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Immunothrombolyse: Neutrophile als natürliche Gerinnselauflöser

Im Mittelpunkt der Studie steht die Entdeckung eines Mechanismus, den die Forschenden als „Immunothrombolyse“ bezeichnen. Dabei rekrutieren nicht-klassische Monozyten neutrophile Granulozyten in den Thrombus. Diese wandeln sich im hypoxischen Milieu in eine spezialisierte Form um, die vermehrt den Urokinase-Rezeptor (PLAUR) exprimiert – ein Schlüsselenzym der körpereigenen Fibrinolyse. Die kontrollierte Aktivierung dieses Prozesses könnte eine neue Grundlage für therapeutische Interventionen darstellen, die auf eine natürliche, immunvermittelte Thrombusauflösung abzielen.

Präzise Zellkartierung mit Single-Cell-Technologien

Die Grundlage für diese Entdeckung bildeten Thromben, die im Rahmen mechanischer Thrombektomien bei Schlaganfallpatient:innen gewonnen wurden. Diese Proben ermöglichten die erstmalige hochauflösende Analyse der Zellzusammensetzung im akuten Thrombusstadium. Mithilfe von Single-Cell RNA-Sequenzierung und CITE-seq konnten Immunzellpopulationen detailliert charakterisiert und mit Blutproben derselben Patient:innen verglichen werden. Ergänzt wurden die Humanproben durch In-vivo-Modelle und Zellkulturexperimente, die funktionelle Rückschlüsse erlaubten.

HIF1a-Signalweg: Schlüssel zur gezielten Aktivierung

Ein weiterer zentraler Befund: Die thrombusauflösenden Eigenschaften der Neutrophilen lassen sich über den HIF1a-Signalweg gezielt verstärken. Mäuse, bei denen dieser Signalweg aktiviert wurde, zeigten eine deutlich verbesserte Thrombolyse. Umgekehrt führte eine Blockade des Mechanismus zu einer verzögerten oder unzureichenden Auflösung. Die Steuerung dieses Pfads könnte ein vielversprechender Angriffspunkt für neue Therapien sein, die ohne die mit klassischen Thrombolytika verbundenen Blutungsrisiken auskommen.

Ein neues Bild vom Blutgerinnsel

Die Studie liefert eine hochdetaillierte Landkarte der Immunzellaktivität im Thrombus – sowohl beim Menschen als auch in Tiermodellen. Sie zeigt, dass sich Thromben nach ihrer Entstehung dynamisch verändern können und dabei auch immunologisch getriebene heilende Prozesse stattfinden. Die Erkenntnisse könnten langfristig helfen, neue Therapien in der Behandlung von Thrombosen zu entwickeln, welche gefährliche Blutungsnebenwirkungen umgehen.

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Quelle:

Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.

Literatur:

(1)

Pekayvaz et al. (2025) Immunothrombolytic monocyte-neutrophil axes dominate the single-cell landscape of human thrombosis and correlate with thrombus resolution, Immunity (2025), DOI: 10.1016/j.immuni.2025.03.020.