Neue S3-Leitlinie zur Behandlung von Menschen mit Schizophrenie
Die S3-Leitlinie Schizophrenie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) aktualisiert [1]. Schizophrenien gehören zu den besonders schweren psychischen Erkrankungen. Etwa ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens daran.
Schizophrenie: Schwere Erkrankung mit hoher Mortalität
Schizophrenie geht mit erheblichem persönlichem Leid und einem hohen Risiko für soziale und berufliche Beeinträchtigungen einher. Betroffene sterben durchschnittlich 15–20 Jahre früher als die Allgemeinbevölkerung. Ohne eine Behandlung steigt das Risiko sich selbst zu gefährden und auch die Wahrscheinlichkeit für Gewalttaten ist erhöht – insbesondere, wenn zusätzlich Substanzen wie Alkohol oder Drogen konsumiert werden.
Bedeutung frühzeitiger leitliniengerechter Behandlung
Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN betont: „Eine frühzeitige Erkennung und eine konsequente leitliniengerechte Behandlung von Menschen mit Schizophrenie sind wichtig, damit Komplikationen und das Leid für die Betroffenen selbst und für andere minimiert werden. Die aktualisierte S3-Leitlinie Schizophrenie der DGPPN zeigt nun neue Wege für individuelle Therapien auf."
Paradigmenwechsel: Kombinationstherapien bei schwierigen Fällen
Während bislang im Rahmen der medikamentösen Therapie eine Monotherapie empfohlen wurde, öffnet die neue Leitlinie nun in bestimmten Konstellationen, insbesondere bei schwierigen Behandlungsfällen, die Tür für Kombinationstherapien. Prof. Dr. Alkomiet Hasan, Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Augsburg und Koordinator der neuen Leitlinie, erläutert: „Mit den neuen Empfehlungen erweitern wir die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten, die auf eine Einzelmedikation nicht ausreichend ansprechen. Die Auswahl der Medikamente muss individuell erfolgen. Dabei müssen unbedingt die Nebenwirkungen berücksichtigt werden, denn diese sind häufig entscheidend dafür, ob eine Medikation auch langfristig eingenommen wird."
Stärkung der Psychotherapie mit neuen Verfahren
Die Leitlinie stärkt zudem den Stellenwert der Psychotherapie in der Behandlung der Schizophrenien. Neu aufgenommen wurden unter anderem traumafokussierte Verfahren, die Patient:innen mit komorbider Posttraumatischer Belastungsstörung wirksam unterstützen können, sowie moderne Verfahren der achtsamkeitsbasierten Psychotherapie. Zudem wurden erstmalig digitale Ansätze wie die Avatar-Therapie zur Behandlung von auditiven Halluzinationen in die Empfehlungen aufgenommen, auch wenn die Evidenz hier noch begrenzt ist.
Ganzheitlicher Behandlungsansatz mit psychosozialen Interventionen
Neben Psychotherapie und Pharmakotherapie betont die Leitlinie auch die Wichtigkeit psychosozialer Interventionen. Dazu zählen unter anderem Bewegungstherapien und die konsequente Einbindung der Angehörigen. „Entscheidend für eine wirksame Behandlung ist ein ganzheitlicher Behandlungsansatz. Die Kombination von Antipsychotika mit kognitiver Verhaltenstherapie und psychosozialen Verfahren ist nach aktuellem Stand der Forschung von zentraler Bedeutung. Auch die Förderung der somatischen Gesundheit muss unbedingt im Blick gehalten werden", erklärt Alkomiet Hasan.
Separate Leitlinie für Komorbidität mit Substanzkonsum geplant
Die besondere Problematik des gleichzeitigen Drogen- oder Alkoholkonsums wird in der Leitlinie nicht mehr im Detail behandelt. Hierzu wird derzeit eine separate DGPPN-S3-Leitlinie erarbeitet, die voraussichtlich Ende des Jahres veröffentlicht wird.
Quelle:Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)
Literatur:
- (1)
S3-Leitlinie Schizophrenie AWMF-Reg.-Nr. 038, abrufbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-009, letzter Zugriff: 15.10.2025.