Stammzelltransplantation fördert Remyelinisierung bei chronischer MS im Mausmodell
Induzierte neurale Stammzellen (iNSCs) konnten im Tiermodell chronische Gewebeschäden im zentralen Nervensystem regenerieren. Das zeigen Forschende der Universitäten Cambridge und Innsbruck in einer aktuellen Publikation. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass stammzellbasierte Ansätze zur Remyelinisierung bei chronisch-progredienter Multipler Sklerose (MS) therapeutisch relevant sein könnten.
Fehlende Remyelinisierung verschärft Krankheitsprogression
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem das zentrale Nervensystem angreift und dabei die schützende Myelinschicht der Nervenfasern zerstört. Dieser Verlust der Myelinisierung führt im Verlauf der Erkrankung zu bleibenden neurologischen Einschränkungen. Zwar können körpereigene Reparaturmechanismen in frühen Stadien noch begrenzt zur Remyelinisierung beitragen, im fortgeschrittenen, progredienten Verlauf nimmt diese Fähigkeit jedoch deutlich ab. Die daraus resultierende Nervenzellschädigung gilt als zentraler Treiber der zunehmenden Behinderung.
Bestehende Therapien konzentrieren sich bislang vor allem auf die Kontrolle von Symptomen und entzündlichen Schüben, ohne die zugrundeliegenden Gewebeschäden rückgängig machen zu können. Vor allem für Patient:innen mit chronisch-progredienter Verlaufsform besteht daher ein erheblicher Bedarf an regenerativen Behandlungsstrategien, die direkt in die Krankheitsmechanismen eingreifen.
Stammzelltransplantation induziert Remyelinisierung im Mausmodell
Die in der Fachzeitschrift Brain veröffentlichte Studie unter der Leitung von Dr. Luca Peruzzotti-Jametti (Universität Cambridge) und mit Beteiligung von Prof. Frank Edenhofer (Universität Innsbruck) liefert neue Einblicke in das therapeutische Potenzial neuraler Stammzelltransplantationen bei fortschreitender Multipler Sklerose. In einem Mausmodell wurden induzierte neurale Stammzellen transplantiert, um ihre Fähigkeit zur Remyelinisierung geschädigter Nervenfasern zu untersuchen. Erstmals gelang es, nachzuweisen, dass diese Zellen sich im lebenden Organismus zu Oligodendrozyten weiterentwickeln – also zu jenen Zellen, die für die Bildung der Myelinscheide verantwortlich sind.
Darüber hinaus liefert die Arbeit Hinweise auf die Sicherheit der Transplantation humaner iNSCs. Prof. Frank Edenhofer betont: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass induzierte neurale Stammzellen nicht nur sicher sind, sondern auch ein bemerkenswertes regeneratives Potenzial nach der Transplantation entfalten können.“
Autologe Stammzelltherapie könnte Risiko der Abstoßung senken
Induzierte neurale Stammzellen werden durch zelluläre Reprogrammierung direkt aus Haut- oder Blutzellen von Patient:innen gewonnen. Diese Technologie eröffnet die Möglichkeit einer autologen Transplantation, bei der patienteneigene Zellen eingesetzt werden. „Ein entscheidender Vorteil dieser Technologie liegt in der Möglichkeit der autologen Transplantation – also der Verwendung patienteneigener Zellen. Dies könnte das Risiko einer immunologischen Abstoßung erheblich senken und stellt damit einen wichtigen Schritt in Richtung klinisch anwendbarer Therapien dar“, erklärt Edenhofer.
Aktuell untersucht das Forschungsteam, inwieweit iNSCs zusätzlich neuroprotektive und entzündungshemmende Effekte im zentralen Nervensystem entfalten. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung stammzellbasierter Therapien, die nicht nur Symptome mildern, sondern das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und vor weiterer neurodegenerativer Schädigung schützen.
Quelle:Universität Innsbruck
Literatur:
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Peruzzotti-Jametti L et al. (2025) Remyelination of chronic demyelinated lesions with directly induced Neural Stem Cells. Brain, DOI: 10.1093/brain/awaf208