S3-Leitlinie zu seltenen Lebererkrankungen soll Diagnose und Therapie verbessern
Seltene Lebererkrankungen stellen eine besondere Herausforderung in der klinischen Praxis dar. Eine neue S3-Leitlinie legt erstmals umfassende Standards für die Diagnostik und Therapie fest.
Einheitliche Standards für seltene Autoimmun-Lebererkrankungen
Eine Erkrankung gilt als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10 000 Menschen betroffen sind. Aufgrund dieser geringen Fallzahlen fehlt es oft an umfassender Versorgungsexpertise, die eine rasche Diagnose und adäquate Therapie sicherstellt. Aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erstmals eine S3-Leitlinie zu autoimmunen Lebererkrankungen entwickelt.
Innerhalb der Gruppe der seltenen Lebererkrankungen treten diese vergleichsweise häufig auf, weshalb der Bedarf an standardisierter Diagnostik und wirksamer Therapie besonders hoch ist. Unter dem Titel „Seltene Lebererkrankungen (LeiSe LebEr)“ stellt die neue S3-Leitlinie erstmals systematisch die evidenzbasierte Diagnostik und Therapie bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zusammen und formuliert klare Handlungsempfehlungen für die klinische Praxis. Ziel ist es auch, Komplikationen wie Leberversagen, Leberkrebs oder Transplantationen zu vermeiden.
Differenzierte Diagnostik je nach Krankheitsbild
Die neue DGVS-Leitlinie betont die differenzierte Diagnostik der verschiedenen autoimmunen Lebererkrankungen, wie der Autoimmunen Hepatitis (AIH), primär biliären Cholangitis (PBC) und primär sklerosierenden Cholangitis (PSC).
So ist bei der AIH stets eine Leberbiopsie erforderlich, um die Diagnose abzusichern. Die Gewebeentnahme ist entscheidend, da sich die Erkrankung klinisch und laborchemisch sehr unterschiedlich präsentieren kann.
Die PBC kann meist ohne invasive Verfahren diagnostiziert werden. Der Nachweis spezifischer Antikörper im Blut, insbesondere antimitochondrialer Antikörper (AMA), sowie typische Laborveränderungen liefern entscheidende Hinweise. „Andere Ursachen für einen gestörten Gallenabfluss, wie Gallensteine, müssen ausgeschlossen werden. Auch jüngere Frauen im Alter von 30 bis 40 Jahren und vor allem Männer können an PBC erkranken; das muss stärker ins Bewusstsein der Behandler rücken", erklärte Prof. Lohse, Koordinator der Leitlinie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Interdisziplinäre Empfehlungen für alle Altersgruppen
Während sich die PBC fast ausschließlich im Erwachsenenalter manifestiert, treten PSC und AIH häufig bereits im Kindes- und Jugendalter auf. Die Leitlinie stellt deshalb die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere mit der Pädiatrie, in den Vordergrund und bietet Handlungsempfehlungen, die für alle Altersgruppen gelten. Ein einheitliches Vorgehen erleichtert dabei auch den Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin, der bei langjährig Betroffenen häufig eine besondere Herausforderung darstellt.
Die vollständige Leitlinie sowie ergänzende Materialien sind hier abrufbar: https://www.dgvs.de/leitlinien/leber-galle-pankreas/seltene-lebererkrankungen-leise-leber/.
Quelle:Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS):