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Influenza
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Was ist Influenza?

Unter Influenza versteht man eine akute, durch Influenzaviren verursachte respiratorische Infektionserkrankung. Die beim Menschen zirkulierenden saisonalen Influenza-A- und -B-Viren sind die wesentlichen Erreger der jährlich wiederkehrenden Grippewellen. Von den vier bekannten Typen (A–D) infizieren drei den Menschen: Influenza A- und B-Viren sind für saisonale Epidemien verantwortlich, während Influenza C-Viren nur sporadisch milde Krankheitsverläufe hervorrufen. Influenza D-Viren sind bislang auf tierische Wirte beschränkt. Auch im tiermedizinischen Kontext haben Influenzaviren hohe Relevanz: Beispiele sind die aviäre Influenza (Vogelgrippe) und die Influenza A(H1N1)pdm09 („Schweinegrippe“), die durch zoonotische Übertragungen epidemiologische Bedeutung für den Menschen erlangen können.

Ein zentrales Merkmal der Influenzaviren ist ihre ausgeprägte genetische Variabilität. Durch Punktmutationen im Genom, die zu Aminosäureaustauschen in den Oberflächenproteinen Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) führen, entziehen sie sich kontinuierlich der durch vorangegangene Infektionen oder Impfungen induzierten humoralen Immunantwort. Dieser Prozess, als antigener Drift bezeichnet, ist die Grundlage der saisonalen Influenzaepidemien und macht eine regelmäßige Anpassung der Impfstoffzusammensetzung erforderlich.

Wie häufig ist die Influenza und wo kommt sie vor?

Wie ist die Lage weltweit?

Influenzavirus-Infektionen treten weltweit auf, wobei sich das saisonale Muster je nach geographischer Region unterscheidet. In den gemäßigten Breiten der Nord- und Südhalbkugel kommt es regelmäßig in den Wintermonaten zu Grippewellen, die sich über mehrere Wochen erstrecken. Auch außerhalb dieser Hauptsaison können jedoch Fälle und kleinere Ausbrüche auftreten. In tropischen Regionen hingegen verläuft die Influenza ganzjährig, häufig mit periodisch verstärkten Wellen im Jahreslauf.

Weltweit kommt es jährlich zu schätzungsweise einer Milliarde Influenzaerkrankungen, darunter 3 bis 5 Millionen schwere Krankheitsverläufe. Die globale Krankheitslast ist erheblich: Jährlich sterben etwa 290.000 bis 650.000 Menschen an den Folgen einer influenzaassoziierten Atemwegserkrankung. Besonders betroffen sind Kinder unter fünf Jahren in Entwicklungsländern, die den Großteil der Influenza-bedingten Todesfälle in dieser Altersgruppe ausmachen.

Inwiefern ist Deutschland von Influenza betroffen?

Für Deutschland gilt, dass die saisonalen Grippewellen typischerweise im Winterhalbjahr einsetzen, meist nach dem Jahreswechsel. Die Aktivität steigt in den meisten Jahren im Januar oder Februar deutlich an und hält durchschnittlich acht bis zehn Wochen an, kann aber auch wesentlich länger dauern. Während solcher Wellen infizieren sich Schätzungen zufolge zwischen 5% und 20% der Bevölkerung. Die Krankheitslast variiert dabei stark von Saison zu Saison: In schweren Jahren, wie 2012/2013, wurden etwa 30.000 Krankenhausaufnahmen und bis zu 20.000 Todesfälle registriert, während in milderen Jahren – etwa 2013/2014 – nur wenige Tausend Hospitalisierungen und keine nachweisbare Übersterblichkeit zu beobachten waren.

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Welche Menschen haben ein höheres Risiko, schwer an Influenza zu erkranken?

Die meisten Patient:innen mit Grippe erholen sich von selbst. Aber manchmal können die Krankheit und ihre Komplikationen tödlich sein. Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und/oder Grippekomplikationen sind unter anderem:

  • Kleinkinder unter 2 Jahren

  • Ältere Menschen über 65 Jahre

  • Bewohner:innen von Pflegeheimen und anderen Langzeitpflegeeinrichtungen

  • Schwangere

  • Menschen mit geschwächtem Immunsystem

  • Menschen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung oder chronischen Krankheiten wie Asthma, Herz-, Nieren- und Lebererkrankungen sowie Diabetes

Wie erfolgt die Übertragung von Influenza?

In Studien am Menschen erreichen die Symptome zwei bis drei Tage nach der Inokulation mit dem Influenza-A-Virus ihren Höhepunkt. Es wird allgemein angenommen, dass saisonale Influenza-A- und -B-Viren über eine kurze Distanz (1-2 Meter) von Mensch zu Mensch durch große (≥ 5 μm) Tröpfchen und kleinteilige (< 5 μm) Tröpfchenkerne (Aerosole) übertragen werden, die von infizierten Personen durch Husten ausgestoßen werden. Die Influenzavirus-Konzentrationen in den oberen Atemwegen sind bei Krankheitsbeginn oder ein bis zwei Tage nach Krankheitsbeginn am höchsten und nehmen dann innerhalb von drei Tagen bei Influenza A deutlich ab, können aber bei immunkompetenten Personen bei Influenza B höher bleiben. Kleinkinder können Influenzaviren für mehr als eine Woche ausscheiden, und bei stark immungeschwächten Personen kann die Virusausscheidung über Wochen bis Monate anhalten.

Welche Symptome hat man bei Influenza?

Die ersten Symptome der Grippe können denen des grippalen Infekts sehr ähnlich sein. Das klinische Spektrum der saisonalen Influenza reicht von einer asymptomatischen Infektion über unkomplizierte Symptome der oberen Atemwege mit oder ohne Fieber bis hin zu Komplikationen, die zu schweren Verläufen führen können. Folgende Grippe-Symptome können auftreten:

  • leichtes bis hohes Fieber

  • Schütelfrost

  • Myalgie

  • Unwohlsein

  • Kopfschmerzen

  • trockener Husten

  • Halsschmerzen

  • Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen können v.a. bei Kindern auftreten

Die Anzeichen und Symptome einer unkomplizierten Influenza klingen bei den meisten Menschen nach drei bis sieben Tagen ab, obwohl Husten und Unwohlsein länger als zwei Wochen anhalten können, insbesondere bei älteren Erwachsenen und Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen.

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Welche Komplikationen können auftreten?

Atemwegskomplikationen

Schwere Verläufe der Influenza sind insgesamt selten, können jedoch zu erheblichen pulmonalen und extrapulmonalen Komplikationen führen. Im Vordergrund stehen respiratorische Manifestationen, die in drei Hauptformen eingeteilt werden:

  • Primäre Influenzapneumonie, eine direkte virale Pneumonie mit diffuser alveolärer Schädigung, die früh im Krankheitsverlauf auftreten kann und mit einer hohen Letalität assoziiert ist.

  • Bakterielle Superinfektionen, meist in Form einer sekundären Pneumonie, hervorgerufen durch typische Erreger wie Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus oder Haemophilus influenzae.

  • Exazerbationen chronisch-obstruktiver oder anderer chronischer Lungenerkrankungen, die häufig eine stationäre Behandlung erforderlich machen.

Extrapulmonale Komplikationen

Darüber hinaus können extrapulmonale Komplikationen auftreten, darunter Myositis und Rhabdomyolyse, Myokarditis, Enzephalitis sowie seltene neurologische oder neuromuskuläre Syndrome. Klinisch manifestiert sich ein schwerer Verlauf häufig durch eine sekundäre Verschlechterung zwischen dem 3. und 10. Krankheitstag. Bei Kindern zählen Otitis media und die benigne akute Myositis zu den häufigeren Komplikationen.

Wie behandelt man die Influenza?

Die therapeutische Strategie bei Influenza richtet sich nach Schweregrad und Risikoprofil der Patient:innen. Bei Verdacht auf einen schweren Verlauf oder bei Vorliegen relevanter Risikofaktoren – etwa chronische kardiopulmonale Erkrankungen, metabolische Störungen, Immunsuppression, Schwangerschaft oder höheres Lebensalter – sollte eine frühzeitige antivirale Therapie initiiert werden. Die labordiagnostische Sicherung der Diagnose ist in diesen Fällen sinnvoll, darf jedoch den sofortigen Beginn der Behandlung nicht verzögern; eine Anpassung erfolgt nach Vorliegen des Testergebnisses.

Symptomatische und supportive Therapie

Bei nicht-risikobehafteten Patient:innen mit unkompliziertem Verlauf steht die symptomatische Behandlung im Vordergrund. Hierzu zählen insbesondere Fiebersenkung, Analgesie und Flüssigkeitssubstitution. Bei klinischen Zeichen einer bakteriellen Superinfektion sind Antibiotika indiziert.

Antivirale Therapie

Die spezifische antivirale Behandlung sollte idealerweise innerhalb von 48 Stunden nach Symptombeginn eingeleitet werden, kann bei schweren oder progredienten Verläufen jedoch auch später noch von Nutzen sein. Therapeutisch stehen nahezu ausschließlich Neuraminidasehemmer zur Verfügung:

  • Oseltamivir (oral) und Zanamivir (inhalativ) hemmen die virale Neuraminidase und damit die Freisetzung neugebildeter Viruspartikel. Beide Präparate sind gegen Influenza A- und B-Viren wirksam.

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Wie ist die Prognose der Influenza?

Die Prognose einer Influenza-Erkrankung ist in der Regel günstig, insbesondere bei immunkompetenten Erwachsenen ohne relevante Vorerkrankungen. Unkomplizierte Verläufe heilen innerhalb von wenigen Tagen bis zwei Wochen vollständig aus. Die Prognose verschlechtert sich deutlich bei Patient:innen mit Risikofaktoren wie höherem Lebensalter (≥ 65 Jahre), chronischen kardiovaskulären oder pulmonalen Erkrankungen, Diabetes mellitus, Immundefizienz, Adipositas oder Schwangerschaft. In diesen Gruppen kommt es häufiger zu schwerwiegenden Komplikationen. Die Influenza-assoziierte Mortalität variiert erheblich zwischen den Saisons. In milden Grippewellen ist keine signifikante Übersterblichkeit nachweisbar, während schwere Saisons zehntausende zusätzliche Todesfälle verursachen können (z. B. Saison 2012/13 in Deutschland).

Wie kann man einer Influenza vorbeugen?

Influenza-Impfung

Die wirksamste Maßnahme zur Verhinderung einer Influenzaerkrankung ist die jährliche Impfung. Sie sollte vor Beginn der Wintersaison verabreicht werden, idealerweise im Oktober oder November. Auch bei späterem Impfzeitpunkt – etwa bei unerwartet früher Zirkulation oder pandemischen Verläufen – ist eine Vakzinierung sinnvoll. Da der Impfschutz etwa zwei Wochen benötigt, besteht in diesem Intervall weiterhin ein Infektionsrisiko. Die Schutzwirkung gegenüber laborbestätigter Influenza liegt in den meisten Saisons zwischen 40–60%, abhängig von der Passgenauigkeit zwischen Impf- und Zirkulationsstämmen. Bei älteren Personen fällt die Effektivität im Allgemeinen geringer aus.

Nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) richtet sich die Impfung insbesondere an ältere Menschen, Patient:innen mit chronischen Vorerkrankungen, Schwangere, Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen, medizinisches Personal sowie enge Kontaktpersonen von Risikopatient:innen. Zusätzlich wird sie Personen mit regelmäßigem Kontakt zu Geflügel oder Wildvögeln empfohlen, um das Risiko zoonotischer Doppelinfektionen zu senken. Verfügbar sind sowohl inaktivierte Impfstoffe für Kinder ab sechs Monaten bis ins hohe Alter als auch ein attenuierter Lebendimpfstoff in Form eines Nasensprays für die Altersgruppe von zwei bis 17 Jahren.

Weitere Präventivmaßnahmen

Ergänzend kann in besonderen Situationen eine antivirale Prophylaxe mit Neuraminidasehemmern erwogen werden. Sie bietet einen Schutz von etwa 60–90 %, der jedoch nur für die Dauer der Einnahme anhält. Einsatzgebiete sind einerseits präexpositionell, z. B. bei stark gefährdetem medizinischem Personal oder immunsupprimierten Patient:innen ohne ausreichenden Impfschutz, andererseits postexpositionell, etwa bei Ausbrüchen in Pflegeheimen oder innerhalb von Haushalten mit vulnerablen Personen.

Hygienische Standardmaßnahmen bleiben ein unverzichtbarer Bestandteil der Prävention. Dazu gehören konsequente Husten- und Niesetikette, Händehygiene, regelmäßiges Lüften sowie häusliche Isolation Erkrankter. In Kliniken und Pflegeeinrichtungen ist zusätzlich eine strikte Umsetzung infektiologischer Schutzmaßnahmen erforderlich, darunter Einzelzimmerisolation, konsequente Nutzung von Schutzkleidung und Atemschutzmasken sowie viruzide Desinfektionsmittel. Bei bestätigten Ausbrüchen sind eine rasche Erregerdiagnostik und die frühzeitige Einleitung antiviraler Prophylaxe bei exponierten Kontaktpersonen entscheidend, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Patient:innen-FAQ

Häufig gestellte Fragen zur Influenza

Rund um das Thema Influenza stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen: zur Diagnose, zu Behandlungsmöglichkeiten, zu Nebenwirkungen oder zum Alltag mit der Erkrankung. In dieser Patient:innen-FAQ finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen.