Samstag, 27. April 2024
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Medizin

Internetbasierte Interventionen bei Depressionen

Internetbasierte Interventionen bei Depressionen
© lev dolgachov - stcok.adobe.com
Menschen mit Depressionen oder Angststörungen benötigen rasche psychotherapeutische Hilfe. Doch nur wenige Betroffene erhalten eine zeitnahe leitliniengerechte Therapie. Seit 3 Jahren können digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept verordnet werden. Mit dem interaktiven Online-Therapieprogramm deprexis®, das über eine überzeugende Datenlage verfügt und dauerhaft im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet ist, kann Erwachsenen mit einer Depression unterschiedlicher Schweregrade eine effektive und niederschwellige Behandlung angeboten werden. Inwieweit DiGA sowohl Patient:innen als auch Therapeut:innen unterstützen können, was bei der Verordnung zu beachten ist und wie die digitale Therapieunterstützung im klinischen Alltag optimal eingesetzt werden kann, beleuchtete ein Symposium im Rahmen des diesjährigen DGPPN-Kongresses unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Dieter Braus, Eltville.

DiGA von allen Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen verschreibbar

Psychotherapie ist eine tragende Säule einer leitliniengerechten Behandlung von Menschen mit einer unipolaren Depression jeglichen Schweregrads (1). „DiGA sind ein integraler Bestandteil unseres Armamentariums modularer Therapien“, hob Prof. Braus hervor. Die im DiGA-Verzeichnis gelisteten Anwendungen können budgetneutral verordnet werden – ein wichtiger Aspekt für die niedergelassene Praxis. Außerdem können alle Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen eine DiGA verschreiben, egal ob niedergelassen oder in der Klinik.

DiGA als wichtige Komponente der stationären/teilstationären Behandlung

Der Nutzen Internet-basierter Psychotherapie bei Depression wird durch die Ergebnisse großer Metaanalysen bestätigt (2-4). In den einbezogenen Head-to-Head-Studien zeigte sich eine vergleichbare Wirksamkeit von Internet-basierter Psychotherapie und konventioneller Face-to-Face-Psychotherapie (3, 4). „Von allen DiGA zur Depression hat deprexis® die breiteste Evidenz“, berichtete Prof. Dr. Michael Landgrebe, Hausham. Die Wirksamkeit wurde in insgesamt 13 klinischen Studien bei Erwachsenen mit Depressionen unterschiedlichen Schweregrads und einer Metanalyse nachgewiesen (5). Das Online-Therapieprogramm besteht aus 10 verschiedenen Modulen, die überwiegend auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie basieren, und deckt alle relevanten Themenbereiche der klassischen Psychotherapie ab. Aufgrund der guten Evidenz wurde deprexis® dauerhaft in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Das CE-zertifizierte Medizinprodukt kann bei Erwachsenen mit unipolarer Depression breit eingesetzt werden. Auch das Lebensalter der Betroffenen sei kein Ausschlusskriterium für den Einsatz dieser innovativen Therapieform, ergänzte der Experte. „Wichtig ist, den Patient:innen die Vorteile zu erläutern und sie an die Online-Module heranzuführen.“ Die besten Effekte und die höchsten Adhärenzraten lassen sich durch einen „Blended Care“-Ansatz erzielen, also durch die Kombination einer konventionellen Face-to-Face-Therapie mit zusätzlicher digitaler Unterstützung (6).

Digitale Interventionen zur Behandlung von Depressionen

Nach den Erfahrungen von Prof. Landgrebe sind evidenzbasierte digitale Interventionen für die Depressionsbehandlung in der Klinik und/oder Tagesklinik eine wertvolle zusätzliche Therapiestrategie. Hier bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Internet-basierte Psychotherapie: zur Verhinderung einer weiteren Verschlechterung der Depression während der Wartezeit auf eine stationäre oder tagesklinische Behandlung, zur Ergänzung einer Psychotherapie sowie bei der poststationären Überleitung in die ambulante Weiterbehandlung im Rahmen des Entlassmanagements. Neben dem relevanten Vorteil einer zeitlichen und räumlichen flexiblen Anwendung könnten selbstständig zu bearbeitende DiGA auch Selbstwirksamkeit und Autonomie des Patienten verbessern, ergänzte der Psychiater.

Anwendung von deprexis® in der ärztlichen Praxis

Für niedergelassene Ärzt:innen seien nachweislich wirksame DiGA wie deprexis® ein wichtiger Baustein ihrer Versorgungsangebote, so Dr. Elif Cindik-Herbrüggen, München. Die ohnehin große Versorgungslücke bei psychischen Erkrankungen habe sich nach der COVID-19-Pandemie und angesichts des wachsenden Anteils an Patient:innen mit sprachlichen und kulturellen Zugangsbarrieren nochmals verschärft. Dem stehe ein massiver Mangel an Psychiater:innen und Psychotherapeut:innen gegenüber. Die Folge: Nur etwa 10% der von einer Depression Betroffenen erhalten eine Face-to-Face-Psychotherapie (7). Die Anwendung von deprexis® kann laut Cindik-Herbrüggen dazu beitragen, die Versorgung von Erwachsenen mit Depressionen zu verbessern. Obendrein ist die Internet-basierte Intervention kosteneffizient: Eine gesundheitsökonomische Untersuchung ergab, dass die 12-wöchige Nutzung von deprexis® im Vergleich zu einer Standardbehandlung mit einer signifikant stärkeren Reduktion der Gesamtkosten für die Krankenkassen assoziiert ist (8).

„Blended Care“-Ansatz erhöht Therapiemotivation bei Depressionen

Mit deprexis® hat die Expertin in unterschiedlichen Patientengruppen – und über alle Schweregrade der Depression hinweg – gute Erfahrungen gemacht. „deprexis® bietet maßgeschneiderte, individualisierte Unterstützung“. Der Schlüssel zum Behandlungserfolg sei die Motivation der Betroffenen – und diese gelinge mit deprexis® im Praxisalltag sehr gut. Gerade die zeitliche und räumliche Flexibilität – ohne feste Termine und lange Anfahrtswege zur Arztpraxis –, aber auch die Möglichkeit, die Anwendung bei nachlassender Konzentration jederzeit unterbrechen und später fortzusetzen zu können, werden von den Patient:innen geschätzt. Durch den „Blended Care“-Ansatz werde die Therapiemotivation erhöht und die therapeutische Beziehung gestärkt. Wichtig: Der behandelnde Arzt oder die MFA sollten die verschriebene DiGA genau kennen und selbst ausprobiert haben. Nur so können sie ihren Patient:innen bei eventuellen Fragen zu Beginn der 12-wöchigen Anwendungszeit zur Seite stehen.

DiGA einfache Verordnung auf Rezept – ohne Belastung des Budgets

Alle im DiGA-Verzeichnis des BfArM aufgeführten Anwendungen können auf Rezept verschrieben werden, berichtete Prof. Dr. Borwin Bandelow, Göttingen. Gesetzlich Versicherte erhalten von ihrer Krankenkasse, die auch die Kosten für die verordneten DiGA trägt, einen Freischaltcode, mit dem sie das jeweilige Programm herunterladen und aktivieren können.

Quelle: Servier

Literatur:

(1) Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. Version 3.1. AWMF-Register-Nr. nvl-005.
(2) Sztein DM et al. J Telemed Telecare 2018; 24: 527-539
(3) Carlbring P et al. Cog Behav Ther 2018; 47: 1-18
(4) Köhnen M et al. J Med Internet Res 2021; 23: e24584
(5) Twomey C et al. PLoS One 2020; 15: e0228100
(6) Buelens F et al. Internet Interventions 2023; 34: 100670
(7) Rommel A et al J Health Monit 2017; 2: 95-102
(8) Gräfe V et al. Health Econ Rev 2020; 10: 19



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