Expertise der Ärzteschaft findet bei Krankenhausreform kaum Beachtung
Für Dr. Stephan-Odenthal, Geschäftsführer der Uro-GmbH Nordrhein und Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Urologen war der
127. Deutsche Ärztetag ein Spiegel der derzeitigen gesundheitspolitischen Situation: „Einer engagierten Ärzteschaft, die sich über alle Anforderungen der Zukunft der medizinischen Versorgung Gedanken macht, standen Bundesgesundheitsminister Lauterbach und Landesgesundheitsminister Laumann Politiker gegenüber, die offensichtlich eine völlig eigene Agenda verfolgen. Beide wollen eine Krankenhausreform durchführen, setzen dabei vor allem auf die Ideen aus den eigenen Ministerien und wenig auf die Expertise der Ärzteschaft. Beide wollen weniger Kliniken und eine Umfunktionierung kleinerer Häuser in Gesundheitszentren und vor allem die Ambulantisierung von Leistungen durch die Kliniken forcieren, um so Geld und personelle Ressourcen zu sparen.“
Zukunftspläne ohne niedergelasse Fachärzt:innen
„Grundsätzlich sind diese Überlegungen richtig“, sagt Dr. Stephan-Odenthal. Wie aber die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte dazu eingebunden werden sollen, bleibt bisher bei den Planungen völlig offen. Auch die bisherigen Institutionen der ärztlichen Selbstverwaltung seien bisher außen vor. Dabei müssten diese Institutionen später als Einrichtungen des öffentlichen Rechtes die Regelungen umsetzen und überwachen. „Aus dem Bundesministerium zeichnet sich das Bild eines Ministers, der keine anderen Meinungen hören will, weil er sich selber für den einzig wahren Experten mit ultimativem Durchblick hält“, meint Stephan-Odenthal. Lauterbachs Vision der zukünftigen Versorgung sei ein niederschwelliges Angebot in sogenannten Gesundheitskiosken, von denen in Deutschland 1.000 flächendeckend eingerichtet werden sollen. „Dort werden aber keine Ärzte, sondern Personal aus Pflege und Sozialdienst arbeiten“, gibt der Urologe zu bedenken. „Diese sollen dann entscheiden, wer zum Arzt muss und dann den Hausarzt kontaktieren. Wenn Hausärzte entscheiden, dass eine fachärztliche Behandlung notwendig ist, sollen die Patienten an die Klinik überwiesen werden. Niedergelassene Fachärzte kämen dann gar nicht mehr vor!“
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Notdiensttätigkeit wird für Ärzt:innen unrentabel
Auch bei der anstehenden Notdienstreform zeigen sich Risse zwischen den Sektoren. Während die Krankenhausambulanzen den Führungsanspruch in der Ausgestaltung vor Ort anmelden und eine 24/7/365 Tage Notfallambulanz fordern, geben die KVen zu bedenken, dass ein Betrieb der angedachten Notfallzentren nur zu Zeiten, in denen die Praxen geschlossen sind, notwendig und nicht ohne Beteiligung der Niedergelassenen möglich sei. Mitten in diesen Dissens kam nun aus dem Arbeitsministerium die Forderung, dass im hausärztlichen Notdienst tätige „Poolärzte“ als Vertreter wie angestellte Ärzte betrachtet und damit für sie Sozialabgaben abgeführt werden müssen, wie bei angestellten Ärzten. Dies bedeutet für die bisher eingeteilten Vertragsärzte, dass damit eine Vertretung durch Poolärzte nahezu unmöglich bzw. unbezahlbar wird. „Damit soll offensichtlich Druck auf die Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ausgeübt werden, die Notdiensttätigkeit in die Hände der Kliniken zu geben“, vermutet Stephan-Odenthal. Finanziert wird der komplette Notdienst aus den ambulanten Honorartöpfen.
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Versucht die Politik mit allen Mitteln die bisherige Versorgung in Deutschland zu Lasten der Praxen, insbesondere der Facharztpraxen, umzustellen? Davon ist Stephan-Odenthal überzeugt: „Freie Arztwahl und damit individuelle persönliche Behandlung wird es nur noch für diejenigen geben, die bereit sind, privat oder als Selbstzahler die Kosten zu tragen. Damit hätten wir dann eine echte Zwei-Klassen-Medizin“.