einher. Sie treten am häufigsten bei chronischer Gastritis vom Typ B auf. Diesse können auf ein erhöhtes Magenkrebsrisiko hinweisen. Viele Magenpolypen sind gutartig und verschwinden mit der Behandlung.

Wie erfolgt die Diagnose einer chronischen Gastritis?

Folgende Diagnose-Methoden können angewandt werden:
 
  • Erfragen der Krankengeschichte und der Beschwerden
  • Test auf Helicobacter pylori
  • Stuhluntersuchung auf Magenblutungen
  • Blutbild
  • Endoskopie (Gastroskopie)
     
     
     

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Wie wird eine chronische Gastritis behadelt?

Die Behandlung hängt von der Art, der Ursache und dem Schweregrad der Gastritis ab.

Eine chronischen Magenschleimhautentzündung, die durch eine Infektion mit Helicobacter pylori verursacht wird, wird in der Regel mit einer Kombination aus Antazida und Antibiotika behandelt, auch wenn die Infektion keine Symptome verursacht.

Wenn eine chronische Gastritis zu Ernährungsmängeln führt, müssen die Betroffenen häufig Nahrungsergänzungsmittel einnehmen oder ihre Ernährung umstellen, um Komplikationen zu vermeiden.

Die meisten Medikamente gegen Gastritis zielen darauf ab, die Säuremenge im Magen zu reduzieren, z.B.:
 
  • Antazida
  • Protonenpumpenhemmer
  • H2-Rezeptor-Blocker
Auch eine Ernährungsumstellung ist bei einigen Betroffenen sinnvoll:
Vermeidung von:
 
  • salz-/fettreicher Ernährung
  • Alkohol
  • rotem Fleisch und Fleischkonserven
Empfohlene Lebensmittel:
 
  • Obst und Gemüse
  • probiotische Lebensmittel
  • mageres Fleisch
  • pflanzliche Proteine
  • Vollkornnudeln, -reis und -brot
Die Symptome einer chronischen Gastritis können manchmal innerhalb weniger Stunden verschwinden, wenn Medikamente oder Alkohol die Ursache sind.

Unbehandelt kann eine chronische Gastritis jahrelang bestehen bleiben.
 
 
 

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Redaktion journalmed.de

Literatur:

(1) Sipponen P & Maaroos HI. Chronic gastritis. Scand J Gastroenterol. 2015 Jun 3; 50(6): 657–667. doi: 10.3109/00365521.2015.1019918.
(2) Annibale B., Esposito G & Lahner E. A current clinical overview of atrophic gastritis. Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 2020 Feb;14(2):93-102. doi: 10.1080/17474124.2020.1718491.

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