Diabetes mellitus Typ 2
Palma Pelaj B.A.Typ‑2‑Diabetes ist die weltweit häufigste Form von Diabetes mellitus und betrifft Millionen Menschen. Die Erkrankung entwickelt sich meist schleichend und bleibt oft lange unentdeckt. Ursache ist eine Kombination aus Insulinresistenz und einer nachlassenden Insulinproduktion. Risikofaktoren sind vor allem Übergewicht, Bewegungsmangel und genetische Veranlagung. Unbehandelt drohen schwere Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden, Nervenschäden und Nierenschäden. Frühzeitige Diagnose, gesunde Ernährung und eine leitliniengerechte Therapie sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden.
Was ist Diabetes mellitus?
Unter dem Begriff Diabetes mellitus werden mehrere Stoffwechselstörungen zusammengefasst. Zu den Diabetes-Erkrankungen werden Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes, die seltene Form Typ-3-Diabetes und die sogenannte Schwangerschaftsdiabetes gezählt. Obgleich die Ursachen für die Entstehung der verschiedenen Formen des Diabetes mellitus sich unterscheiden, führen alle Erkrankungen zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel, der unbehandelt verschiedene Beschwerden und Folgeerkrankungen auslösen kann.
Was ist Typ-2-Diabetes?
Bei Typ-2-Diabetes (umgangssprachlich bekannt als „Zuckerkrankheit“) handelt es sich um ein metabolisches Syndrom, genauer um eine chronische Zuckerstoffwechselstörung, die dazu führt, dass der Blutzuckerspiegel ansteigt. Typ-2-Diabetes tritt auf, weil das Hormon Insulin immer schlechter von den Körperzellen aufgenommen wird. Insulin sorgt dafür, dass der Zucker aus dem Blut im Körper verteilt wird. Wird über einen langen Zeitraum zu viel Zucker zugeführt, entwickelt der Körper eine Insulinresistenz, die dafür sorgt, dass der Blutzucker dauerhaft erhöht bleibt. In der Folge kann sich ein Typ-2-Diabetes entwickeln.
Was ist der Unterschied zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes?
Anders als bei Typ-2-Diabetes wird beim Typ-1-Diabetes kein Insulin vom Körper hergestellt. Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, das heißt, dass das Immunsystem körpereigene Zellen angreift. In diesem Fall greifen die T-Zellen des Immunsystems die Insulin-produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse an und zerstören diese. Sobald 80% der Beta-Zellen zerstört sind, wird der Blutzucker nicht mehr gesenkt und es entsteht ein Typ-2-Diabetes.
Was sind die Ursachen für die Entstehung von Typ-2-Diabetes?
Ein gesunder Körper produziert genügend Insulin, um den Blutzucker nach Mahlzeiten zu senken. Ist der Blutzuckerspiegel erhöht, kann die Bauchspeicheldrüse diesen Wert ausgleichen, indem sie mehr Insulin produziert. Besteht dieser Zustand über eine lange Zeit hinweg, kommt das Organ an seine Grenzen und der Blutzucker steigt an. Durch den dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel entwickelt der Körper in vielen Fällen eine Insulinresistenz. Typ‑2‑Diabetes entsteht durch eine Kombination aus Insulinresistenz und fortschreitender Einschränkung der Insulinsekretion. Früh in der Erkrankung kompensiert die Bauchspeicheldrüse die Insulinresistenz durch eine gesteigerte Insulinproduktion, bis es zu einer Erschöpfung der Betazellen kommt.
Was sind Risikofaktoren für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes?
Folgende Risikofaktoren können die Entstehung eines Typ-2-Diabetes begünstigen:
mangelnde körperliche Aktivität
Tabakkonsum
fett- und zuckerreiche Ernährung
ballaststoffarme Ernährung
genetische Veranlagung (bereits bestehende Fälle in der Familie)
zunehmendes Alter
hormonelle Erkrankungen
nicht-alkoholischer Fettleber (NAFLD/NASH)
Bluthochdruck
Wie kann Typ‑2‑Diabetes vorgebeugt werden?
Menschen mit erhöhtem Risiko für Typ‑2‑Diabetes sollten regelmäßig auf Störungen des Glukosestoffwechsels untersucht werden. Dies betrifft insbesondere Erwachsene mit einem BMI über 25 kg/m² in Kombination mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder familiärer Vorbelastung. Frühzeitige Interventionen in Form von Lebensstiländerungen (Ernährung, Sport/Bewegung, Gewichtsabnahme) sowie die Teilnahme an strukturierten Präventionsprogrammen können die Manifestation der Erkrankung erheblich verzögern.
Welche Symptome treten bei Typ‑2‑Diabetes auf?
Ein Typ‑2‑Diabetes kann über Jahre bestehen, ohne schwerwiegende oder spezifische Symptome auszulösen. Daher wird die Diagnose häufig erst in späterem Stadium gestellt und kommt für die Patient:innen oft unerwartet.
Besteht die Erkrankung über mehrere Jahre treten folgende typischen Symptome auf:
Müdigkeit
Antriebsschwäche
starker Durst
häufiges Wasserlassen
Übelkeit und Erbrechen
Bauchschmerzen
Schwindel
Bei einem akut sehr stark erhöhten Blutzuckerwert können schwerwiegendere Symptome wie Bewusstseinstörungen, Bewusstlosigkeit oder eine sogenannte diabetische Ketoazidose auftreten, die ein diabetisches Koma (hyperosmolares Koma) nach sich ziehen kann. In diesem Fall besteht Lebensgefahr für die betroffenen Patient:innen.
Wie wird Typ-2-Diabetes diagnostiziert?
Die Diagnose von Typ-2-Diabetes erfolgt anhand einer Anamnese der körperlichen Symptome und Vorerkrankungen sowie auf Grundlage von Laborwerten. Neben den Blutzuckerwerten (Nüchternplasmaglukose (NPG) und Gelegenheitsplasmaglukose (GPG)) ist auch der Langzeit-Blutzuckerwert (Hba1c-Wert), der Aufschluss über den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der vergangenen 2-3 Monate gibt, ausschlaggebend für die Diagnose.
Folgende Werte weisen das Vorliegen eines Diabetes Typ 2 nach:
NPG-Wert von ≥126 mg/dl (7,0 mmol/l)
HbA1c-Wert von ≥ 6,5% (≥ 48 mmol/mol)
GPG-Wert von ≥200 mg/dl (11,1 mmol/l)
Zum Vergleich: Bei gesunden Menschen liegt der Nüchternblutzucker in der Regel unter 100 mg/dl (5,6 mmol/l). Eine Diabetes-Vorstufe (Prädiabetes) liegt bei einem Nüchternwert zwischen 100 und 125 mg/dl vor.
Wie wird Typ-2-Diabetes behandelt?
Ziel der Behandlung eines Typ-2-Diabetes sind die dauerhafte Senkung des Blutzuckers auf ein gesundes Niveau und die Linderung der Symptome. Zur Überprüfung des Therapieerfolges werden in regelmäßigen Abständen der Blutzuckerwert und der Langzeit-Blutzuckerwert gemessen. Wie stark der Blutzucker durch eine Behandlung gesenkt werden muss, hängt maßgeblich vom Stadium der Erkrankungen, dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten ab. Auch eine Therapie von Begleiterkrankungen kann sich positiv auf den Therapieerfolg auswirken. Die Diabetes-Therapie muss demnach patientenindiviuell angepasst werden, allgemein wird sich jedoch an dem Stufenschema der Diabetes-Typ-2-Behandlung orientiert.
Diabetes-Typ-2-Behandlung: Stufenschema
Stufe 1: Diabetes-Schulung und Lebensstilintervention
Der Patient oder die Patientin wird in einer Diabetes-Schulung detailliert über die Erkrankung aufgeklärt. Die Lebensstilintervention umfasst außerdem eine Ernährungsumstellung, eine Steigerung der körperlichen Aktivität, den Abbau von Übergewicht und einen Rauchstopp. Auch Disease-Management-Programme gewinnen aufgrund der Eigenverantwortung, die Typ-2-Diabetiker:innen innerhalb der Therapie tragen, zunehmend an Bedeutung.
Stufe 2: Medikamentöse Therapie
Reichen die Lebensstilintervention und die umfassende Aufklärung über die Erkrankung nicht aus, um den Blutzuckerspiegel zu senken, wird begleitend eine Monotherapie mit einem oralen Antidiabetikum veranlasst. Metformin ist das Standardmedikament der ersten Wahl. Bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit erfolgt die Auswahl nach individueller Risikokonstellation.
Stufe 3: Kombinationstherapien
In der nächsten Stufe wird eine Kombination aus 2 oralen Antidiabetika eingesetzt. Zusätzlich oder an Stelle eines Antidiabetikums kann auch eine Therapie mit Insulin erfolgen. Bei kardiovaskulärem Hochrisiko, chronischer Herzinsuffizienz oder Niereninsuffizienz ist ein frühzeitiger Einsatz eines SGLT‑2‑Inhibitors oder GLP‑1‑Rezeptor-Agonisten empfohlen. Kombinationen können Metformin + SGLT‑2‑Inhibitor, Metformin + GLP‑1‑Agonist oder dreifache Kombinationen umfassen.
Stufe 4: Insulintherapie eventuell in Kombination mit einem oralen Antidiabetikum
In der vierten Stufe erfolgt eine Basalinsulintherapie. Bei Bedarf wird auch diese mit der Einnahme eines oralen Antidiabetikums, wie einem GLP‑1‑Agonisten ergänzt. Ist dies nicht erfolgreich wird eine intensivierte Insulintherapie (Basis-Bolus-Therapie) als letzter möglicher Schritt durchgeführt.
Die Maßnahmen der einzelnen Stufen werden 3-6 Monate durchgeführt. Wird der Blutzuckerwert nicht ausreichend gesenkt, geht die Behandlung in die nächsthöhere Stufe über.
Digitale Therapie und Monitoring
Digitale Technologien gewinnen im Diabetesmanagement zunehmend an Bedeutung. Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) sowie Flash-Glukosemessungen ermöglichen eine lückenlose Überwachung des Glukoseverlaufs und erleichtern so die individuelle Therapieanpassung. Ergänzend kommen Diabetes-Apps zum Einsatz, die die Dokumentation von Blutzuckerwerten, Ernährungsgewohnheiten und körperlicher Aktivität unterstützen.
Viele dieser Systeme lassen sich mit telemedizinischen Lösungen verknüpfen, sodass Patient:innen und Behandelnde in Echtzeit Daten austauschen können. Dies trägt nicht nur zu einer besseren Stoffwechselkontrolle bei, sondern fördert auch die Adhärenz und verbessert damit die Versorgung von Menschen mit Diabetes nachhaltig.
Ernährung bei Typ-2-Diabetes
Eine individualisierte Ernährungstherapie (Medical Nutrition Therapy) ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung. Empfohlen werden ballaststoffreiche Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse sowie Fette aus pflanzlichen Quellen mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Eine moderate Eiweißzufuhr (10–20% der Gesamtenergie) ist sinnvoll.
Welche Folgeerkrankungen können bei Diabetes Typ 2 auftreten?
Unbehandelt oder wenn der Blutzuckerspiegel nicht ausreichend gesenkt werden kann, führt eine Diabetes-Typ-2-Erkrankung in einigen Fällen zu verschiedenen Folgeerkrankungen:
diabetisches Fußsyndrom („diabetischer Fuß“)
diabetische Neuropathie (Nervenschäden)
diabetische Retinopathie (Netzhautschäden der Augen)
schlecht heilende Wunden
Gefäßschäden und Durchblutungsstörungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Häufig gestellte Fragen zum Thema Typ-2-Diabetes
Rund um das Thema Typ-2-Diabetes stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen. In dieser Patienten-FAQ finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen.
Literatur:
- (1)
World Health Organisation Department of Noncommunicable Disease Surveillance: Definition, Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus and its Complications. In: WHO/NCD/NCS/99.2. 1999, Stand 31.10.2016.
- (2)
Zonszein J, Groop PH. Strategies for Diabetes Management: Using Newer Oral Combination Therapies Early in the Disease. Diabetes Ther 2016.
- (3)
S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes, abrufbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-001, letzter Zugriff: 15.07.2025.