Journal MED
Gesundheitspolitik
Inhaltsverzeichnis

Ältere Menschen besonders gefährdet bei Hitzewellen

Die Datenanalyse zeigt deutlich, dass ältere Menschen überproportional von hitzebedingten Todesfällen betroffen sind. Die dramatische Zunahme der Sterblichkeit mit dem Alter verdeutlicht die besondere Verantwortung der Geriatrie in dieser Krise. Bei älteren und hochaltrigen Personen sind vor allem physiologische Risikofaktoren zu beachten: verminderte Temperaturregulation, reduziertes Durstempfinden, Medikamenteninteraktionen bei Hitze, häufige Vorerkrankungen sowie eingeschränkte Mobilität und kognitive Beeinträchtigungen.

Weitere Risikogruppen: Kinder, Schwangere, Menschen mit chronischen Erkrankungen

Besonders betroffen sind zudem Menschen mit chronischen Erkrankungen – körperlich wie psychisch – sowie Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere. Auch Menschen, die im Freien arbeiten, etwa in Bau oder Landwirtschaft, sowie Obdachlose gelten als besonders gefährdet. Problematisch ist, dass extreme Hitzeereignisse in Deutschland rechtlich nicht als Katastrophen gelten – verbindliche Maßnahmen fehlen, Zuständigkeiten sind unklar, viele Regelungen sind nur freiwillig. Auch die Kommunikation mit der Bevölkerung sei oft unzureichend geplant.

DGG fordert klare Pläne, Krisenstäbe und Notfallvorsorge

Die DGG empfiehlt, Vorbereitungen auf einen Hitzedom mit mehrmonatigem Vorlauf zu treffen. Hitzeaktionspläne müssen aktualisiert und explizit auf Extremszenarien ausgerichtet werden. Zentrale Notaufnahmen in Ballungsräumen wie Berlin, Ruhrgebiet oder Rhein-Main sollten für viele Hitzschlag-Patient:innen vorbereitet sein. „In alle Schritte für die medizinische Versorgung müssen Altersmedizinerinnen und -mediziner eingebunden sein“, so Gosch. Die Forderungen der DGG im Überblick:

  • Definition von Extremhitze als Naturkatastrophe

  • Überarbeitung aller Hitzeaktionspläne

  • Bildung von Krisenstäben

  • Datenabgleich zwischen Kassen zur Identifikation von Risikopersonen

  • Mobile Einsatzteams und Urlaubssperren im Gesundheitswesen

  • Laienhelfer aktivieren, gekühlte Räume zugänglich machen

  • Evakuierungspläne für gefährdete Stadtteile

  • Beschäftigungsverbote bei Außentätigkeiten

Hitzedom: Erfahrungen aus dem Ausland als Warnsignal

Ein Hitzedom entsteht, wenn eine Hochdruckzone Hitze wie eine Kuppel über einem Gebiet einschließt. Dies führt zu lang anhaltenden Temperaturen über 40 Grad, Trockenheit und erheblichen Gefahren für Mensch und Infrastruktur. Länder wie Indien, Kanada oder Saudi-Arabien hatten zuletzt teils mehrwöchige Hitzewellen mit Extremtemperaturen. Besonders der Hitzedom 2021 in Vancouver mit bis zu 49 Grad Celsius gilt als mahnendes Beispiel.

2003: Tausende hitzebedingte Todesfälle auch in Deutschland

Auch in Deutschland gab es schon tödliche Hitzewellen – im Sommer 2003 starben schätzungsweise 7.600 Menschen. Doch laut Umfragen sehen weniger als 20 Prozent der Bevölkerung den Klimawandel als vorrangiges Problem. Das spiegele sich auch in der politischen Praxis wider: Nur 25 von mehreren Tausend Kommunen verfügen derzeit über Hitzeaktionspläne – und diese beinhalten kaum Maßnahmen für Extremsituationen. „Die meisten Regionen in Deutschland sind auf Extremhitze nicht vorbereitet“, sagt Becker. „Wären sie es, könnten sie in Zukunft Zehntausende Todesfälle verhindern.“

Pflegeheime und Schulen unzureichend vor Hitze geschützt

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Pflegeheime und Schulen unzureichend vor Hitze geschützt

Jetzt lesen
Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)

Literatur:

(1)

Becker C. Griebe T., Weingart C. Hitzedom in Deutschland und wie gut wir darauf vorbereitet sind, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2025.