Entzündungsregulierender Zelltyp in der Niere erstmals beschrieben
Ein Forschungsteam konnte in einer aktuellen Studie zeigen, wie die Blockade eines bestimmten Ionenkanals, genannt TRPC6, die Zellen der Niere auf molekularer Ebene beeinflusst. Zudem entdeckte es einen neuen Zelltyp, der möglicherweise Entzündungen regulieren und damit die Entstehung einer Nierenfibrose vermindern kann. Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung gezielter Therapien bei chronischer Nierenerkrankung – einer Erkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft und häufig zu einer Dialyse oder Nierentransplantation führt.
Zusammenhang zwischen TRPC6-Kanal und chronischen Nierenerkrankungen
Fokus der Untersuchungen war ein spezieller Ionenkanal, TRPC6, der in den Nieren vorkommt. Ist dieser Kanal mutiert, kann das zu einer sogenannten fokal segmentalen Glomerulosklerose (FSGS), einer Gruppe von chronischen Nierenerkrankungen, führen. „Aus früheren Studien wussten wir, dass TRPC6 mit einer bestimmten Substanz gehemmt werden kann“, erklärt der Projektleiter Prof. Dmitry Tsvetkov, „das kann die Niere vor Schäden und Narbengewebe schützen“.
TRPC6-Hemmstoff SH045 zeigt zelluläre Effekte in der Mausniere
Um den Kanal zu hemmen, hat sich das Greifswalder Forschungsteam einer speziellen Substanz bedient, die aus der Europäischen Lärche gewonnen werden kann. Der synthetisierte Hemmer mit dem Namen SH045 wurde an Mäusen mit Nierenschädigung untersucht. „Wir haben mithilfe moderner Einzelzell-Genanalyse, die sogenannte Single-Cell-RNA-Sequenzierung, genau geschaut, wie sich die verschiedenen Zelltypen in der Niere durch diese Behandlung verändern“, so Prof. Tsvetkov. Organe könne man sich wie einen Smoothie vorstellen, der aus verschiedenen Obst- und Gemüsesorten besteht, erzählt der Internist. So seien in der Niere zum Beispiel Entzündungszellen, Endothelzellen oder Bindegewebszellen (Fibroblasten) zu finden. „Bei unserer Untersuchung haben wir alle Zelltypen aus der Niere einzeln betrachtet, sie räumlich angeordnet und geschaut, wie sie miteinander kommunizieren und wie sie sich durch die Behandlung mit dem TRPC6-Blocker verändert haben“.
Neuer entzündungsmodulierender Zelltyp entdeckt
Somit hat das Forschungsteam etwa 20.000 Zellen unter die Lupe genommen. Dabei konnte es einen neuen Zelltyp identifizieren, der nach ersten Erkenntnissen Inflammationen regulieren kann. „Die Cluster verglichen wir schließlich mit menschlichen Nierenbiopsien und stellten fest, dass es diesen Zelltyp auch beim Menschen gibt“, so Prof. Tsvetkov. Diese Erkenntnisse seien entscheidend, um die komplexen Mechanismen von Nierenerkrankungen im Alter besser zu verstehen und neue therapeutische Ansätze zu entwickeln.
Hoffnung auf neue Medikamente mit weniger Nebenwirkungen
„Für Patientinnen und Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen ist diese Forschung von großer Bedeutung“, so Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Unimedizin Greifswald. Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten seien begrenzt und oft mit schweren Nebenwirkungen verbunden. „Ein besseres Verständnis der zellulären und molekularen Abläufe eröffnet die Chance, neue Medikamente gezielter zu entwickeln, die wirksamer und nebenwirkungsärmer sind“, so Prof. Endlich. Durch die Modulation von TRPC6 könnten in Zukunft Therapien entstehen, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen oder sogar stoppen.
Quelle:Universität Greifswald
Literatur:
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Xu Y et al (2025) Single-Cell RNA Sequencing Delineates Renal Anti-Fibrotic Mechanisms Mediated by TRPC6 Inhibition, Advanced Science, DOI: 10.1002/advs.202501175