Freitag, 13. Dezember 2024
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Immunglobulin-A-Mangel (IgA-Mangel)

von Dr. rer. nat. med. habil. Eva Gottfried

Immunglobulin-A-Mangel (IgA-Mangel)
© Corona Borealis - stock.adobe.com
Der Mangel an Immunglobulin A (IgA) ist ein häufiger primärer Immundefekt, der durch nicht nachweisbares IgA im Serum bei gleichzeitigem Mangel an sekretorischem IgA und normalen Werten anderer Immunglobuline gekennzeichnet ist.
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Was ist ein IgA-Mangel?

Bei IgA-Mangel produziert der Körper zu wenig Immunglobulin A, das eine wichtige Rolle in der primären Immunantwort spielt. Der Antikörpermangel kann als selektive IgA-Defizienz (sIgAD) oder als Teil eines kombinierten Immundefekts auftreten. Er wird oft erst als Zufallsbefund entdeckt und steht im Zusammenhang mit Infektanfälligkeit, Autoimmunerkrankungen und Allergien. Viele Patient:innen bedürfen aber keine spezielle Behandlung.

Was sind die Symptome eines IgA-Mangels?

Ein IgA-Mangel zeigt bei mehr als der Hälfte der Betroffenen erst einmal keine Symptome. Oft wird er zufällig im Rahmen einer anderen Erkrankung oder bei einer Blut- oder Plasmaspende entdeckt. Manche Betroffenen leiden an
 

Was bedeutet selektive IgA-Defizienz?

Der gesunde Mensch hat fünf verschiedene Klassen von Antikörpern, die Immunglobuline IgM, IgG, IgA, IgD und IgE. Diese haben unterschiedliche Aufgaben in der Immunabwehr. IgM wird direkt bei einer Infektion gebildet, IgG ab etwa drei Wochen später und zeigt damit eine durchgemachte Infektion an, IgD wirkt als Rezeptor auf B-Zellen, IgE ist für die Abwehr von Parasiten relevant, und IgA ist überwiegend an den Schleimhäuten wie Mund, Nase und Magen/Darm zur Abwehr von Erregern wichtig.

IgA-Mangel ist ein Immundefekt, der in zwei Formen auftreten kann:
 
  • als Teil eines kombinierten Immundefekts, bei dem verschiedene Immunglobuline betroffen sind
  • als selektive IgA-Defizienz (sIgAD)
Bei einer selektiven IgA-Defizienz, oft auch als selektiver IgA-Mangel bezeichnet, produziert der Körper weniger IgA-Antikörper, während die Konzentration der anderen Klassen im Normbereich liegt. Dabei sollte immer die Absolutzahl  im Serum betrachtet werden, weil diese stark vom Alter abhängt. Dies liegt daran, dass sich die Antikörperbildung erst in den ersten Lebensjahren eines Kindes entwickelt.

Was ist bei einem Zufallsbefund IgA-Mangel?

Jeder zweite Betroffene bemerkt erst einmal gar nichts von einem Mangel, nicht zuletzt weil bis zu acht Infektionen im Jahr als ganz normal gelten. Wurde doch ein Mangel festgestellt, wird nach der Ursache gesucht. So kann IgA-Mangel angeboren und damit ein primärer Immundefekt sein; er kann aber auch andere Ursachen haben, wie Medikamenteneinnahme, maligne Erkrankungen, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen u.v.m. Neben den Ursachen werden auch weitere Faktoren des Immunsystems untersucht um kombinierte Defekte festzustellen. Zur Laboranalyse einer Blutprobe dienen hier u.a.
 
  • Differentialblutbild
  • Bestimmung verschiedener Immunglobuline (IgA, IgG, IgM, IgE)
  • Nachweis von IgG-Subklassenmangel
  • Analyse von Komplementfaktoren des angeborenen Immunsystems (AP50, CH50, MBL)

Welche Folgen hat eine sIgA-Defizienz?

Zum selektiven IgA-Mangel (sIgAD) kommt es durch eine Störung bei der Reifung von B-Zellen des Immunsystems, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind. Auch wenn die genauen Ursachen und genetischen Hintergründe noch nicht ausreichend geklärt sind, ist bekannt, dass Patient:innen häufig auch andere Erkrankungen haben, wie
 
  • anhaltende und häufige bakterielle Infektionen, wie Schnupfen oder Mittelohrentzündung
  • Magen-Darm-Erkrankungen mit Durchfällen
  • Chronische entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Allergien (Lebensmittelallergien, Heuschnupfen, Asthma)
  • Autoimmunerkrankungen (u.a. rheumatoide Arthritis, Thyreoiditis, Zöliakie)

Vorsicht vor Autoantikörpern bei selektivem IgA-Mangel

Bei jeder/m vierter/n bis fünfter/n Patientin/en mit sIgAD bildet der Körper sogenannte Autoantikörper, d.h. Antikörper, die sich gegen körpereigene Moleküle richten. Wenn diese Patient:innen nun im Rahmen einer anderen Behandlung Immunglobulin-Produkte oder Blutprodukte erhalten, kann es zu schwerwiegenden allergischen Reaktionen mit Anaphylaxie und lebensbedrohlichem Schock kommen. Deshalb wird bei diagnostizierter sIgAD empfohlen, immer einen Hinweis auf den Defekt und ein erhöhtes Risiko mit sich zu führen.
    

Variables Immundefektsyndrom (CVID) als Folge von sIgAD

Im Verlauf einer sIgA-Defizienz kann auch die Konzentration an IgG-Antikörpern abnehmen und sich ein Variables Immundefektsyndrom (CVID) entwickeln. Deshalb sind regelmäßige Laborkontrollen wichtig. Dies gilt besonders, wenn häufige Infektionen und immer wiederkehrende Infektionen mit demselben Erreger (rezidivierende Infektionen) auftreten.

Wie wird IgA-Mangel behandelt?

Die Behandlung von Immundefekten mit gestörter Immunglobulin-Produktion  richtet sich nach den Symptomen und deren Schwere. Viele Patient:innen mit einem Mangel an Immunglobulin A benötigen keine spezielle Therapie des Mangels. Häufig wird erst einmal der Verlauf abgewartet und nur die auftretenden Infektionen z.B. mit Antibiotika behandelt. Im Verlauf wird vor allem auch auf mögliche Autoimmunerkrankungen und Zöliakie geachtet.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Arzt oder ihrer Ärztin sowie bei den Fachgesellschaften. Dieser Text ersetzt keinesfalls eine ärztliche Beratung.

Redaktion journalmed.de

Literatur:

(1) Fasshauer M. Selektive IgA-Defizienz – nicht selten, aber auch nicht banal. dsai e.V. Patientenorganisation für angeborene Immundefekte,
https://www.dsai.de/fileadmin/user_files/fachartikel/dsai_NL29_2021_Fachartikel_igA-Mangel.pdf

(2) Gottfried E. Infektanfälligkeit, Defekte im Immunsystem, Pharm.Ztg. 9/2021, online 07.03.2021. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/defekte-im-immunsystem-124071/

(3) Farmand S. und Ehl, S., Primäre Immundefekte: Wenn ein Infekt auf den anderen folgt, Dtsch Arztebl 2019; 116(27-28): A-1328 / B-1090 / C-1078 https://www.aerzteblatt.de/archiv/208626/Primaere-Immundefekte-Wenn-ein-Infekt-auf-den-anderen-folgt

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