Donnerstag, 28. März 2024
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Medizin

European Health Data Space (EHDS): Gesundheitsdaten going Europe

von Anne Krampe-Scheidler

European Health Data Space (EHDS): Gesundheitsdaten going Europe
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Die COVID-19-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, dass globale Gesundheitsthemen nicht mehr im nationalen Alleingang gelöst werden können. Bisherige Anstrengungen, in Europa grenzüberschreitend elektronische Gesundheitsdienste zu implementieren, sind jedoch kaum vorangekommen. So wurde die Plattform MyHealth@EU bisher erst in 10 Mitgliedstaaten realisiert (1). Die Schaffung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten (European Health Data Space, EHDS) soll endlich einen Durchbruch bringen. Im Frühjahr 2022 legte die Europäische Kommission einen entsprechenden Entwurf vor. Ziel des Großprojekts ist es, einen gemeinsamen Standard für die Erhebung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu schaffen. Auf der Digital Health Conference (DHC) im November 2022 in Berlin zeigte sich in einer Paneldiskussion, dass hinsichtlich der Umsetzung noch viele Fragen offen sind.

Was soll der EHDS leisten?

Nick Schneider, Leiter Referat Grundsatzfragen neue Technologien und Datennutzung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), fasste zunächst die Eckpunkte des 130-Seiten-Entwurf zusammen (1):
 
  • Alle Bürger:innen der EU sollen über eine elektronische Patientenakte (ePA) direkt auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen und diese kontrollieren können.
  • Die ePA-Systeme müssen interoperabel sein, um miteinander kommunizieren zu können.
  • Für die Primärversorgung von Patient:innen im europäischen Ausland sollen Leistungserbringern personenbezogene Gesundheitsdaten zur Verfügung gestellt werden.
  • Im Rahmen der Sekundärnutzung soll es Akteuren aus Forschung und Innovation, politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden ermöglicht werden, elektronische Gesundheitsdaten für bestimmte Zwecke zu nutzen. Die Daten selbst bleiben am Ursprungsort.
  • Basis ist eine stabile und sichere digitale Infrastruktur.

EHDS wird nach Inkrafttreten noch nicht komplett ausgereift sein

Die Verordnung soll 2024/25 in Kraft treten. Schneider dämpfte jedoch zu hohe Erwartungen: „Keinesfalls werden wir in 2 bis 3 Jahren fertig sein“, stellte er klar. Weder seien dann alle Daten verfügbar noch alle Leistungserbringer europaweit schon angebunden. „Wichtig ist, dass wir dann im iterativen Prozess das Thema weiter ausbauen“. Dies klang ein wenig nach dem „Chiquita-Prinzip“ („Grün ernten, beim Kunden reifen lassen“), das Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, wenige Stunde vorher in seinem Vortrag mit Blick auf das E-Rezept kritisiert hatte.
 
 

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Empowerment für Patient:innen – EHDS soll Rolle der Patient:innen aufwerten

Das EHDS werte die Rolle der Patient:innen deutlich auf, betonte Dr. Bettina Zippel-Schultz vom Vorstand der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke. Diese seien sich des Mehrwerts bewusst und würden auch erwarten, dass ihre Gesundheitsdaten genutzt werden, um Versorgungsprozesse zu vereinfachen und eine individualisierte Therapie zu ermöglichen. Die Hoheit über die eigenen Daten zu besitzen, sei ein wichtiges Empowerment, sagte sie. Da die Vorgaben im EHDS-Entwurf zum Teil jedoch noch sehr unkonkret sind, forderte sie, gemeinsam Modelle zu entwickeln, aus denen hervorgeht, was mit den Gesundheitsdaten geschieht, wenn Industrie oder Universitäten damit forschen. Interessant war in diesem Zusammenhang eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Konferenz geäußerte Überlegung, wonach Patient:innen beim Datenschutz gemäß ihren individuellen Bedürfnissen unterschiedliche Optionen wählen können.

Pharmaindustrie fordert für EHDS einheitliche Regelung

Auch die Pharmabranche setzt auf den EHDS. Delia Strunz, Director Government Affairs & Policy Germany Johnson & Johnson, sprach von „enormen Chancen für die Versorgung und die Forschung“. Eine personalisierte Therapie, wie sie in der Onkologie bereits praktiziert werde, rücke dann auch in anderen Indikationen näher. Insbesondere Patient:innen mit seltenen Erkrankungen würden davon profitieren, dass europäische Daten aggregiert werden können, sagte sie. Zudem forderte sie ein konsistentes Antragsrecht. „Wir erhoffen uns von der DSGVO eine einheitliche, harmonisierte Interpretation, also nicht 17 Datenschutzbeauftragte, die alle eine eigene Meinung haben, denn damit sterben viele Projekte.“
 
 

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Europäisches Recht hat beim EHDS Vorrang

Diese Befürchtung konnte Schneider zum Teil entkräften. Er wies darauf hin, dass der EHDS-Entwurf einen „Anwendungsvorrang für EU-Recht“ vorsehe und Rechte der Mitgliedsländer hintenanstehen. Damit biete der EHDS für Länder mit einer föderalen Struktur wie Deutschland eine Chance, die bekannten Probleme im Datenschutz zu umgehen. „Nicht umsonst haben wir während der Pandemie mit dem §287a eine federführende Datenschutzaufsicht für Forschungsvorhaben eingeführt. Diesen Schritt sollten wir auch weitergehen“, betonte er. „Wir müssen aus diesen Schwierigkeiten herauskommen: dass Forschung nur lokal in einzelnen Krankenhäusern betrachtet wird. Forschung muss mindestens bundesweit, möglichst aber auf europäischer Ebene stattfinden können.“

Quelle: Digital Health Conference

Literatur:

(1) Entwurf der Verordnung über den EHDS.
(2) Informationen der Europäischen Kommission zu MyHealth@EU.



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